Gazprom liefert wieder Gas an die Ukraine

Gazprom nimmt die Lieferungen an die Ukraine wieder auf. Foto: Reuters

Gazprom nimmt die Lieferungen an die Ukraine wieder auf. Foto: Reuters

Russland, die Ukraine und die Europäische Union einigten sich in Berlin auf eine Wiederaufnahme von russischen Gaslieferungen für die Ukraine. Gazprom konnte dabei seine Lieferbedingungen durchsetzen, vor allem beim Preis. Ungeklärt bleibt die Frage, wann die Ukraine noch offene Rechnungen bezahlen wird.

Am Sonntag verhandelten in Berlin Russland, die Ukraine und die Europäische Union über die Wiederaufnahme von Gaslieferungen an die Ukraine durch das russische Energieunternehmen Gazprom. EU-Energiekommissar Günther Oettinger erklärte der Nachrichtenagentur Itar-Tass zufolge, die Ukraine sei bereit, offene Rechnungen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro bis zum Jahresende zu begleichen und für künftige Gaslieferungen einen Preis von 385 US-Dollar pro 1 000 Kubikmeter zu zahlen. Die Vereinbarung gilt für einen Zeitraum von sechs Monaten, dann wird neu verhandelt.

Gazprom wird mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Gas in die Ukraine liefern, es besteht die Option auf eine weitere Lieferung in gleicher Höhe. Oettinger sagte, dass die Ukraine bis Ende Oktober 1,6 Milliarden Euro für diese Lieferungen zahlen werde, bis Ende des Jahres werden noch einmal rund 873 Millionen Euro fällig. Nach Meinung von Experten hat damit Gazprom sich in den Verhandlungen durchsetzen können, insbesondere beim Preis. Es war eine Preisspanne von 285 bis 485 US-Dollar pro 1 000 Kubikmeter Gas in der Diskussion. Gazprom hatte von vornherein 485 US-Dollar abzüglich eines Preisnachlasses von 100 US-Dollar vorgeschlagen, also genau die 385 US-Dollar, die nun festgelegt wurden.

Grigorij Birg, Analyst bei Investcafé, ist der Ansicht, dass alle Parteien vom Kompromiss profitiert haben. Für Gazprom seien die Lieferbedingungen vorteilhaft. Zudem habe das Unternehmen ein Interesse daran, die Gaslieferungen in die Ukraine wiederaufzunehmen, um damit Kiew und Brüssel von ihren Plänen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren, abzuhalten. Die Ukraine, fügt der Experte hinzu, sei bemüht, ein verlässliches Transitland für russisches Gas nach Europa zu bleiben. Die Ukraine müsse nun ihre unterirdischen Gasspeicher wieder auffüllen, so Birg, damit es in der Ukraine auch beim Transit nach Europa im bevorstehenden Winter nicht zu Versorgungsengpässen komme.

 

Die Schuldenfrage bleibt ungeklärt

Im Juni hatte Gazprom erklärt, russisches Gas nur noch gegen Vorkasse in die Ukraine zu liefern. Zudem drängte Gazprom auf die Begleichung von Schulden in Höhe von etwa 4,2 Milliarden Euro, die das ukrainische Energieunternehmen Naftogaz angehäuft hat. Ilja Balakirew, Chefanalyst bei UFS IC, kann sich vorstellen, dass die EU die Ukraine bei der Bezahlung der nun vereinbarten Liefermengen unterstützen werde, da die EU ein großes Eigeninteresse an der Fortsetzung der Lieferungen habe und daher eine schnelle Lösung im sogenannten Gasstreit anstrebe.

Über die Schulden von Naftogaz und ihre Bezahlung berät das Stockholmer Schiedsgericht. Eine Entscheidung dazu wird laut Oettinger erst im Sommer 2015 erwartet. Dimitrij Baranow, führender Experte bei Finam Management,

wertet das Ergebnis der Verhandlungen als Sieg für beide Seiten, die russische und die ukrainische. Beide Parteien hätten nun die Möglichkeit, ihre Geschäftsbeziehungen neu zu starten, meint Baranow. Ilja Balakirew ist da zurückhaltender. Er glaubt, dass noch viele Details zu klären seien, vor allem im Hinblick auf die Schuldenfrage. Dazu habe die Ukraine bisher alle Kompromisse abgelehnt und zudem wiederholt getroffene Vereinbarungen gebrochen.

Balakirew erwartet, dass die Ukraine auch im nächsten Jahr nicht bereit sein werde, ihren finanziellen Verpflichtungen nachzukommen, insofern sei das Ergebnis der Berliner Verhandlungen für keinen der Beteiligten als Erfolg zu werten, sondern vielmehr eine „Farce", wie Balakirew sagt. Seiner Ansicht nach sollten Russland und Europa gänzlich auf die Ukraine als Transitland verzichten. Dazu müsste der Bau der Pipelines South Stream und Nord Stream vorangetrieben werden. Die Arbeiten am Nord Stream im Ostsee-Abschnitt gehen bisher allerdings nur mit halber Kraft voran. Und die Arbeiten am South Stream an dem Abschnitt, der durch das Schwarze Meer verläuft, sind zurzeit unterbrochen, da die Europäische Union Verstöße gegen das Dritte Energiepaket der EU ausgemacht haben will.

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