Subventionierung: Russland wird zum Bauernstaat

In Russland gibt es immer mehr Bauern. Der Staat subventioniert die landwirtschaftliche Produktion mit Zuschüssen. Der Agrarsektor ist ein lohnendes Feld, nicht zuletzt, da wegen des Lebensmittel-Embargos die Nachfrage nach russischer Produktion stark gestiegen ist.

In Russland steigt die Zahl der Landwirte und bäuerlichen Betriebe rasant. Im Jahr 2014 gab es insgesamt 3 000 Neueintragungen – allein im ersten Quartal 2015 nach Angaben des föderalen Steuerdienstes bereits 4 670. Natalia Swerewa, Direktorin der Stiftung Nashe buduscheje (zu Deutsch: „Unsere Zukunft“) für soziale regionale Programme, erklärt den Anstieg damit, dass selbst Eigentümer von Schrebergärten diese als bäuerlichen Betrieb anmelden würden, um staatliche Fördergelder abzugreifen.

Denn das Agrarförderprogramm wurde bereits 2012 verabschiedet, wie Olga Baschmatschnikowa, Vorsitzende der russischen Agrarpartei, hinzufügt. Aber erst in diesem Jahr sei das Interesse daran deutlich gestiegen, sagt sie. Der Zuschuss für die Bauern liegt durchschnittlich bei 1,5 Millionen Rubel (rund 21 400 Euro).  Zu 60 Prozent werden die Zuschüsse von Viehzuchtfarmen und zu 40 Prozent von Ackerbauern beantragt, von denen ein Viertel Getreide anbaut.

 

Große Nachfrage nach russischer Produktion

Die Fördergelder können beim Aufbau der Landwirtschaft eine große Erleichterung sein, meinen von RBTH befragte Bauern. Elena Schtscherbakowa aus der Altai-Region hat ihre Geflügelzucht am 15. Juli als bäuerlichen Betrieb angemeldet. „Ich erhoffe mir davon vor allem, die staatlichen Fördergelder zu bekommen“, sagt Schtscherbakowa offen. Das Geld soll zu Produktionszwecken in eine neue Brutanalage investiert werden. „Das ist eine kostspielige Angelegenheit. Eine Brutanlage kostet um die 540 000 Rubel (etwa 7 700 Euro)“, erklärt die Geflügelzüchterin.   

Milchbauer Juri Orlow in Mordowien hat bereits staatliche Förderung bekommen. Mit dem Geld kaufte er 15 Milchkühe und richtete einen Stall ein. Nun hofft er auf weitere Zuschüsse aus dem Programm zur Entwicklung familiengeführter Viehzuchtbetriebe, Gelder, die den russischen Regionen aus dem föderalen Haushalt bereitgestellt werden. Die Einzelförderung liegt bei drei bis sieben Millionen Rubel (rund 43 000 bis 100 000 Euro). Damit können die Produktionsanlagen modernisiert und Kapazitäten gesteigert werden.   

Das lohnt sich, denn die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Produkten ist in Russland gestiegen, nicht zuletzt wegen des russischen Einfuhrverbots für bestimmte Lebensmittel aus dem Ausland. „Das Lebensmittel-Embargo hat in den Regalen der größten Supermärkte für Produkte russischer Herkunft Platz geschaffen. Wir haben uns am eigenen Beispiel davon überzeugt, dass die Nachfrage nach russischen Lebensmitteln zusehends gestiegen ist, seitdem im Sommer vergangenen Jahres die Sanktionen verhängt worden sind“, sagt Michail Nikolajew, Seniorchef des Käseherstellers Nikolajew und Söhne und der Winzerei Lefkadia.

Nach seinen Informationen hat sich die Anzahl der Russen, die Käse aus heimischer Produktion kaufen, in einem Jahr verdoppelt und liegt nun bei 40 Prozent. Nikolajew konnte die Nachfrage des Großhandels kaum noch bedienen und hat daher Ende 2014 seine Produktionskapazitäten ausgebaut.

Großes Entwicklungspotenzial

Experten zufolge liegen in Russland bis zu 40 Millionen Hektar potenzieller landwirtschaftlicher Nutzflächen brach. Nach Angaben der russischen Vereinigung der bäuerlichen Betriebe Akkor lag der Anteil landwirtschaftlicher Produkte aus privater Produktion im Jahr 2014 bei 51,4 Prozent. Wenn das Lebensmittel-Embargo nicht aufgehoben wird und es noch mehr finanzielle Unterstützung für die Landwirte gibt, könnte der Anteil sogar noch steigen, meinen die Landwirte.

Die bisher zur Verfügung stehenden staatlichen Fördergelder würden nicht reichen, erklärt Olga Baschmatschnikowa, stellvertretende Direktorin von Akkor, obwohl in diesem Jahr die Summe der Zuschüsse von 1,9 Milliarden Rubel (etwa 27,1 Millionen Euro) auf 3,2 Milliarden Rubel (etwa 45,7 Millionen Euro) erhöht worden ist. Um allen Anträgen stattgeben zu können, wären laut Baschmatschnikowa 25 Milliarden Rubel (etwa 357 Millionen Euro) erforderlich. Durchschnittlich kämpfen je nach Region sieben bis zehn Bewerber um den Zuschlag für eine  Förderung. Doch das  russische Landwirtschaftsministerium hat bereits Abhilfe versprochen: In den kommenden fünf Jahren sollen für die Förderung der landwirtschaftlichen Produktion etwa zwei Billion Rubel (rund 28,5 Milliarden Euro) bereitgestellt werden.

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