Trotz diplomatischer Eiszeit steigt die Teilnehmerzahl des Petersburger Wirtschaftsforums kontinuierlich. Foto: Wladimir Smirnow/TASS
Von Donnerstag bis einschließlich Samstag findet in Sankt Petersburg das internationale Wirtschaftsforum statt. Im vergangenen Jahr hatten aufgrund des Konfliktes in der Ukraine die Chefs der größten europäischen und amerikanischen Konzerne ihre Teilnahme am Forum abgesagt, darunter die Vorstände von Boeing, Goldman Sachs, Siemens und ConocoPhillips, insgesamt 16 Personen, die gemeinhin als die Elite der Geschäftswelt gelten. Die Bedeutung dieses Wirtschaftsforums schmälerte das jedoch nicht: Trotz des Boykotts verzeichnete das Forum 7 500 Teilnehmer und 175 Geschäftsabschlüsse mit einem Gesamtwert von umgerechnet 6,4 Milliarden Euro.
Das Programm des Sankt Petersburger Forums wechselt von Jahr zu Jahr. Ende November steht bereits ein grobes Gerüst fest, danach wird es im Detail ausgearbeitet. Die inhaltlichen Schwerpunkte, aus denen sich das Programmkonzept ergibt, sind dabei über die Jahre hinweg fast unverändert geblieben. Zum einen wird die globale Wirtschaft mit ihren aktuellen sowie zukünftigen Herausforderungen behandelt. Zum anderen steht die russische Wirtschaft im Fokus mit den Themen, die sie aktuell bewegt. Die Veranstalter geben dem Forum ein eigenes Profil, indem alle angesprochenen Themen von einem anderen Standpunkt aus beleuchtet werden als auf den Wirtschaftsforen in Krasnojarsk und Sotschi. Das Petersburger Forum bemüht sich insbesondere, die russische Wirtschaft von außen zu betrachten.
Der dritte Schwerpunkt ist die traditionelle Ausrichtung des Forums auf innovative Technologien. Dabei orientieren sich die Organisatoren an den Branchenführern wie IBM, Microsoft, Cisco und Google, den russischen Gesellschaften IBS und 1С, den größten Automobilkonzernen, großen Industriekonzernen und Marktführern im Bereich des Internethandels. In diesem Jahr kommt nun noch ein vierter Schwerpunkt hinzu: die effektive Nutzung von Humankapital.
Bis vergangene Woche Montag hatten ungefähr 1 000 Unternehmen ihre Teilnahme am Forum bestätigt, 440 Teilnehmer kommen aus dem Ausland. Im vergangenen Jahr hatten noch deutlich weniger Unternehmen teilgenommen. 180 ausländische Firmenchefs haben sich bisher für eine persönliche Teilnahme registriert, im Jahr zuvor waren es 150. Gesondert betrachtet werden zudem jene Teilnehmer, deren Unternehmen auf den Listen von „Forbes" und „Fortune" zu finden sind. Die Zahl dieser Unternehmensvertreter hat sich im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert.
Erwartet werden Gesellschaften aus Europa und den USA, aber auch aus dem asiatisch-pazifischen und dem arabischen Raum. Insbesondere zeigen Länder wie China, Indonesien, Malaysia und Japan verstärkt Interesse an der Veranstaltung. Bereits 2014 hatte sich die Zahl der asiatischen Teilnehmer des Sankt Petersburger Wirtschaftsforums im Vergleich zu 2013 verdoppelt. Diese Tendenz wird 2015 offenbar fortgeführt werden. Der Erfolg des jährlich stattfindenden Forums könne nur mit dem großen Interesse der Teilnehmer erklärt werden, sagen die Veranstalter. Sie sehen den Grund dafür im Konzept des Forums, das auf die Interessen der Teilnehmer aufbaue. Es sei zudem wichtig, wie Experten die Diskussion auf allen Ebenen einschätzten, ob sie ihre Positionen äußern und einander verstehen könnten.
Das Forum in Sankt Petersburg findet seit 1997 jährlich statt. Zu Beginn fehlte der Veranstaltung die internationale Ausrichtung, obwohl schon an der ersten Ausgabe insgesamt 1 500 Personen aus 50 Ländern teilnahmen. Bereits ein Jahr später wurde für die Durchführung des Forums ein gleichnamiger internationaler Fond geschaffen, der durch den späteren Minister für wirtschaftliche Entwicklung und Handel und dem heutigen Sberbank-Chef German Gref geleitet wurde. 2005 wurde das Forum zum ersten Mal vom russischen Präsidenten Wladimir Putin besucht und hat seither Präsidentenstatus. Auch der ehemalige Präsident Dmitrij Medwedjew besuchte das Forum in seiner Amtszeit zwischen 2008 und 2012.
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