Neue Sanktionen: Russland droht SWIFT-Rauswurf

Ein Swift-Ausschluss hätte Folgen für den weltweiten Zahlungsverkehr. Foto: Getty Images/Fotobank

Ein Swift-Ausschluss hätte Folgen für den weltweiten Zahlungsverkehr. Foto: Getty Images/Fotobank

Die Europäische Union bereitet neue Sanktionen gegen Russland vor, die auf den Finanzsektor abzielen. Russischen Banken droht nun der Ausschluss aus dem SWIFT-Netz, internationale Währungstransaktionen würden damit praktisch unmöglich. In diesem Fall könnte Russland mit China ein eigenes Bankenkommunikationssystem entwickeln.

Russland droht weiter der Ausschluss aus dem internationalen Bankenkommunikationsnetzwerk SWIFT. Die britische Regierung gab bekannt, dass Großbritannien bei der Diskussion um weitere Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland auf dem Ausschluss bestehen wird, meldet die Agentur Bloomberg.

Derzeit stehen 10 000 Bank- und Finanzinstitute in 210 Ländern über das SWIFT-System in Kontakt, wobei alleine in Russland 600 Geldinstitute, darunter auch die Zentralbank der Russischen Föderation, die Bank Rossii, im SWIFT-Netz vertreten sind. Sollte Russland wirklich aus diesem System ausgeschlossen werden, wäre es russischen Banken laut Experten nicht mehr möglich, ihre Korrespondenzkonten im Ausland zu bedienen. Von einer Abkoppelung wären zudem auch Zahlungen in Fremdwährungen betroffen, da sämtliche Informationen zu den Transaktionen über das SWIFT-System mitgeteilt werden.

„Das SWIFT-System ist im Grunde genommen ein Protokoll über die Zusammenarbeit zwischen Banken. Wenn Russland dazu keinen Zugang mehr hat, dann könnte das zu einem teilweisen Zusammenbruch des russischen Bankensystems führen", erklärt Wasilij Jakimkin, Analyst der Fibo Group und Dozent an der Fakultät für Finanz- und Bankenwesen an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentlichen Dienst. Zudem hätte ein Ausschluss Russlands aus dem SWIFT-System seinen Einschätzungen zufolge auch negative Auswirkungen auf die westliche Politik, da alle Zahlungen aus und nach Russland blockiert werden würden, wodurch es auch nicht mehr möglich wäre, die Gas- und Erdöllieferungen zu bezahlen. Würde dies eintreten, könnten somit auch die Lieferungen ausbleiben. „Russland und, was noch gefährlicher für den Westen wäre, China könnten das zum Anlass nehmen, ein eigenes System zur Abwicklung von Finanztransaktionen zwischen den Banken verschiedener Länder zu entwickeln", fügt Wasilij Jakimkin hinzu.

 

Währungstransaktionen ohne SWIFT sind praktisch unmöglich

Anton Soroko, Analyst der Investitionsholding Finam, erklärt: „Als der Iran aus dem SWIFT-System ausgeschlossen wurde, wurde er frühzeitig darüber informiert." Die Frage sei, ob das auch bei Russland der Fall sein werde und erinnert an den Ausschluss russischer Banken aus dem Servicenetz von Visa und Mastercard im März 2014. Die internationalen Kreditkartenunternehmen hatten ohne Vorwarnung für einen Tag alle Kreditkartentransaktionen jener Banken blockiert, die von den USA auf die Sanktionsliste gesetzt worden waren. Weder die Banken noch ihre Kunden wurden zuvor über diesen Schritt in Kenntnis gesetzt.

Ilija Balakirew, Chefanalyst bei UFS IC, ist der Meinung, dass eine Abkoppelung Russlands vom SWIFT-System verwunderlich wäre, da in der EU mehrfach betont wurde, dass keine Absichten gehegt würden, private Transaktionen einzuschränken. „Heutzutage sind praktisch keine Währungstransaktionen ohne das SWIFT-System mehr möglich. Dieses Protokoll hat sich de facto zu einem Standard entwickelt", so der Experte.

Seiner Meinung nach bedeute ein „Ausschluss" Russlands aus dem SWIFT-Netz faktisch eine Beendigung aller Bankgeschäfte mit ausländischen Banken und aller inländischen Währungstransaktionen. „Dies wäre nicht nur ein Problem für Exportunternehmen, sondern auch für Importunternehmen. Russland könnte so mit demselben Erfolg auch europäischen Unternehmen untersagen, russische Pipelines zu nutzen, wobei der Erdgasexport nicht verboten werden würde", meint Balakirew.

Einen Ausschluss aus dem SWIFT-System hatte es im Rahmen von Sanktionen gegen den Iran das erste Mal gegeben. Im Februar 2012 verabschiedete das Bankenkomitee des US-Senats einstimmig ein Gesetz, das die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication (SWIFT) dazu veranlassen sollte, die Bedienung von Banken, die vonseiten der USA sanktioniert wurden, einzustellen. Die belgische Firma SWIFT war zunächst nicht mit dieser Entscheidung einverstanden. Doch bereits einen Monat später, im März 2012, wurden die iranischen Banken aus dem Netzwerk ausgeschlossen. „Die USA können internationale Finanzinstitute vor die Wahl stellen, ob sie in Russland oder in den Vereinigten Staaten ihre Geschäfte abwickeln wollen, indem sie Russland aus dem Dollarsystem ausschließen", so Wasilij Jakimkin. Allerdings kommt der aktuelle Vorschlag nicht von den USA, sondern aus Großbritannien.

Die russische Zentralbank hat bereits Pläne für ein Pendant zum SWIFT-Netz in der Schublade. Die russische Zentralbank verfügt über ihr eigenes

geschütztes Datenübertragungssystem. Alexej Moiseew, stellvertretender Finanzminister, gab im August 2014 bekannt, dass das russische Finanzministerium in Zusammenarbeit mit der Bank Rossii an einem entsprechenden Gesetzesentwurf arbeitet. Ein ähnliches System habe neben der Bank Rossii das russische Unternehmen CyberPlat erarbeitet. „Es wird kaum möglich sein, ein vollwertiges Pendant zum SWIFT-System zu erstellen, da man dafür die Zusammenarbeit von Banken weltweit benötigen würde – und das ist äußerst fraglich", erklärt Ilija Balakirew. Seiner Meinung nach gebe es aber noch eine Alternative: ein Swift-Datenverarbeitungszentrum auf russischem Boden.

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