South Stream: Warum zahlte Gazprom Millionen an EU-Partner?

 Gazprom hat an Beteiligten des Projekts "South Stream" eine Milliarde US-Dollar ausgezahlt.  Foto: Getty Images/Fotobank

Gazprom hat an Beteiligten des Projekts "South Stream" eine Milliarde US-Dollar ausgezahlt. Foto: Getty Images/Fotobank

Der russische Energiekonzern Gazprom hat an seine europäischen Partner eine Milliarde US-Dollar (rund 920 Millionen Euro) für Beteiligungen an dem eingestellten Pipeline-Projekt „South Stream“ ausgezahlt. Dahinter steckt offenbar die Absicht, ehemalige Projektpartner aus dem Westen für die Verlegung der neuen Gaspipeline durch die Türkei zu gewinnen.

Aus dem Jahresbericht von Gazprom für 2014 geht hervor, dass der Konzern 56,12 Milliarden Rubel (etwa 920 Millionen Euro zum Währungskurs vom Dezember 2014) an seine europäischen Partner für Beteiligungen an der Gaspipeline „South Stream" ausgezahlt hat. Profitiert haben die italienische Eni, die französische EDF und die deutsche Wintershall. Eine Verpflichtung, diese Beteiligungen auszukaufen, hatte der russische Konzern nicht. Experten glauben, dass der Gasmonopolist die Geschäftsbeziehungen zu seinen Partnern aufrechterhalten wollte.

 

Beziehungspflege in schwierigen Zeiten

„Gazprom ist nun Alleineigentümerin des gesamten Vermögens und der Aktiva, die zu diesem Projekt gehören", bemerkt Iwan Kapitonow, stellvertretender Leiter des Lehrstuhls für staatliche Wirtschaftsregulierung am Institut für Staatsdienst und -verwaltung der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Staatsdienst beim Präsidenten Russlands (RANEPA).  Dadurch können laut Kapitonow die Rohre, die bereits für das South-Stream-Projekt erworben wurden, für die Arbeiten an dem neuen Projekt „Turkish Stream" eingesetzt werden. Ursprünglich agierte die italienische Eni (50 Prozent) als Partnerin von Gazprom beim Bau der South Stream im Offshore-Bereich. Später übertrugen die Italiener je 15 Prozent auf die deutsche Wintershall und die französische EDF.

Kapitonow ist der Ansicht, dass Gazprom vor allem die Beziehungen zu Eni pflegen will. Denn der Konzern ist Hauptaktionär des italienischen Bauunternehmens Saipem, das für die Verlegung der Rohrleitungen zuständig ist. Italien hat der Saipem den Bau der Gaspipeline im Schwarzen Meer bereits genehmigt. So liegen die Pipeline-Legeschiffe der Saipem immer noch im bulgarischen Hafen Burgas vor Anker.

Zudem ist Gazprom nach Angaben der russischen Nachrichtenagentur Interfax an der Aufrechterhaltung des Vertrags mit Saipem insbesondere angesichts derzeitiger Wirtschaftssanktionen, welche die Europäische Union gegen die russische Erdöl- und Erdgasbranche verhängt hat, interessiert.

„Projektrisiken sind eine Sache, sie werden von allen Aktionären mitgetragen und können während der Umsetzung eines Projekts eintreten. Aber es ist noch einmal etwas ganz anderes, wenn der Hauptaktionär von sich aus dieses Projekt einstellt", bemerkt Dmitri Baranow, leitender Experte der Verwaltungsgesellschaft Finam Management. Er ist der Auffassung, dass Gazprom in diesem Fall völlig richtig gehandelt hat, indem das Unternehmen an die anderen Anteilseigner Abfindungen ausgezahlt hat.

 

Eine neue Pipeline ist in Sicht

Dem South-Stream-Projekt zufolge sollte der Offshore-Teil der Gaspipeline mit einer Transportleistung von 63 Milliarden Kubikmeter jährlich durch das Schwarze Meer bis nach Bulgarien gelegt werden. Anschließend sollte sie nach Südeuropa unter anderem in die Balkan-Länder verlaufen, nach Serbien und Mazedonien. Der russische Konzern nahm jedoch von dem Projekt Abstand wegen der Haltung Bulgariens, das auf Verlangen der EU-Kommission die Arbeiten an der Gaspipeline eingestellt hatte.

Die neue Gasleitung – Turkish Stream genannt – soll ebenfalls durch das Schwarze Meer verlegt werden, allerdings nicht nach Bulgarien, sondern in

die Türkei. Gemäß Vereinbarungen zwischen Russland und der Türkei wird ihr 660 Kilometer langer Offshore-Teil der South-Stream-Leitung entsprechen, Gazprom wird also keine Aufwendungen für neue Schürfungen auf dem Meeresgrund benötigen. Ferner wird die Pipeline zum europäischen Küstenteil der Türkei umgeleitet. Wie die Pressestelle von Gazprom mitteilte, sind demnächst Untersuchungen im türkischen Offshore-Teil der neuen Gaspipeline geplant. Der Konzern hat jedoch bislang nicht einmal eine Genehmigung der Türkei für den Beginn der Schürfungen erhalten, da die Türkei auf Preispräferenzen besteht.

Zuvor hatte sich Gazprom mit dem türkischen Ministerium für Energie und Naturressourcen auf die Route für die Gaspipeline geeinigt. Das Unternehmen erklärte RBTH, dass die Parteien sich auf die Kernpunkte der Festlandroute geeinigt und die letzten technischen Details besprochen hätten. Nun soll die Gaspipeline in der Umgebung von Kiyikoy an Land gehen und anschließend die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland in der Umgebung von Ipsala passieren. Derzeit führt Gazprom Verhandlungen über den weiteren Verlauf der Pipeline mit Griechenland.

 

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