Russlands potenzielle Börsenstars

Trotz angespannter politischen Situation bleiben russische Ölunternehmen für die Investoren attraktiv. Foto: Shutterstock/Legion Media

Trotz angespannter politischen Situation bleiben russische Ölunternehmen für die Investoren attraktiv. Foto: Shutterstock/Legion Media

Welche russischen Unternehmen werden derzeit unter ihrem Wert gehandelt? RBTH und Finam, eine der führenden russischen Investmentgesellschaften, stellen die Ergebnisse einer Studie vor.

Gegenwärtig existieren verschiedene Methoden zur Bewertung der Investitionsattraktivität von Unternehmen. Eines der beliebtesten Verfahren ist die Ermittlung des Kurs-Gewinn-Verhältnisses, bei dem der Marktwert des Unternehmens seinem Jahresgewinn gegenübergestellt wird. Es zeigt praktisch, wie schnell potentielle Investoren, wenn sie Aktien der jeweiligen Firma erwerben, ihre Einlagen zurück erwirtschaften. Ein niedriger Wert der Kennziffer zeigt eine Unterbewertung des Unternehmens an, ein hoher Wert eine Überbewertung. Eine der führenden Investmentgesellschaften Russlands, die Finam-Holding, fertigte exklusiv für RBTH eine Studie darüber an, welche russischen Firmen von Investoren unterbewertet werden. Allerdings hat die Kennziffer KGV einen Nachteil: Sie kann nicht für Unternehmen angewendet werden, die ein negatives Saldo (sprich Verluste) aufweisen, da der Unternehmenswert in diesem Falle negativ ist. Wir haben bei unserer Betrachtung deshalb nur jene Unternehmen berücksichtigt, die am Jahresende einen Gewinn verzeichnet haben.

Die größten Favoriten

 Angeführt wird die Rangliste vom Unternehmen Transneft, das sich mit dem Bau und dem Betrieb von Erdölpipelines beschäftigt: Die Marktkapitalisierung befindet sich noch unter dem Gewinnniveau. Der Streubesitz-Index des Unternehmen beträgt 1, was bedeutet, dass 100 % der normalen Aktien sich in staatlicher Hand befinden und nur Vorzugsaktien frei gehandelt werden können. Aber gerade von Transneft hängt die Lieferung des russischen Erdöls in die neuen Märkte ab, vor allem nach China und Japan, - Länder, in denen Russland die zukünftigen Abnehmer seiner Energieträger zu finden hofft.

In der Liste der am meisten unterbewerteten Unternehmen sind vor allem Unternehmen aus der Energiewirtschaft und der Stahlbranche gelistet, darunter zwei Metallurgie-Giganten: der weltweit größte Aluminium-Produzent Rusal und das größte Unternehmen seiner Branche in Russland, das Magnitogorsker Eisen- und Stahlkombinat. Die Erdöl- und Erdgas-Branche ist durch solche Unternehmen wie Surgutneftegas, den Erdgas-Monopolisten Gazprom und das größte russische Erdöl-Unternehmen Rosneft vertreten. Bemerkenswert ist, dass in der Liste auch der Pharmakonzern Farmstandart sowie der Fleischproduzent Tscherkisowo zu finden sind: Diese beiden Unternehmen gelten als potentielle Nutznießer der von der russischen Regierung angekündigten Politik der Importsubstitution.

 

Rangliste der unterbewerteten Unternehmen

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Eben diese Unternehmen könnten langfristig ein überdurchschnittliches Wachstum bei der Marktkapitalisierung zeigen, vor allem wenn sie ihre Rentabilität ohne Umsatzeinbussen beibehalten oder sogar steigern können. In der Rangliste sind Unternehmen aus völlig unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen Russlands zu finden, allen ist jedoch gemein, dass Investoren ihnen – aus den verschiedensten Gründen – kein Vertrauen schenken. Zu den Hauptgründen zählt die niedrige Transparenz, die Instabilität der Finanzströme, eine enge Verbindung zum Staat, hohe Verschuldung oder eine Krise in der entsprechenden Branche, in der das Unternehmen tätig ist, zählt einer der Autoren der Studie, der Analyst der Investmentholding Finam, Anton Soroko, auf. „Wenn allerdings ein Teil dieser negativen Faktoren ausgeschlossen werden kann, dürfte auf einen Anstieg des Aktienkurses nicht lange zu warten sein", erklärt der Experte.

Unternehmen wie Rosneft und Gazprom stehen nach Angaben der Finam-Experten auf der Liste, weil Investoren sich gegenwärtig angesichts der politischen Lage davor fürchteten, in die Konzerne zu investieren. Durch das Territorium dieses Landes realisieren diese Unternehmen einen Großteil ihrer Lieferungen nach Europa. Dabei betrug das EBITDA Gazproms im Jahre

2013 immerhin 44,8 Mrd. Euro und der Konzern war nach dieser Kennziffer das größte Unternehmen der Welt. Im Vergleich dazu beträgt das Verhältnis zwischen der Marktkapitalisierung und dem Jahresgewinn beim einzigen nennenswerten Wettbewerber Gazproms in Russland, dem Privatunternehmen Novatek, 12,4 — auf ein ähnliches Niveau könnte der Wert Gazproms in Zukunft steigen.

Ein anderer Teilnehmer der Rangliste — der Erdöl- und Erdgaskonzern Rosneft — ist gegenwärtig, wie auch sein Präsident, der ehemalige Vize-Ministerpräsident Igor Setschin, von den Sanktionen des Westens betroffen. Wie man bei Finam jedoch bemerkt, werden die Investoren – sobald die Situation sich wieder normalisiert hat – auf den russischen Markt zurückkehren und sich dann wahrscheinlich besonders Rosneft zuwenden. Eine stabile Basis für künftiges Wachstum des Unternehmens ist Setschins Einfluss, schließlich gilt er als enger Vertrauter Wladimir Putins. Darüber hinaus verfügt Rosneft mit dem Konzern BP über einen strategischen Partner. Den Briten gehören 19,75 % der Rosneft-Anteile.


Allgemeiner Trend

 Unterm Strich beträgt der Mittelwert des KGV des russischen Effektenmarktes nach Angaben der Investmentholding Finam 13,0 und der gewichtete Durchschnittswert 10,6. Im Vergleich dazu hat das Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P-500-Index sich von 4,78 im Dezember 1920 auf bis zu 44,4 im Dezember 1999 entwickelt, lag im Wesentlichen jedoch fast immer

im Intervall zwischen 10 und 20. Solche Unternehmen existieren auf dem russischen Markt auch: So liegt etwa das KGV von Transaero, einem der größten Luftfahrtunternehmen Russlands, gegenwärtig bei einem Wert von 40.

Nach den Worten Anton Sorokos ist ein Emittent mit hohem KGV-Wert an sich nichts Schlechtes – entweder haben diese Firmen zum gegenwärtigen Zeitpunkt ihre Gewinnspanne drastisch gekürzt, wie zum Beispiel das größten russische Metallurgie-Unternehmen Sewerstal und das Nowolipezker Metallurgiewerk, oder aber sie verzeichnen ein stabiles Wachstum, was für ein großes Vertrauen bei den Investoren sorgt. Das trifft unter anderem auf den größten russischen Einzelhändler Magnit und den Mobilfunkbetreiber Megafon zu. „Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Firmen bei einer Ausdehnung ihres Geschäftsfeldes nicht über ein weiteres Potential verfügten. Aber im Vergleich zu anderen Unternehmen sind sie zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits angemessen bewertet", sagt der Experte.

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