An russische Banken und Unternehmen, die auf der Sanktionsliste der USA und der EU sowie weiterer westlicher Staaten stehen, dürfen nur noch Kredite mit einer Laufzeit von maximal 90 Tagen vergeben werden. Foto: Maxim Bogodwid / RIA Novosti
Russische Banken haben den Zinssatz für um zwei Prozentpunkte angehoben. Dies erklärte Juri Sljusar, stellvertretender Minister für Industrie und Handel der Russischen Föderation, am 15 August gegenüber der Presse. Einige Banken vergeben Unternehmenskredite mittlerweile zu einem Zinssatz von 25 bis 28 Prozent.
Die Ursachen sind in den gegen Russland eingeführten westlichen Sanktionen zu suchen. „Der Anstieg der Zinssätze entsteht durch ein Defizit an Kreditressourcen”, erklärt Aleksej Kozlow, Chefanalytiker der Investmentgesellschaft UFS. „Dieses entstand aufgrund der eingeschränkten Kreditvergabe an russische Unternehmen auf den internationalen Finanzmärkten”, führt er weiter aus. Kozlow wird durch eine in der russischen Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ veröffentlichte Untersuchung der Bank of America Merrill Lynch bestätigt. An russische Banken und Unternehmen, die auf der Sanktionsliste der USA und der EU sowie weiterer westlicher Staaten stehen, dürfen nur noch Kredite mit einer Laufzeit von maximal 90 Tagen vergeben werden. Daher entfällt die Möglichkeit der Aufnahme von Euromarkt-Anleihen (Eurobonds) und syndizierten Krediten, die üblicherweise zur Finanzierung von Großprojekten beantragt werden. Es ist das erste Mal, dass die Folgen der Sanktionen so konkret beziffert werden.
Unternehmen fahren Investitionen zurück
Aleksej Kozlow glaubt, dass die russische Regierung nun regulierend eingreifen werde. Sie werde eine Zinsobergrenze festlegen und Anleihen zu relativ günstigen Konditionen anbieten. Ungeachtet des Anstiegs der Zinssätze, stieg das Kreditvolumen russischer Unternehmen um insgesamt 10,5 Prozent. Nach Angaben der russischen Zentralbank hätten die russischen Unternehmen allein im zweiten Quartal 2014 die
Mittelbeschaffung im Ausland um 2,5 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro erhöht. Diese Kredite müssen in Zukunft refinanziert werden.
Pawel Simonenko, Verkaufsleiter bei der Dukascopy Bank SA, rechnet damit, dass sich der Anstieg der Zinssätze negativ auf die russische Industrie auswirken wird. Insbesondere im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit. Investitionen, zum Beispiel in die Modernisierung von Anlagen, müssen zurückgefahren werden. „Kredite für mittelständische Unternehmen haben bereits jetzt einen Zinssatz von 15 Prozent. Zudem sind die Vergabekriterien der Banken strenger geworden”, erklärt Simonenko. Die Banken hätten selbst Liquiditätsprobleme und stünden unter stärkerer Aufsicht der russischen Zentralbank.
Zahlungsausfälle bei
Privatkunden
Auswirkungen auf den Anstieg der Zinssätze hätte auch die Anhebung des
Leizinses von 5,5 auf acht Prozent. In diesem Jahr habe die russische
Zentralbank den Leitzins bereits drei Mal erhöht, so Simonenko. Anton Soroko,
Analytiker der Investmentfirma FINAM, sieht die Zentralbank deshalb in der
Pflicht. Sie müsse effektive Maßnahmen einführen, um die staatlichen Banken vor
allzu großen Verlusten zu schützen. Beispielhaft dafür sei der Hypothekenmarkt.
„Auf dem Hypothekenmarkt werden die Kosten für Anleihen durch verschiedene
Subventionsprogramme und eine Reihe von Refinanzierungsmechanismen der
Bankenorganisationen gezügelt”, sagt Soroko.
Die höheren Zinsen führen auch zu Zahlungsausfällen bei den Darlehensgeschäften im Privatkundenbereich. Nach Angaben der
Zentralbank stiegen diese in dem ersten sieben Monaten des laufenden Jahres um 33 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro. Die Zahlungsausfälle führten dazu, dass die Zinssätze weiter erhöht und die Vergabekriterien auch für Privatkunden verschärft würden, bemerkt Mihail Kuzmink, Analytiker bei Investcafé. „Barkredite und Kreditkarten könnten für die Bevölkerung mittelfristig um 1,5 bis 2,5 Prozent teurer werden“, lautet seine Prognose.
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