Der Höhepunkt der Inflation wird im zweiten Quartal 2015 erwartet. Foto: Alexander Rumin/TASS
Im Januar 2015 hat der Verbraucherpreisindex in Russland auf das Jahr gerechnet um 15 Prozent zugelegt. Das zeigen Statistiken, die das Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung veröffentlicht hat. Nach Angaben des Ministeriums sind die Verbraucherpreise im Januar 2015 um 3,9 Prozent gestiegen und haben somit einen Höchstwert seit dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise in Russland im Februar 1999 erreicht. „Meistens ist mit einer galoppierenden Inflation eine Preissteigerung von zehn bis 100 Prozent, gerechnet auf das ganze Jahr, gemeint. Die russische Wirtschaft befindet sich seit Ende vergangenen Jahres in dieser Situation. Zum Inflationstreiber wurden die Lebensmittelpreise", sagt Timur Nigmatullin, Analyst der Investmentgesellschaft Finam.
Ursprünglich ging man beim Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung davon aus, dass die jährliche Inflationsrate im Januar 2015 bei höchstens 14 Prozent liege. Ausgehend von den neuen Statistiken für den Januar könnte sie nun noch höher ausfallen. Das Ministerium macht den schwachen Rubel und die niedrigen Erdölpreise für diese Entwicklung verantwortlich und rechnet bis zum Ende des zweiten Quartals 2015 mit einem weiteren Anstieg der Inflationsrate auf 17 bis 17,5 Prozent. Besonders stark gestiegen seien nach Angaben des Ministeriums die Lebensmittelpreise: Sie legten um 5,3 Prozent zu. Die Preise für Nicht-Lebensmittel sind um 3,2 Prozent, die für Dienstleistungen um 2,2 Prozent gestiegen.
„In den letzten Jahren war kein so hoher Inflationsdruck zu beobachten. Ein dermaßen gravierender Anstieg der Verbraucherpreise ist eindeutig mit dem eingebrochenen Erdölpreis und dem Wertverlust der russischen Währung um fast die Hälfte zu erklären", sagt Alexei Koslow, Chefanalyst bei UFS IC. Er sieht aber Anzeichen einer Erholung auf dem Währungsmarkt, der Rubelkurs stabilisiere sich allmählich wieder. Auch der Erdölpreis könnte wieder steigen. Beides würde sich positiv auf die Preisentwicklung auswirken, so Koslow. „Durch den schwachen Rubel war der Preisanstieg in diesem Jahr besonders stark", führt der Experte weiter aus und gibt gleichzeitig Entwarnung. Erheblich steigende Verbraucherpreise im Januar seien nicht ungewöhnlich. Ausgehend von den Wirtschaftsergebnissen des Januars sei es daher noch zu früh, eine negative Prognose für das ganze Jahr zu stellen. Koslow glaubt, dass die Inflationsrate auch wieder sinken könnte.
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Nach Schätzungen von UFS IC werden die Verbraucherpreise im laufenden Jahr um etwa zehn bis 12 Prozent zulegen. Elvira Nabiullina, Leiterin der russischen Zentralbank, prognostiziert in einem Interview mit „Bloomberg", dass die Inflation nach unerwartet hohen Spitzenwerten im Januar noch eine Weile zunehmen und im zweiten Quartal ihren Höhepunkt erreichen werde. Im weiteren Verlauf dürfte sie jedoch allmählich abflauen. Der Notenbank-Chefin zufolge war die zunehmende Inflation von Faktoren bedingt, die ihre Wirkung auf die Wirtschaf bereits entfaltet hätten. Es gebe keine neuen Entwicklungen, die zu einem weiteren schnellen Anstieg der Verbraucherpreise führen könnten.
Nigmatullin geht ebenfalls davon aus, dass die Nachwirkungen des drastischen Rubelverfalls und des seit August 2014 geltenden Einfuhrverbots für Lebensmittel aus der EU noch bis zum Ende des zweiten Quartals 2015 spürbar sein werden. Gleb Sadoja, Leiter des Analytik-
Abteilung bei der Profit Group, meint, dass in Zukunft verschiedene Faktoren zu Preissteigerungen führen könnten, unter anderem eine mit sinkenden Erdölpreisen einhergehende weitere Schwächung des Rubels oder weitere Sanktionen, die Russland drohen, falls der Ukraine-Konflikt nicht beigelegt werden sollte.
Die russische Bevölkerung beunruhigt die aktuellen Zahlen. Nach einer Umfrage des Fonds Öffentliche Meinung sorgen sich die Russen am meisten um die Wirtschaftslage, 23 Prozent, sowie um die hohe Inflation und steigende Preise, 22 Prozent. Jeder zehnte Einwohner des Landes erwähnt die niedrigen Löhne und das niedrige Lebensniveau. Weiteren zehn Prozent macht die Arbeitslosigkeit zu schaffen. Acht Prozent betrachten die Abhängigkeit der nationalen Wirtschaft von Rohstoffen, in erster Linie von Erdölexporten, als aktuell größtes Problem für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
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