Südeuropäische Staaten wollen das neue Turkish Stream-Projekt unterstützen. Foto: Reuters
Die Pläne für das Gaspipeline-Projekt Turkish Stream werden konkreter, berichtet die russische Wirtschaftszeitung „Kommersant". Die Pipeline soll auf dem Grund des Schwarzen Meeres verlaufen und von Russland aus Gas zuerst in die Türkei und danach in weitere südeuropäische Länder transportieren. Als Bauherr des Turkish Stream soll der russische Energiekonzern Gazprom fungieren.
In der ungarischen Hauptstadt Budapest trafen sich kürzlich die Außenminister von Griechenland, Serbien, Mazedonien, Ungarn und der Türkei, um über ihre Beteiligung an dem Projekt zu beraten, schreibt der „Kommersant". Bei dem Treffen soll laut Zeitungsquellen auch ein Vertreter der Europäischen Kommission als Beobachter zugegen gewesen sein. Am Ende Treffens wurde eine gemeinsame Erklärung über die Zusammenarbeit auf energiewirtschaftlichem Gebiet und die Diversifizierung der Lieferungen von Erdgas aus der Türkei in die europäischen Staaten unterzeichnet. Alexej Koslow, Chefanalyst bei UFS IC, sieht in dieser Erklärung einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Realisierung des Turkish Stream-Projekts: „Die Erklärung macht deutlich, dass das Projekt breite Unterstützung genießt. Die Chancen, dass es realisiert wird, sind mit der Unterzeichnung erheblich gestiegen."
In Ungarn einigten sich die fünf Außenminister auf die Durchführung weiterer Treffen auf die Bildung einer Expertengruppe zur Entwicklung der Infrastruktur für die geplante Pipeline. Die Expertengruppe soll sich zudem mit Finanzierungsfragen befassen. Fragen über die konkrete Beteiligung der einzelnen Staaten sollen gesondert diskutiert werden.
Durch den Turkish Stream sollen nach seiner Fertigstellung bis zu 63 Milliarden Kubikmeter Gas strömen. 47 Milliarden Kubikmeter sollen an Verteilpunkte in der Türkei und Griechenland transportiert werden, sie sind für europäische Kunden vorgesehen. Durch den Turkish Stream will sich Gazprom von der Ukraine als Transitland für russisches Gas nach Europa unabhängig machen.
Anton Soroko, Analyst bei der Investmentholding FINAM, ist der Meinung, dass die Nachfrage nach russischem Erdgas in den Ländern Südeuropas durch das neue Projekt befriedigt werden könne. Die Türkei werde zu einem Großabnehmer aufsteigen.
Bulgarien, wichtiger Akteur bei der Realisierung des South Stream-Projekts, nahm an dem Treffen in Budapest nicht teil. Sofia hatte zuletzt, wohl auch auf Druck der Europäischen Kommission hin, immer wieder die Bauarbeiten an der Pipeline verzögert. Dies führte schließlich zum Aus des Projekts, das ursprünglich russisches Gas von der bulgarischen Küste aus in südeuropäische Staaten wie Serbien und Mazedonien transportieren sollte. Das Beispiel Bulgarien habe gezeigt, „dass das das Land am Gängelband des Westens" hänge, meint Alexej Koslow.
Das Turkish Stream soll meeresseitig auf einer Strecke von 660 Kilometern dem geplanten Trassenverlauf des South Stream folgen. Das spart Kosten.
Im weiteren Verlauf soll die neue Pipeline bis zur europäischen Küste der Türkei führen. Kosten hat dagegen Gazprom Kauf von Anteilen am Betreiberkonsortium verursacht. Rund 925 Millionen Euro hat Gazprom nach eigenen Angaben an die europäischen Partner des gescheiterten South Stream-Projekts überwiesen.
Anton Soroko hält es für möglich, dass die EU auch beim Turkish Stream ihren Einfluss geltend machen könnte. Eine Realisierung des Projekts hält der Analyst jedoch für mehr als wahrscheinlich. Allerdings betonte der griechische Premierminister Alexis Tsipras bei seinem Moskau-Besuch, dass auch der Turkish Stream unter „strikter Einhaltung der Gesetze der EU" verwirklicht werden müsse. Gleichzeitig sagte er Russland die volle Unterstützung Griechenlands bei dem Projekt zu.
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