Rubel fällt auf neues Rekordtief

Trotz des Rekorddrucks auf die nationale Währung weigert sich die Zentralbank bislang, Dollar-Reserven zu verkaufen. Foto: Reuters

Trotz des Rekorddrucks auf die nationale Währung weigert sich die Zentralbank bislang, Dollar-Reserven zu verkaufen. Foto: Reuters

Der russische Rubel ist auf ein historisches Rekordtief zum US-Dollar gefallen. Allerdings hat die Zentralbank bislang nicht eingegriffen. Für russische Exporteure ist die Abwertung von Vorteil, doch für Akteure auf dem Binnenmarkt schlägt sie sich negativ nieder.

Der russische Rubel fiel am Dienstag auf ein historisches Tief. Trotz des Rekorddrucks auf die nationale Währung weigert sich die Zentralbank bislang, Dollar-Reserven zu verkaufen. Dabei hatte die Regulierungsbehörde bisher immer eingegriffen, um die Währung zu stützen.

Laut den Quellen der russischen Zeitung „Wedomosti" konnte die Zentralbank „mehrere zehn Millionen US-Dollar" auf dem Markt verkaufen, doch laut Quellen der Zeitung „RBC-Daily" hat die Bank an den Verhandlungen gar nicht teilgenommen. „Informationen zu Interventionen der Zentralbank werden mit Verzögerung veröffentlicht", erklärt Michail Chromow, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentrums für strukturelle Forschung am Institut für angewandte Wirtschaftsforschung Ranepa. Allerdings würde eine Intervention, wenn es sie denn gebe, ausgesprochen gering ausfallen: „Weniger als 350 Millionen US-Dollar würden benötigt, um die Intervallgrenzen der Kursschwankungen zu verschieben", sagt Chromow und zieht einen Vergleich zum März dieses Jahres, als die politische Situation um die Krim sich verschärfte und die Zentralbank an einem Tag elf Milliarden US-Dollar der Devisenreserven einsetzte. Experten sehen hierbei einen ersten Test für den Übergang zum flexiblen Wechselkurs des Rubels, den die russische Regierung angekündigt hatte.

 

Die Zentralbank mischt sich nicht ein

Nach Angaben des Analysten der Investitionsgesellschaft Finam Anton Soroko wurde der Rubel zuletzt im Mai gestützt. Danach musste die Bank für kurze Zeit Rubel verkaufen. „Der Abwärtstrend des Rubels in den vergangenen Monaten dauert nun schon ungefähr so lange an wie zu Beginn des Jahres, aber bislang ist eine Intervention durch die Zentralbank ausgeblieben", sagt der Experte und fügt hinzu: „Ich denke nicht, dass in einem solchen Ausmaß interveniert wird wie im März."

Seit dem Frühjahr war dies nun die größte Talfahrt des Rubels. Ausgelöst wurde sie durch einen Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg über mögliche Kapitalkontrollen. Kurze Zeit später dementierte die Zentralbank diese Meldung. Doch es sei noch zu früh für eine Entwarnung, meint Alexej Kozlow, Ökonom bei UFS IC. Denn die Marktteilnehmer begriffen, dass auch der fallende Ölpreis Druck auf den Rubel ausübe. Das habe negative Konsequenzen: „Die schwache Wirtschaftsdynamik in der letzten Zeit, die natürliche Unstabilität des Rubels sowie die erzwungene Verschärfung der Geldpolitik seitens der Zentralbank ruinieren das Bild Russlands als Investitionsstandort und führen so zum Kapitalabfluss", erklärt der Experte.

 

Die Folgen für die Wirtschaft

Doch für mehrere russische Unternehmen erweist sich der Rubel-Absturz als sehr vorteilhaft. So eröffnet die Talfahrt der nationalen Währung insbesondere für Exporteure neue Spielräume. Unter anderem führte der Währungsabsturz bei Rusal, einem der größten russischen Aluminiumunternehmen, zur Steigerung der Prognosen für Finanzkennzahlen, wie das Unternehmen gegenüber RBTH mitteilte. Vor dem Hintergrund der steigenden Aluminiumpreise im ersten Halbjahr konnte Rusal nach dem Ende des zweiten Quartals zum ersten Mal seit über einem Jahr ein Plus erzielen. Auch im dritten und vierten Quartal rechnet das Unternehmen mit einem Plus.

Einer der größten Metallverarbeitungskonzerne Russlands, Magnitogorskij (MMK), auf den 82,2 Prozent des gesamten Abfuhrvolumens entfallen,

orientiert sich zwar am Binnenmarkt. Dennoch bietet die Rubel-Abwertung auch für dieses Unternehmen Vorteile. „Nur 50 Prozent der Ausgaben unseres Unternehmens werden in Rubel getätigt", erklärte ein Vertreter des Konzerns im Gespräch mit RBTH. Des Weiteren schätzt man, dass beim Währungsrückgang um 2,5 Prozent das EBITDA des Konzerns um 0,9 Prozent steigen wird. Beim Absturz der russischen Währung um 15 Prozent stiege das EBITDA entsprechend um 4,9 Prozent.

Für die Vertreter der Branchen, die sich nur am Binnenmarkt orientieren, sind die Folgen des Rubel-Absturzes nicht so eindeutig abzuschätzen. „Der Import wird teurer, dementsprechend bevorzugt der Konsument Waren aus der inländischen Produktion", bemerkt Aleksander Kostikow, Vertreter der Unternehmensgruppe Tscherkisowo, die führend auf dem russischen Tierzuchtmarkt ist. „Unser Unternehmen agiert in der Rubelzone: Wir haben keine Währungskredite, dementsprechend hat der Absturz der Währung für uns keine ernsten Folgen", berichtet er weiter. Allerdings gebe es Risiken,

denn ein Teil der Ressourcen, einschließlich tierärztlicher Arzneimittel, würden im Ausland gekauft – ein Nachteil für die Branche, so Kostikow.

Finanzökonomen sind allerdings in ihren Einschätzungen wesentlich zurückhaltender. „Bis jetzt fällt es schwer zu sagen, ob der neue Schritt der Zentralbank in Richtung eines flexiblen Rubel-Wechselkurses erfolgreich war. Die Schwankungen des Rubels sind vergleichsweise hoch und die Abwertung der russischen Währung fällt zu stark aus", meint Anton Soroko. Seiner Ansicht nach sollte man abwarten, bis der politische Druck auf den Rubel abschwächt, damit seine Dynamik gleichmäßiger und damit vorhersehbarer wird. „Theoretisch ist es möglich, dass die Zentralbank in den Markt interveniert, um den Druck vom Rubel zu nehmen, aber unter welchen Parametern dies geschehen wird, wird nicht gesagt", gibt Michail Chromow zu bedenken.

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