Die Krise ändert die Weinkarte Russlands

Russische Weinproduzenten dürften vom schwachen Rubel profitieren. Foto: Michail Potschujew/TASS

Russische Weinproduzenten dürften vom schwachen Rubel profitieren. Foto: Michail Potschujew/TASS

Die russischen Weinimporteure sind dazu gezwungen, teilweise auf ausländische Weine zu verzichten. Der schwache Rubel treibt die Kosten in die Höhe. Die Krise können nur jene ausländischen Weine überstehen, die sich einer hohen Nachfrage erfreuen. Profitieren könnten nun russische Weinproduzenten, glauben Experten.

Anfang Februar hat der älteste Alkoholimporteur Russlands und zweitgrößter Importeur von französischen Weinen bekannt gegeben, dass fünf seiner Subunternehmen unmittelbar vor dem finanziellen Ruin stehen.

In finanzielle Schieflage gerieten die Gesellschaften mit dem Fall des Rubels. Bereits Mitte Dezember war ein Teil der russischen Importeure, darunter Simple, Roust und Sinergia, dazu gezwungen, die Auslieferung von Wein an ihre Handelspartner für einige Tage auszusetzen, um die Stabilisierung des Marktes abzuwarten.

Viele Vertragshandelsgesellschaften arbeiten auf Basis von Ratenzahlungen und verrechnen mit Lieferanten und Kunden zum Tageskurs. Zurzeit zahlen die Unternehmen daher den Wein, der im Sommer 2014 geliefert wurde ab, zu mittlerweile deutlich erhöhten Preisen. Im Sommer lag der Kurs des Euro bei 47 Rubel, in den Monaten Dezember und Januar schwankte er zwischen 77 und 100 Rubel.

Experten erwarten, dass eine Reihe von Importeuren ihre Tätigkeit in absehbarer Zeit einstellen müssen und der Einkauf von Importware erheblich zurückgehen werde. Bereits im Dezember brach der Import um 44 Prozent ein. Die Einzelhandelspreise stiegen um bis zu 50 Prozent. „Die Zahl der Importeure wird sich verringern, meiner Meinung nach um etwa 30 Prozent. Das Gesamtimportvolumen wird um ungefähr ein Drittel zurückgehen, vielleicht auch noch mehr", sagt Wadim Drobis, Direktor des Forschungszentrums für den föderalen und regionalen Alkoholmarkt Ciffra.

 

Sortimentsänderungen werden erwartet

Die Unternehmen sind gerade dabei, ihre Portfolios zu überprüfen und seltene Weinsorten, sowie weniger bekannte Marken aus dem Sortiment zu nehmen. Experten zufolge sei es aber noch zu früh für Spekulationen, ob Länder komplett aus dem Angebot herausfallen werden. Gefährdet sind vor allem kleinere weinproduzierende Länder wie Mazedonien, der Libanon,

Griechenland oder Portugal, deren Erzeugnisse bei den russischen Verbrauchern nicht sehr bekannt sind.

„Alle Importeure sind dazu gezwungen, ihr Sortiment zu kürzen", ist Irina Fomina, Vorstandsvorsitzende der Weinhandelsgesellschaft MBG, überzeugt. „Die Firmen werden nur jene Weine in ihrem Portfolio lassen, die einen hohen Umlauf haben, also schnell verkauft werden." Etwa 15 bis 20 Prozent der russischen Verbraucher entscheiden sich für teure Weine. Die übrigen Kunden ziehen eher preiswerte Sorten oder Weine aus dem mittleren Preissegment vor, wobei 60 Prozent dieser Weine aus russischer Produktion stammen.

„Der russische Verbraucher bevorzugt Weine aus Frankreich, Italien oder Spanien. Sie sind immer angesagt", so Drobis. „Danach folgen Länder der sogenannten Neuen Welt, wie Chile, Australien, Neuseeland oder Südafrika."

 

Eine Chance für russische Winzer

In Russland gebe es nach Angaben von Ciffra etwa 70 Weinproduzenten, zwölf davon stellten Weine der oberen Preiskategorie her. Die übrigen hätten sich auf das untere und mittlere Preissegment spezialisiert.

In diesem Preissegment sind die russischen Weinhersteller Experten zufolge im Vorteil, denn Billigimporte kann und wird es nicht geben. Die Hersteller von teuren russischen Weinen, vor allem aus der Region Krasnodar und der Oblast Rostow, können sich im oberen Preissegment festsetzen. Analoge

Importweine kosten aufgrund des Preisanstiegs zunehmend deutlich mehr als russische Premiumweine und werden so für die meisten Verbraucher unerschwinglich.

Einheimischen Produzenten selbst fehlt es jedoch noch an Optimismus. Bisher werden lediglich 40 Prozent der russischen Weine aus eigener Ernte produziert. 60 Prozent der Trauben kommen aus dem Ausland, hauptsächlich aus Südafrika, der Ukraine, Italien, Spanien, und anderen. „Wir haben vor, auf ein Drittel unserer Traubenimporte zu verzichten und stattdessen auf Produkte aus russischer Produktion einzusetzen, insbesondere von der Krim", berichtet Darja Domostrojewa, Direktorin für Öffentlichkeitsarbeit der Sektkellerei Abrau-Durso. Dies dürfte jedoch angesichts der abrupt gestiegenen Kosten keine große Hilfe sein. Die Produzenten verweisen darauf, dass praktisch jedes Element in der Weinherstellung, ob nun Flasche oder Korken, vom Preisanstieg betroffen sei. Die Etiketten, zum Beispiel, würden zum großen Teil auf finnischem Papier gedruckt. Selbst wenn das Papier nun aus Russland käme, so würde die Farbe für das Bedrucken für das Etikett aus Italien importiert. Abrau-Durso kauft Korken in Portugal. Der Draht, der die Sektkorken hält, kommt wiederum aus Italien. All das trägt dazu bei, dass der Preis des Endprodukts steigt.

 

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