Sankt Petersburg: Tony Blair fordert bessere Umsetzung von Reformen

Großbritanniens Ex-Premierminister Tony Blair: "Die Umsetzung von Verwaltungsreformen müsse besser kontrolliert werden." Foto: Sergej Sawostjanow/TASS

Großbritanniens Ex-Premierminister Tony Blair: "Die Umsetzung von Verwaltungsreformen müsse besser kontrolliert werden." Foto: Sergej Sawostjanow/TASS

Zur Überwindung der Krise sind Verwaltungsreformen notwendig. Was das konkret bedeutet, diskutierten hochkarätige Panellisten auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. Großbritanniens Ex-Premierminister Tony Blair sagte, die Umsetzung von Verwaltungsreformen müsse besser kontrolliert werden.

Der ehemalige britische Premierminister Tony Blair war zu Gast beim Internationalen Wirtschaftsforum in Sankt Petersburg. Blair sprach während einer Podiumsdiskussion zum Thema Verwaltungsreform als notwendiges Mittel zur Bekämpfung der Krise über den Zusammenhang zwischen Reformbereitschaft und wirtschaftlicher Entwicklung von Staaten. Er empfahl, Reformen nicht nur zu beschließen, sondern auch deren konsequente Umsetzung zu kontrollieren.

Tony Blair berichtete von seinen Erfahrungen mit einem Gremium zur Optimierung der Verwaltung. Nach seiner Wahl zum Premierminister wurde mit der Delivery Union eine neue Behörde gegründet. „Ich wurde Premierminister, nachdem die Labour-Partei 18 Jahre lang in der Opposition war, deshalb wurde von mir ein Höchstmaß an Effektivität verlangt", erinnerte sich Blair. Bei der Besetzung der Behörde sei es wichtig gewesen, dass sich Beamte und Wirtschaftsvertreter im Bereich des jeweils anderen auskennen.

German Gref, Vorstandsvorsitzender der größten russischen Bank Sberbank und ehemaliger Minister für Wirtschaftsentwicklung Russlands, teilt Blairs Ansicht: „Erfolgreiche Staaten unterscheiden sich von erfolglosen ausschließlich durch die Qualität ihrer Verwaltung. Wir kennen viele Beispiele für Länder, die reich an natürlichen Ressourcen sind und trotzdem über Jahrhunderte hinweg arm blieben", erklärte Gref. Anderseits gebe es Staaten, die innerhalb kürzester Zeit zu Wohlstand gekommen seien, obwohl es ihnen an Ressourcen mangele. Als Beispiel führte Gref Malaysia an. Nach einer Verwaltungsreform sei das Bruttoinlandsprodukt des Landes pro Jahr um zehn Prozent gestiegen.

Sberbank-Vorstandsvorsitzender German Gref (R): „Erfolgreiche Staaten unterscheiden sich von erfolglosen ausschließlich durch die Qualität ihrer Verwaltung". Foto: Sergej Sawostjanow/TASS

Dominic Barton, Geschäftsführer bei McKinsey & Company, nennt die Qualität der Verwaltung einen der wichtigsten Faktoren für Wirtschaftswachstum. Es reiche nicht, dass ein Staat über die notwendige Infrastruktur und die Mittel für eine Reform verfüge. Wenn das Know-how fehle, wie die Reformen umgesetzt werden könnten, sei deren Einführung vergebens, so Barton. Er definiert eine Checkliste für erfolgreiche Reformen. Erstens sei es notwendig, sich auf wenige Entwicklungsprioritäten zu beschränken. So seien zum Beispiel für die Reformen in Malaysia sieben Prioritäten festgelegt worden, unter anderem habe man den Fokus auf die Verringerung der Kriminalität gelegt. In Kolumbien seien acht Reformziele festgelegt worden. Zweitens sei es notwendig, die Arbeitseffektivität ständig zu überprüfen. In Malaysia geschehe dies jeweils montags durch Premierminister Najib Razak, sagt Barton. Drittens rät er dazu, ein spezielles Gremium für die Umsetzung der Reformen zu gründen.

 

Russlands Verwaltung ist überlastet

Die britischen Erfahrungen seien von der russischen Regierung bei der Verwaltungsreform Anfang des neuen Jahrtausends durchaus studiert worden, sagt Alexej Kudrin, der Vorsitzende der Organisation „Komitee für Bürgerinitiativen" und ehemaliger Finanzminister, jedoch ohne konkrete Auswirkungen auf die russischen Reformen zu haben. „Das im Jahr 2010 ausgearbeitete Konzept der langfristigen Entwicklung Russlands bis zum Jahr 2020 wurde auf den einzelnen Gebieten lediglich zu 15 bis 20 Prozent umgesetzt", so Kudrin, der die Ursache dafür im System sieht.

Michail Abysow, Minister für den Aufbau der „offenen Regierung", einer Sonderbehörde des russischen Ministerkabinetts, die zur Gewährleistung einer größeren Transparenz der staatlichen Verwaltung eingerichtet wurde, erklärt, dass die Umsetzung der Reformen mehrere Jahre in Anspruch nehmen werde. „In einigen Parametern hängt die Effizienz russischer Behörden hinter denen anderer Länder zurück", stellt er fest. Er sieht das größte Problem in einer Überlastung der Verwaltung. Der Staat habe in Russland zu viele Aufgaben zu erfüllen. Abysow, der auch ein erfolgreicher Unternehmer ist, berichtet, dass die russische Regierung alleine im vergangenen Jahr 25 000 Dokumente verabschiedet habe. Um zu überprüfen, in welcher Qualität diese umgesetzt werden, bedürfe es mindestens noch einer weiteren Regierung, glaubt er.

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