Foto: RIA Novosti
Die Preise vieler Waren sind 2014 schneller gestiegen als die Inflationsrate, die die Statistikbehörde Rosstat mit 11,4 % beziffert hat. So legten Lebensmittelpreise im Schnitt um 15,4 % zu. Zum Höhepunkt des Anstiegs kam es im Dezember, als auch die stärksten Schwankungen der Währungskurse registriert wurden. Experten erklären dies durch die starke Abhängigkeit vom Import.
Nach Angaben der Statistikbehörde Rosstat sind Obst und Gemüse um 22 % teurer geworden. Im Winter wird für gewöhnlich das meiste Obst und Gemüse importiert. Wegen der von Russland eingeführten Sanktionen haben viele ein Defizit auf dem Markt erwartet, erklärt Julia Maruewa, Partner von Nielsen Russia. Das hat die Preise für zum Import zugelassenes Obst und Gemüse in die Höhe getrieben. Fleisch und Geflügel sind um 20,1 % teurer geworden, womit sie die Inflationsrate um fast das Doppelte übertroffen haben. Die Preise für Fisch sind um 19,1 % gestiegen. Hierbei spielt ebenfalls das Embargo für europäischen Fisch sowie Gerüchte über ein bevorstehendes Defizit eine Rolle. Die Preise für Milch und Milchprodukte sind im vergangenen Jahr um 14,4 % gestiegen.
„Neben der Unsicherheit heizen auch die gestiegenen Rohstoffkosten der Hersteller, die nicht selten ihre Vorprodukte aus dem Ausland einführen, die Inflation an. Hier spielt der starke Rückgang des Rubelkurses und die gestiegenen Preise der Rohstofflieferanten eine Rolle", erklärt Julia Maruewa.
Den größten Preisanstieg gab es im Dezember, als der Rubel gegenüber dem Dollar und Euro stark an Wert verlor. Den Nachhall dessen spürten die Käufer in den ersten zehn Tagen des neuen Jahres. Während der russischen Weihnachtsferien wurden die Lebensmittel im Durchschnitt nochmals um vier bis zehn Prozent teurer.
Die Teuerung hat bereits auch die Regierung auf den Plan gerufen. Premier Dmitri Medwedjew wies die zuständigen Beamten an, keine „ungerechtfertigten Preiserhöhungen" zuzulassen. Gegen den „grenzenlosen" Preisanstieg müssen die Strafverfolgungsbehörden und der Antimonopoldienst Russlands ankämpfen.
Weil der Rubelkurs gefallen ist, sind auch importierte Elektronikartikel und elektronische Haushaltsartikel teurer geworden. „Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Situation und der instabilen nationalen Währung sind die Preise seit Beginn 2014 um 30 bis 40 Prozent gestiegen", heißt es bei einem der größten russischen Elektronikmärkte M.Video. „Zurzeit sind die Preise stabil auf dem Niveau von Ende 2014."
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Angesichts des großen Preissprungs haben sich die Verkaufszahlen bei M.Video im Dezember zum Vorjahresmonat mehr als verdoppelt. Viele Russen versuchten so zumindest einen Teil ihrer Rubel-Ersparnisse zu retten. Andere, die bereits Dollar auf der hohen Kante hatten, witterten dagegen ein gutes Geschäft, weil die Preisentwicklung dem Dollarkurs hinterherhinkt.
Doch schon im Januar haben einige ihren Impulskauf bereut und versuchen nun, gekaufte Geräte wieder zurückzugeben. Wie bei M.Video bestätigt wurde, gibt es im Moment mehr Rückgaben als noch vor einem Jahr, auch wenn man noch nicht von einer Massentendenz sprechen kann. Andere versuchen, die Waren im Netz wieder zu Geld zu machen.
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Nicht weniger aktiv waren die Modehändler aufgrund des Anstiegs des Dollarkurses. Laut Darja Jadernaja, der Direktorin der Analyseabteilung der EsperGroup, sind die Preise für Kleidung im Marktdurchschnitt seit Mitte Dezember um 16,4 % gestiegen. Einige Hersteller, zum Beipsiel Zara (Anstieg um 27 %) und Massimo Dutti (Anstieg um mehr als 30 %) haben den Durchschnitt jedoch überschritten. „Sowohl ausländische als auch russische Hersteller haben die Preise angehoben, russische Hersteller lassen auch hauptsächlich im Ausland produzieren, meist in China", erklärt die Expertin. „Außerdem kaufen russische Unternehmen Rohstoffe und Ausrüstungen für ihre Fabriken im Ausland."
Die Experten sehen das Ende der Preisspirale noch nicht erreicht und sagen einen weiteren Anstieg der Inflationsrate voraus. Die Situation könnte sich lediglich durch eine spürbare Stabilisierung des Wechselkurses der Landeswährung ändern. Preisregulierungen dürften dagegen wenig effektiv sein.
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