Versiegen Russlands Erdölquellen bald?

Die Entwicklung eigener Technologien und die Suche nach anderen internationalen Partnern werden viel Zeit erfordern und viel Geld kosten. Außerdem werden die westlichen Sanktionen die langfristige Finanzierung der russischen Unternehmen verschlimmern. Foto: ITAR-TASS

Die Entwicklung eigener Technologien und die Suche nach anderen internationalen Partnern werden viel Zeit erfordern und viel Geld kosten. Außerdem werden die westlichen Sanktionen die langfristige Finanzierung der russischen Unternehmen verschlimmern. Foto: ITAR-TASS

Die Sanktionen der EU und der USA schränken russische Erdölförderer und ihre ausländischen Partner ein. Die hochkomplexe Förderung von Erdgas auf See oder mit der Fracking-Methode ist noch von westlichem Know-how abhängig. Russland muss sich nach neuen Partnern im asiatisch-pazifischen Raum umschauen.

Wie angekündigt, hat die US-Regierung Sanktionen gegen die russische Ölbranche eingeführt und den Export von Fördertechnik für schwer zugängliches Öl verboten. In Russland hatte man sich durch die Förderung des sogenannten „Fracking“ Mehreinnahmen in Höhe von rund 40

Milliarden Euro jährlich erhofft. Diese Pläne müssen nun warten.

Die amerikanischen Sanktionen sind weitreichender als die der Europäischen Union. Die EU hatte zuvor verboten, Förderanlangen, die bei Tiefseebohrungen und der Erschließung des arktischen Festlandsockels zum Einsatz kommen könnten, nach Russland zu exportieren, meldet die russische Nachrichtenagentur RBK. Das US-Handelsministerium habe Tiefseebohrungen als Bohrungen ab einer Tiefe von 152,4 Metern definiert, heißt es in dem Bericht. Die Europäische Union hatte in ihrem Sanktionspapier noch auf eine exakte Festlegung des Begriffs verzichtet.

Die Liste der Waren, die im Rahmen der Sanktionen eine Exportkontrolle durchlaufen müssen ist bei USA und der EU mehr oder weniger identisch. Sie umfasst unter anderem: Bohrplattformen, Ersatzteile für Bohranlagen, Fracking-Equipment, ferngesteuerte Geräte für den Einsatz unter Wasser sowie Hochdruckpumpen.

Was erwartet die russische Ölindustrie in der Zukunft?

 

Noch für einige weitere Jahre werden russische Unternehmen das relativ leicht zugängliche und im traditionellen Verfahren erschließbare Erdöl fördern können. Doch die Zukunft der Erdölindustrie hängt im Wesentlichen von der Erschließung der schwer zugänglichen Öl-Quellen in der Arktis und an anderen unterseeischen Erdölfeldern ab. Zudem müssen die fast erschöpften Vorkommen in Sibirien besser ausgebeutet werden.

Von den insgesamt 523 Millionen Tonnen Erdöl, die 2013 in der Russischen Föderation gefördert wurden, entfallen etwa nur eine Million Tonnen auf schwer erschließbares Erdöl. Doch das Potential von nicht traditionell erschließbaren Vorkommen ist immens. Schätzungen zufolge könnte dieses etwa 4 000 Millionen Tonnen betragen. Das Energieministerium der Russischen Föderation will den Anteil des schwer erschließbaren Erdöls auf 11 Prozent bis zum Jahr 2020 steigern. Bis 2032 soll der Ertrag aus schwer erschließbaren Erdöl rund 40 Milliarden Euro betragen.

Die US-Sanktionen schließen auch die Förderung von Erdgas ein, was bei der Europäischen Union nicht der Fall ist. Diese hat Erdgasprojekte explizit von der Liste der Sanktionen ausgeschlossen. Vielmehr werden die einzelnen Lizenzen für den Export von Fördergeräten, die zur Förderung von Gas verwendet werden können, von Fall zu Fall überprüft.

Die Rating-Agentur Fitch zitiert einige Experten, die davon ausgehen, die neuen Sanktionen würden die Abnahme der Fördermengen in nahezu ausgereizten Erdöl-Lagerstätten in Sibirien beschleunigen. Die Reserven dieser Fundstätten versiegen. Für ihre weitere Erschließung würden moderne Technologien benötigt, die jedoch auf der Sanktionsliste der Europäischen Union und der USA stehen. „Das Sinken der Fördermengen bei denjenigen Fundstätten, die schon lange in Betrieb sind wollte die russische Regierung ursprünglich durch die Erschließung von schwer zugänglichen Reserven im arktischen Festlandsockel kompensieren“, sagt Jelisaweta Belugina, Analystin der Broker-Gesellschaft FBS. Der Beginn dieser Förderung müsse aufgrund der westlichen Sanktionen nun leider verschoben werden, was der Erdölerschließung in der Russischen Föderation deutlich zurückwerfe.

Fitch berichtet weiterhin, dass die russischen Unternehmen nicht besonders gut im Umgang mit dem hochtechnologischen Know-how sind und deshalb auf eine Partnerschaft mit westlichen Firmen angewiesen seien. Ein neues westliches Sanktionspaket könnte ein Zustandekommen einer solchen Partnerschaft zusätzlich erschweren. Heutzutage arbeiten die russischen Unternehmen zumeist mit den westlichen Energieunternehmen Total, ExxonMobil oder Shell zusammen.

 

Erdöl wird teuer werden

Die Entwicklung eigener Technologien und die Suche nach anderen internationalen Partnern würden viel Zeit erfordern und viel Geld kosten. Außerdem würden die westlichen Sanktionen die langfristige Finanzierung der russischen Unternehmen verschlimmern. „In den nächsten zwei Jahren wird die Situation keine ernsthaften Probleme hervorrufen, doch wenn man bedenkt, dass die Sanktionen gegen die strategischen Interessen Russlands gerichtet sind, ist zumindest ein Umdenken in der Energiepolitik des Landes notwendig“, resümiert Belugina. „Gleichzeitig

kann man annehmen, dass das Absinken der Förderumfänge zu einer Verteuerung des Erdöls führen wird, was bis zu einem gewissen Grad den negativen Effekt für den Förderer in finanzieller Hinsicht kompensieren sollte“, führt die FBS-Analytikerin weiter fort.

„Es gibt eine Wahrscheinlichkeit, dass die russischen unternehmen Geräte und Technologien aus dem asiatisch-pazifischen Raum oder aus heimischer Produktion nutzen müssen, die in Sachen Qualität jedoch nicht an jene aus dem Westen herankommen“, sagt Grigorij Birg, Analytiker der Agentur „Investcafé“ gegenüber RBTH. Seiner Aussage zufolge sollte man jedoch nicht auf die Auswirkungen der Sanktionen auf die Förderung warten, denn der größte Teil der Projekte, die auf dem Festlandsockel geführt wurden befindet sich erst in einem frühen Stadium der Realisierung.

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