Moskaus Straßenhandel bekommt ein digitales Gesicht

Moskauer Stadtverwaltung setzt auf Verkaufsautomaten. Foto: Roman Kiselew/RBTH

Moskauer Stadtverwaltung setzt auf Verkaufsautomaten. Foto: Roman Kiselew/RBTH

Wenn es nach der Moskauer Stadtverwaltung geht, ist das Büdchen um die Ecke bald Geschichte. Moderne Verkaufsautomaten sollen im Straßenbild der russischen Hauptstadt zum Alltag werden.

m Juli wurde auf dem Puschkin-Platz im Zentrum Moskaus der erste Verkaufsautomat in Betrieb genommen. „Alles selbst", steht auf dem breiten Vordach des elektronischen Kiosks. Verkäufer oder Verkäuferin wurden durch einen Bildschirm ersetzt. An die 200 verschiedene Produkte stehen zur Auswahl, ob nun Wasser und Schokolade oder Kopfhörer und Schuhbürsten. Zunächst sollte der Verkaufsautomat eine Woche getestet werden.

Der Verkaufsautomat am Puschkin-Platz ist ein Pilotprojekt des Unternehmers Aleksandr Solotarew. Er leitet die Unternehmensgruppe EPS, die Waren- und Kaffeeautomaten im Moskauer Verwaltungsgebiet herstellt. Die Aufstellung weiterer Verkaufsautomaten ist geplant, zunächst jedoch nur vorübergehend. „Wir wollen die Reaktion der Kunden testen", sagt Solotarew. Bei denen kommen die automatischen Verkäufer bislang gut an, Berührungsängste gibt es keine, wie 200 bis 300 Verkäufe pro Tag gezeigt haben. „Wenn das der durchschnittliche Tagesumsatz bleibt, rentiert sich der Verkaufsautomat nach etwa eineinhalb bis zwei Jahren", schätzt Solotarew.

Die traditionellen Kioske, Buden und Zelte waren der Moskauer Stadtverwaltung schon lange ein Dorn im Auge. Im Jahr 2011 entwickelte das Komitee für Architektur und Städtebau der Stadt Moskau einen Plan, um ihre Zahl von 22 000 auf nur noch 10 000 zu reduzieren. Ein Jahr lang arbeitete die Moskauer Verwaltung an einem neuen Konzept zum Straßenhandel. Der Plan, Verkaufsautomaten aufzustellen, setzte sich schließlich durch. Zehntausende davon sollen zukünftig im Moskauer Stadtgebiet aufgestellt werden, allein etwa 26 000 an Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs, ebenso viele in den U-Bahn-Stationen und in Fußgängertunneln. Auch entlang der Moskauer Straßen und Promenaden sowie in den Parks sollen die Verkaufsautomaten zukünftig zu finden sein. Weitere geplante Standorte sind Einkaufszentren oder einzelne Supermärkte. Allerdings fehlen noch rechtliche Regelungen für den Betrieb von Verkaufsautomaten.

 

Automatenhandel spielt noch keine große Rolle

Der Präsident der Nationalen Assoziation für Automatenhandel Boris Belozerkowskij, der eines der größten russischen Unternehmen für Automatenhandel, Uvenco, leitet, zeigt sich weniger optimistisch als

Solotarew. Er glaubt, dass sich die Verkaufsautomaten frühestens in fünf Jahren durchsetzen könnten. Er ergänzt, dass sich die meisten Unternehmen für Automatenhandel Verkaufsautomaten wie auf dem Puschkin-Platz aktuell nicht leisten könnten. Die Kosten für einen Automaten für den Außenbereich liegen bei etwa 22 000 Euro. Die Lebensdauer eines Verkaufsautomaten beträgt 15 Jahre. Der Preis für Verkaufsautomaten für den Innenbereich von beispielsweise Solotarews Unternehmen EPS liegt mit etwa 7 100 Euro deutlich darunter.

Der Anteil des Automatenhandels am Einzelhandel in Russland ist insgesamt niedrig, obwohl die internationale Erfahrung zeigt, dass dieser Anteil bis zu fünf Prozent und bei einigen Warengruppen bis zu zehn Prozent erreichen kann.

Nach Angaben der Assoziation für Automatenhandel werden auf dem russischen Markt des Automatenhandels rund 22 Milliarden Rubel (447 Millionen Euro) erwirtschaftet. Die Zahl der Automaten liegt bei etwa 139 000, die meisten davon sind im Innenbereich aufgestellt. Das Warenangebot umfasst weit mehr als nur Getränke und Snacks. Auch in Russland gibt es bereits Verkaufsautomaten für Kontaktlinsen, Tierfutter, Blumen oder iPhone-Hüllen.

Ein Drittel des Marktes entfällt auf die fünf größten Unternehmen für Automatenhandel: Uvenco, SIBA-Vending, Komm Pass, Assorti und

Vendex. Andere Unternehmen betreiben größtenteils kleine Geschäfte und produzieren ihre Automaten ausschließlich für den Innenbereich. Die Unternehmen berichten, dass Investitionen in eine Technikeinheit früher 200 000 bis 500 000 Rubel (etwa 3 700 bis 8 200 Euro) betrugen. In den vergangenen Jahren, nachdem qualitativ gute russische Automaten entwickelt worden sind, belaufen sich die Investitionen auf nur noch 150 000 Rubel (3 000 Euro). Der durchschnittliche Gewinn eines Verkaufsautomaten beträgt nach Schätzungen großer russischer Betreiber 150 bis 300 Euro pro Monat, was von der Nutzungshäufigkeit des Automaten abhängt. Auf die Deckung von laufenden Kosten entfallen rund 60 Prozent des Gewinns eines Automaten, auf die Miete fünf bis zehn Prozent. Die Amortisationszeit beläuft sich auf ein bis eineinhalb Jahre.

Die Moskauer Regierung wird 3,5 Milliarden Rubel (73 Millionen Euro) in die Modernisierung des Handels in den Eingängen und Fußgängertunneln der Moskauer Metro investieren. 96 Stationen werden dafür umgebaut. Das Projekt soll bis 2016 umgesetzt werden. Die Handelspavillons werden in verschiedene Zonen aufgeteilt, die Verkaufsautomaten, Geldautomaten und Terminals für Bezahlung von Dienstleistungen sollen in einer Sonderzone untergebracht werden.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst beim Magazin Kommersant-Dengi.

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