Die verschärften Sanktionen der Schweiz schreiben vor, dass Darlehen an fünf russische Staatsbanken und sechs Konzerne ab sofort nur noch eine maximale Laufzeit von 30 Tagen haben dürfen. Foto: Alexander Utkin / RIA Novosti
Nachdem die Schweiz nach Angaben des „Wall Street Journals“ bereits im August dieses Jahres den Lebensmittelproduzenten der Europäischen Union untersagt hatte, für ihre Waren nach Russland den Umweg über die Schweiz zu gehen, hat sie nun vor gut zwei Wochen eine Verschärfung ihrer seit Sommer geltenden Sanktionen gegen Russland beschlossen. Doch das könnte bald zu ihrem eigenen Nachteil werden, denn die neuen Sanktionen könnten zu einem Abfluss russischen Kapitals aus der Schweiz führen.
„Bisher wurde russisches Geld bei Schweizer Banken angelegt und diente als Sicherheit für Kredite, die an die Anleger für Investitionen in Russland gegeben wurden“, erklärt Maxim Kosarew, Partner des Unternehmens Kosarew und Partner. Nach offiziellen Angaben des Statistischen Amtes Russlands kamen die größten Investitionen im letzten Quartal 2014 aus Zypern (mit 2,9 Milliarden US-Dollar), Luxemburg (mit 1,9 Milliarden US-Dollar) und von den Britischen Jungferninseln (mit 1,05 Milliarden US-Dollar).
Die Schweizer Regierung hatte Sanktionen gegen russische Unternehmen und Amtsträger bereits angekündigt und unterstützte das Paket an Wirtschaftsbeschränkungen, die Russland durch die Europäische Union auferlegt wurden.
Auswirkungen auf den Markt
Die verschärften Sanktionen der Schweiz schreiben vor, dass Darlehen an fünf russische Staatsbanken und sechs Konzerne ab sofort nur noch eine maximale Laufzeit von 30 Tagen haben dürfen, längere Laufzeiten unterstehen einer Bewilligungspflicht. Dasselbe gilt für die Emissionen von Finanzinstrumenten. Bisher galt die Bewilligungspflicht erst ab einer Laufzeit von über 90 Tagen. Zudem wurde die Liste an natürlichen und juristischen Personen, mit denen Schweizer Unternehmen keine neuen Geschäftsbeziehungen aufnehmen dürfen, um 24 Einträge ergänzt.
Der Export technischer Rüstungs- und Dual-Use-Güter aus der Schweiz nach Russland ist nun ebenfalls verboten. In der Mitteilung wurde nicht
erwähnt, um welche Unternehmen und natürliche Personen es sich dabei konkret handelt. Allerdings hatte die Europäische Union bereits im September eine entsprechende Liste veröffentlicht und die Schweiz hat sich offensichtlich mit einer gewissen Verzögerung dieser Liste angeschlossen. Auf der Sanktionsliste der EU stehen die größten russischen Staatsbanken – die Sberbank, die WTB-Bank, die Gasprombank, die Wneschekonombank und die Rosselchosbank – sowie die drei Erdölkonzerne Rosneft, Gasprom Neft und Transneft und eine große Zahl Rüstungsbetriebe und natürlicher Personen.
Der Präsident des Schweizer Ständerats, Hannes Hermann, klagte in einem Interview mit der „Basler Zeitung“, dass der Beschluss des Schweizerischen Bundesrats zu den internationalen Sanktionen gegen Russland mit dem Parlament nicht abgestimmt gewesen sei.
Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr kommen
„Jegliche Verschärfung der Sanktionsrhetorik schadet zweifelsohne dem Wirtschaftswachstum“, sagt Sergej Chestanow, Dozent an der Fakultät für Finanzen und Bankgeschäfte der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und öffentlichen Dienst. Dennoch glaubt er nicht, dass eine weitere Verschärfung von Sanktionen noch spürbaren Einfluss auf die Entwicklung der russischen Wirtschaft hätte. Denn die schmerzhaftesten Maßnahmen, etwa die Sperrung des Zugangs zum Anleihenmarkt, seien bereits vollzogen
worden. „Die Unterstützung der Sanktionen durch die Schweiz ist lediglich ein Beweis dafür, dass die legendäre Schweizer Neutralität nicht mehr existiert, was vor allem für die Schweiz selbst zu Problemen führen kann“, bemerkt Alexej Koslow, Chef-Analyst bei UFS IC.
Die russische Regierung hat bereits auf die Schweizer Sanktionen reagiert. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte seine Teilnahme am Weltwirtschaftsforum in Davos für 2015 kurzerhand ab, teilte die Nachrichtenagentur Bloomberg mit Verweis auf den Pressesprecher des russischen Staatsoberhauptes, Dmitrij Peskow, mit. Die großen russischen staatlichen Banken WTB und Sberbank, Betroffene der Schweizer Sanktionen, wollen dagegen weiter „strategische Partner“ des Wirtschaftsforums bleiben und sind bereit, dafür pro Jahr 622 000 US-Dollar (rund 500 000 Euro) zu zahlen.
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