Russland will Renteneinlagen für Infrastrukturprojekte nutzen

Russland will mit Rentengeldern Investitionen finanzieren. Foto: Ruslan Kriwobok/RIA Novosti

Russland will mit Rentengeldern Investitionen finanzieren. Foto: Ruslan Kriwobok/RIA Novosti

Das russische Rentensystem wird weiterhin auf zwei Säulen basieren, erklärte Premierminister Dmitri Medwedjew. Mit den Erträgen aus den Rentenfonds sollen zukünftig vermehrt Infrastrukturprojekte finanziert werden. Experten mahnen dabei zur sorgfältigen Prüfung, damit das Geld nicht verloren geht.

In Russland wurde über eine Rentenreform beraten. Das Ergebnis: Russland hält an seinem Rentensystem fest und setzt bei der Finanzierung von Investitionsprojekten verstärkt auf Gelder aus den russischen Rentenfonds. Das erklärte Russlands Premierminister Dmitrij Medwedjew laut einem Bericht der russischen Wirtschaftszeitung Wedomosti.

Die Rentenfonds seien „eine Quelle langfristiger Mittel nicht nur zur Förderung von Investitionen angesichts des fehlenden Zugangs zu Finanzmärkten, die für Russland verschlossen sind", soll Medwedjew gesagt haben. Im derzeitigen System werden die Rentenbeiträge, die von den Arbeitgebern abgeführt werden, in zwei Teile geteilt. Ein Teil von 16 Prozent des Gehalts wird für die Zahlung der laufenden Renten ausgegeben, weitere sechs Prozent fließen in Fonds. „Weltweit sind Rentenfonds eine der wichtigsten Quellen langfristiger Investitionen in die Wirtschaft und unter bestimmten Voraussetzungen wird dies auch in Russland so sein", sagte die stellvertretende Direktorin des nichtstaatlichen Rentenfonds der Sberbank, Elena Titjunina. Ihrer Ansicht nach sei eines der Ziele der Rentenreform gewesen, eine solche Quelle „langfristiger Gelder" für die Wirtschaft zu erschließen.

Wie der russische Finanzminister Anton Siluanow auf einer Kabinettssitzung erklärte, könnten seit Beginn 2015 auch private Projekte mit Mitteln aus den Rentenfonds finanziert werden. Auf diese Weise werde zum Beispiel das Flüssigerdgas-Projekt Jamal LNG gefördert, das nach der Fertigstellung der Anlage eine jährliche Kapazität von 16,5 Millionen Tonnen haben soll.

 

Investitionskapital aus dem eigenen Land

„Anders als bei gewöhnlichen Einlagen sind die Rentengelder an eine durchschnittliche Laufzeit von 25 Jahren gebunden. Daher können mit Renteneinlagen Infrastrukturprojekte finanziert werden", erklärt Alexander Safonow, Prorektor der Russischen Akademie für Wirtschaft und Verwaltung. Unter anderem solle so die Rekonstruktion der Eisenbahnlinie BAM-2 aus dem Fernen Osten in den europäischen Teil Russlands finanziert werden, berichtet er. Dies würde es ermöglichen, das Güteraufkommen im Eisenbahnverkehr in Richtung China, Südkorea und Japan zu steigern. Auch das staatliche Unternehmen Rosneft überlege laut Safonow, die Rentenfonds als eine Finanzierungsquelle für die Erschließung arktischer Erdölvorkommen zu nutzen. „Die Schließung westlicher Kapitalmärkte für Finanzierung und Refinanzierung wirkt geradezu wie ein Katalysator für die Aufbringung von Investmentkapital aus dem eigenen Land", sagt Walerij Winogradow, Berater des Präsidenten der Nationalen Vereinigung nichtstaatlicher Rentenfonds und Leiter des Zentrums für Information und Kommunikation des Rentenmarkts. Nach seinen Angaben beträgt das Gesamtvolumen der Einlagen und Reserven aller Rentenfonds vier Trillionen Rubel, also etwa 70 Milliarden Euro, was mit dem Gesamtvolumen der russischen Staatsfonds vergleichbar ist.

Safonow weist jedoch auf bestehende Probleme hin. Aus einer Untersuchung der Zentralbank gehe hervor, dass das Niveau der Finanzverwaltung in den nichtstaatlichen Rentenfonds oft Professionalität vermissen lasse. So seien zum Beispiel bei einem Fonds die Zahlungen von

fünf Millionen Kunden nicht ordnungsgemäß verbucht worden. Darüber hinaus sei es den nichtstaatlichen Pensionsfonds grundsätzlich verboten, in Innovationsprojekte zu investieren. „In den USA und anderen hochentwickelten Industrienationen dienen die Renteneinlagen jedoch als eine der Hauptfinanzierungsquellen solcher Projekte", sagt er. Die russische Regierung will nun Änderungen an der Geschäftsordnung nichtstaatlicher Rentenfonds erlauben, um langfristige Projektfinanzierungen zu ermöglichen. Dazu sollten die Gelder in den Fonds in Aktien, Anleihen und andere Finanzinstrumente zur Wirtschaftsförderung investiert werden dürfen. Nach Angaben des Finanzministeriums würden den Finanzmärkten infolge dieser Maßnahmen jährlich zwischen 350 und 400 Milliarden Rubel, also umgerechnet etwa sechs bis sieben Milliarden Euro, zur Verfügung stehen.

Eine mögliche Richtung bei der Investition der Mittel aus den nichtstaatlichen Rentenfonds ist der Kauf von Infrastrukturanleihen. Dabei handelt es sich um Wertpapiere mit dem Ziel, Infrastrukturobjekte zu finanzieren. Investitionen in Infrastrukturprojekte setzten aber eine gründliche Prüfung voraus, betont Winogradow. „Es darf nicht passieren, dass diese Gelder verloren gehen. Denn es geht dabei um die Renten zukünftiger Generationen", sagt er.

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