EU-Sanktionen: Russische Unternehmen und Bürger wehren sich vor Gericht

Unter den Klägern befindet sich auch der russische Milliardär Arkadij Rotenberg (L). Foto:Stanislaw Krasilnikow/TASS

Unter den Klägern befindet sich auch der russische Milliardär Arkadij Rotenberg (L). Foto:Stanislaw Krasilnikow/TASS

Russische Unternehmen und Privatleute, die auf den EU-Sanktionslisten stehen, klagen nun vor dem Europäischen Gerichtshof. Aussicht auf Erfolg ist gegeben, wie der Fall der iranischen Bank Mellat zeigt, die in der Vergangenheit eine Aufhebung der Sanktionen gegen sie erreichen konnte.

Einige russische Unternehmen und Privatpersonen, die im Zusammenhang mit der Krim-Eingliederung und der Ukraine-Krise auf die Sanktionslisten westlicher Staaten gelangt sind, haben dagegen vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Ziel ist eine Aufhebung der Sanktionen. Unter den Klägern befindet sich auch der russische Milliardär Arkadij Rotenberg, der als enger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt, berichtet das russische Magazin „Kommersant-Wlast". Nach Angaben der italienischen Zeitung „Corriere della Sera" habe die italienische Regierung im Herbst 2014 die Aktiva eingefroren und Immobilien des russischen Milliardärs im Wert von rund 30 Millionen Euro beschlagnahmt. Jurij Worobjow, Partner der Beratungsgesellschaft Pepeljajew Group, erklärt die Gründe für die Klage: „In erster Linie sind die Kriterien nicht eindeutig definiert, die dazu geführt haben, dass der eine oder andere auf die Sanktionsliste gelangt ist. Es gibt daher eine Vielzahl von Gründen, die Sanktionen gegen einzelne Personen anzufechten."

Einige der von den Sanktionen betroffenen russischen Staatsbürger stellten zudem Anträge mit zusätzlichen Anmerkungen direkt an den Europäischen Rat. Im vergangenen Jahr hatten mehrere ukrainische Politiker Erfolg mit dieser Vorgehensweise. Unter anderem wurden der Sohn des ehemaligen Premierministers der Ukraine Alexej Asarow und weitere Personen aus Syrien und Lybien, so auch der Cousin des ehemaligen Machthabers Muammar al-Gaddafi, von den Listen entfernt. Jewgenij Raschtschewskij, Partner in der Rechtsanwaltskanzlei Jegorow, Puginskik, Afanasjew und Partner, erklärte: „Bisherige Gerichtsentscheidungen aufgrund derer Sanktionen aufgehoben wurden, könnten sich auf den Ausgang zukünftiger Fälle auswirken."

Russische Unternehmen, die ebenfalls von Sanktionen betroffen sind, folgen dem Beispiel. Bereits im Oktober 2014 klagte Rosneft, die größte Erdölfördergesellschaft Russlands, gegen die verhängten EU-Sanktionen. Zwei Wochen später wandten sich die größten russischen Staatsbanken Sberbank, VTB, VEB und die Erdölgesellschaft Gazprom Neft, die ebenfalls auf den Sanktionslisten stehen, mit entsprechenden Klagen an das Gericht.

Der Europäische Rat hatte unter anderem den Zugang zum Kapitalmarkt der EU für einige große russische Staatsbanken und russische Unternehmen stark eingeschränkt. So wurde zum Beispiel die Ausgabe von Aktien und Anleihen in der EU verboten, ebenso wie die Vergabe von Krediten mit einer Laufzeit von mehr als 30 Tagen.

 

Geringe Erfolgsaussichten für Politiker

Jurij Worobjow sieht die Aussichten einer Klage für Unternehmen und Privatleute positiv, Politiker werden seiner Einschätzung nach wohl eher keinen Erfolg haben. Auf den Sanktionslisten stehen vor allem Unternehmen und Geschäftsleute, denen enge Verbindungen zur Regierung der Russischen Föderation nachgesagt werden. „Die Begründungen für den Erlass von Sanktionen gegen diese Gruppe sind nicht besonders überzeugend. Eine Verbindung zu den Ereignissen, die zu den Sanktionen gegen Russland geführt haben, ist nicht immer offensichtlich", meint Worobjow.

Einen Präzedenzfall für die russischen Akteure könnte die Erfahrung iranischer Gesellschaften liefern. Der Iran habe einige EU-Sanktionen rückgängig machen können, sagt der Direktor der internationalen Rechtsabteilung der IPT Group Alexej Mosschuchow. Im Jahr 2013 bearbeitete der Europäische Gerichtshof 42 entsprechende Klagen, größtenteils im Zusammenhang mit Sanktionen gegen den Iran. In 15 Fällen

entschied das Gericht zugunsten der Kläger, etwa im Fall der iranischen Bank Mellat. Das Gericht stellte fest, dass die Bank zu Unrecht verdächtigt worden sei, mit dem iranischen Atomprogramm in Verbindung zu stehen.

Worobjow weist jedoch darauf hin, dass die Begründungen für die Einführung von Sanktionen gegen den Iran auf der einen Seite sowie gegen Russland und russische Unternehmen und Bürger auf der anderen Seite doch recht unterschiedlich gewesen und die Fälle daher nicht vergleichbar seien. Dennoch zeige sich, dass es sich lohnen könne, gegen die Sanktionen gerichtlich vorzugehen. Mosschuchow geht davon aus, dass ein Gerichtsverfahren mindestens ein Jahr dauern werde. Bis dahin „wird sich die geopolitische Lage sicherlich in irgendeine Richtung gewendet haben und die Angelegenheit könnte sich von selbst erledigen".

 

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