Russische Kohleexporteure haben durch die Rubelschwäche einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten: Foto: Jewgenij Jepantschinzew/TASS
Von der Rubelschwäche profitieren Unternehmen aus der Metallurgie und der Kohlegewinnung. Diese sind unabhängig von ausländischen Lieferanten, weil sie auf russische Ausrüstung setzen. Georgij Ostapkowitsch, Direktor des Zentrums für Konjunkturforschung an der Higher School of Economics, sieht vor allem die exportorientierte Branche als Gewinner, allen voran die rohstofffördernden Unternehmen und Produzenten petrochemischer Erzeugnisse mit einem Exportanteil von 75 Prozent. Nach einer Untersuchung der Citigroup haben die russischen Kohleexporteure gegenüber ihren Konkurrenten aus Australien und Nordamerika durch die Rubelschwäche und den Ölpreisverfall momentan einen Vorteil von 20 US-Dollar (17 Euro). Auch die Transportkosten russischer Kohle sind konkurrenzfähiger.
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„Andere profitieren vom Programm zur Förderung des Importersatzes, hier besonders die Metallurgie", führt Ostapkowitsch weiter aus. Dieser Industriezweig erzielt bereits jetzt durch die Verdrängung ukrainischer Produzenten bessere Ergebnisse. Das ist auch in der Agrarindustrie zu beobachten, wo immer mehr importierte Nahrungsmittel durch heimische Produkte ersetzt werden. „Klar im Vorteil sind Exporteure, deren Produkte in harter Währung abgerechnet werden. Wichtig ist auch, dass der Anteil importierter Komponenten an den Produktionsprozessen sehr gering ist oder gegen null tendiert", sagt Wiktor Demidow, Leiter der Consulting-Abteilung bei FinExpertisa. Als Beispiel nennt er die Käseproduzenten. Wegen des schwachen Rubels ist die Konkurrenzfähigkeit ihrer Produkte im Vergleich zu den teureren importierten Käsesorten gestiegen. Allerdings könnten ihre in harter Währung finanzierten Produktionsanlagen diese Vorteile wieder zunichtemachen. „Der schwache Rubel erhöht die Kosten für die Modernisierung von Produktionsanlagen. Auch Rohstoffe und Komponenten, die für die Herstellung benötigt werden, sind teurer geworden", erklärt Demidow.
Die Nachteile überwiegen
Auch Georgij Ostapkowitsch sieht mehr Nachteile als Vorteile. Wegen des schwachen Rubels seien die Kosten im Maschinen- und Anlagenbau gestiegen. In diesen hochtechnologischen Bereichen ginge es nicht ohne Import, betont Ostapkowitsch. In der Konsumgüter-Industrie werden die Vorteile durch die Nachteile überlagert, weil auch diese Branche stark von Importen abhängt. „Abgesehen von der Rüstungsindustrie gibt es in Russland nicht so viele Unternehmen, die den ganzen Zyklus ihrer
Produktion mit russischer Ausrüstung und russischen Rohstoffen stemmen könnten. Daher ist die Situation insgesamt wenig erfreulich", sagt Ilja Balakirew, Chefanalyst bei UFS IC. Problematisch sei die Lage auch für Unternehmen, die Schulden in ausländischer Währung haben, so Balakirew.
„Auf den lokalen Märkten hingegen profitieren viele Branchen, sogar der Einzelhandel. Als der Rubel zum Neujahrsfest seinen Tiefpunkt erreichte, gab es einen regelrechten Ansturm auf die Geschäfte", berichtet Balakirew. Allerdings wird die Freude der Einzelhändler wohl nicht lange anhalten, schätzt er. Im neuen Jahr werde die Nachfrage eher zurückgehen, die Kosten für den Einkauf bei Großimporteuren seien deutlich gestiegen. Noch schütze der schwache Rubel die russischen Produzenten vor ausländischer Konkurrenz, so Balakirew. Doch der Schutz sei nicht umsonst zu bekommen. Er werde erkauft mit niedriger Kaufkraft auf dem Binnenmarkt, zudem „werden die Preise im Inland und auch die Arbeitskosten infolge der Rubelschwäche unweigerlich steigen. Daher ist die Situation für viele Unternehmer eher negativ als positiv", resümiert Balakirew.
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