Trillionen für das Militär: Moskau erhöht Rüstungsausgaben

Russland erhöht die Ausgaben für seine Rüstungsindustrie. Foto: Sergej Mamontow/RIA Novosti

Russland erhöht die Ausgaben für seine Rüstungsindustrie. Foto: Sergej Mamontow/RIA Novosti

Russland investiert in die Modernisierung seiner Armee. Dafür soll zukünftig ein Fünftel des russischen Staatshaushaltes aufgewendet werden. Kritiker befürchten, dass infolge der Aufrüstung weniger Geld für dringend notwendige Investitionen in Bildung, Gesundheit und die regionale Entwicklung übrig bleibt.

Russland will mehr Geld für die Rüstung ausgeben, berichtet die russische Wirtschaftszeitung „Kommersant". Dies gehe aus den Anlagen eines Gesetzentwurfes über den Staatshaushalt für die Jahre 2015 bis 2017 hervor, den die Regierung der Staatsduma vorgelegt hat. Demnach sollen im kommenden Jahr die Rüstungsausgaben um 33 Prozent steigen: Der Rüstungshaushalt wird 3,287 Trillionen Rubel (rund 65,3 Milliarden Euro) betragen, der Anteil am gesamten russischen Staatshaushalt steigt von 17,7 auf 21,2 Prozent.

 

Trillionen für die Modernisierung der Armee

Auf dem Investitionsforum „Russia Calling" erklärte der russische Präsident Wladimir Putin am vergangenen Donnerstag, dass drei Trillionen Rubel (59,6 Milliarden Euro) in die Modernisierung von Rüstungsunternehmen investiert werden sollen. Angestrebt wird eine Teilprivatisierung und Umwandlung in Aktiengesellschaften. Putin wies darauf hin, dass bereits 25 Prozent der Produktion von Rüstungsbetrieben einen zivilen Hintergrund hätten. Ein Beispiel dafür sei Sukhoi: Das Unternehmen produziere nicht nur Kampfflugzeuge, sondern auch das Verkehrsflugzeug Sukhoi Superjet 100. Zu den Plänen, die Rüstungsunternehmen teilweise zu privatisieren, erklärte Putin, dass dies vorteilhaft für die Entwicklung dieser Unternehmen sein werde.

Aleksandr Derjugin, Direktor des Zentrums für regionale Reformen an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst, stellt fest, dass der Anteil der Rüstungsausgaben am russischen Staatshaushalt stetig wächst. „Im Jahr 2011 entsprach der Betrag für Rüstungsausgaben etwa 2,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, bis 2016 wird dieser Anteil auf 3,8 Prozent steigen", erklärt er. Im Vergleich geben die USA 4,4 Prozent ihres BIP für die Rüstungsindustrie aus, Großbritannien 2,5 Prozent. Die Ausgaben für die Rüstungsindustrie sind in Großbritannien allerdings seit Jahrzehnten im Sinken begriffen: In den 1990er-Jahren waren es noch etwa vier Prozent des BIP, in den fünfziger Jahren sogar über acht Prozent.

Prozentual gesehen bewege Russland sich im Rahmen des internationalen Durchschnitts, sagt Anton Soroko, Analyst der Investment-Holding Finam. Bezogen auf die absoluten Zahlen seien die USA mit Rüstungsausgaben von etwa 600 Milliarden US-Dollar (rund 474 Milliarden Euro) allein im Jahr 2013 der absolute Spitzenreiter, so Soroko. „Das ist mehr Geld, als bis zum Jahr 2020 für das Modernisierungsprogramm der russischen Armee aufgewendet werden wird", erklärt er. 20 Trillionen Rubel (rund 397 Milliarden Euro) waren dafür bewilligt worden. Zudem wurde massiv in Unternehmen der Rüstungsindustrie investiert. Der ehemalige Finanzminister Alexej Kudrin war damit nicht einverstanden und trat deshalb im Jahr 2011 zurück. Auch die geplante Erhöhung des Rüstungsetats sei im Zusammenhang mit diesem Programm zu sehen, erläutert Derjugin.

 

Wächst die Rüstungsindustrie auf Kosten des Sozialsystems?

Aleksander Derjugin sieht die Pläne der russischen Regierung kritisch. „Weil die Ausgaben des föderalen Haushalts für das Militär so stark angestiegen sind, gibt es jetzt ein Haushaltsdefizit", sagt er. Zudem seien Investitionen

auf regionaler Ebene zurückgefahren worden. Derjugin verweist auf Untersuchungen, die gezeigt hätten, dass höhere Ausgaben für die Rüstung sich nicht positiv auf das Wachstum des BIP auswirkten, allenfalls sei ein nur geringes Wachstum die Folge. „Langfristig muss man in die Bildung und Gesundheitsversorgung investieren", findet Derjugin. Auch Anton Soroko weist darauf hin, dass die Erhöhung der Ausgaben für die Rüstungsindustrie zu Lasten der sozialen Ausgaben gehe. „Das ist schon befremdlich", sagt der Experte.

Die russische Regierung teilt diese Bedenken nicht. Nach Angaben des russischen Ministeriums für Industrie haben die Aufträge der Rüstungsindustrie von Januar bis August 2014 für einen Zuwachs der Industrie gesorgt. Der Bau von „Schiffen, Flugzeugen und Raumfahrttechnik sowie weiteren Transportmitteln" sei um 26,9 Prozent gestiegen, teilte das Ministerium mit. Abnehmer der Produkte, zu denen neben den bereits genannten auch Eisenbahnwaggons, Hubschrauber oder Unterseeboote gehören, seien überwiegend der Staat oder staatliche Konzerne, ebenfalls aus der Rüstungsbranche.

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