Ölpreis: Wo liegt die Schmerzgrenze?

BP’s willingness to pursue the new arrangement with Rosneft in 2015. Source: Getty Images / Fotobank

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Die Rückkehr des Irans auf den Ölmarkt lässt den Ölpreis auf unter 30 US-Dollar pro Barrel verharren. Die russische Ölbranche blieb in Anbetracht dessen dennoch ruhig – sie rechnet erst ab 15 US-Dollar mit ernsten Konsequenzen für die eigenen Konzerne.

Seit Jahresbeginn stürzte der Ölpreis kontinuierlich ab. Während UBS-Analysten davon ausgehen, dass der Ölpreis im Laufe des gesamten ersten Halbjahres gleichbleibend stabil bleibt, gehen Fachleute der britischen Standard Chartered Bank von einem Preissturz um weitere 20 US-Dollar bis auf zehn US-Dollar pro Barrel (159 Liter) aus.

Das russische Energieministerium forderte Ende Dezember führende russische Ölgesellschaften auf, ein Stressszenario bei 30 US-Dollar pro Barrel durchzurechnen. Bislang wird das Ergebnis geheim gehalten, allerdings kann man aus Verlautbarungen renommierter russischer Analysten schließen, dass die Konzerne einen Preis von 30 US-Dollar pro Barrel nicht als kritisch empfinden und auch niedrigere Rohstoffpreise aushalten würden.

Grenzkosten der Konzerne

Laut dem Pressesprecher des Konzerns, Michail Leontjew, liegt in seiner Gesellschaft bereits ein Stressszenario ausgehend von einem Ölpreis von 30 US-Dollar pro Barrel vor. Trotz dieses Preises sei die Erdölförderung auf dem Schelf für den Konzern nach wie vor lukrativ, erklärte Leontjew. Details der Kalkulation wollte der Sprecher aber nicht offenlegen.

Vertreter von Lukoil, Gazprom Neft, Surgutneftegaz und anderen Ölkonzernen wollten die Ergebnisse ihrer Stressszenarien nicht kommentieren. Wie aber ein Vertreter von Rosneft „RBC“ erzählte, hielten es die führenden russischen Ölgesellschaften derzeit nicht für nötig, ihre Investitionspläne und das operative Management bei einem Barrelpreis der Erdölmarke Brent über 25 US-Dollar abzuändern.

Rosneft-Präsident Igor Setschin sprach im Herbst vergangenen Jahres davon, dass die Erdölförderung bis zu einem Minimalpreis von vier US-Dollar pro Barrel nach Abzug von Steuern und Transportkosten wirtschaftlich bleibe. Er stellte klar, dass seine Gesellschaft daher weiterhin bereit sei, um ihren Marktanteil zu kämpfen.

Eine interne Quelle von Lukoil sagte „RBC“, der Ölkonzern gehe bei einem Stressszenario mit einem Ölpreis von 30 US-Dollar pro Barrel von einer Investitionsminderung um 20 Prozentpunkte aus. Die Produktionskosten der Gesellschaft liegen bei 24 US-Dollar pro Barrel, wie Lukoil-Präsident Wagit Alekperow im September in einem Interview mit der russischen Tageszeitung „Wedomosti“ erklärt hatte.

Laut einem internen Rundschreiben des Ölkonzerns macht die Rubelentwertung die Ölförderung in Russland um 35 Prozent preiswerter. Die Herstellungskosten zur Erdölgewinnung beziffert das Schreiben nach Abzug von Steuern und anfallenden Transportkosten auf 3,68 US-Dollar pro Barrel. Selbst einen Barrelpreis von neun bis zwölf US-Dollar könnte der Konzern verkraften und Gehälter weiter auszahlen, wie Alekperow bei der Neujahrspressekonferenz von Lukoil betonte. Allerdings würde solch ein niedriger Preis zu einem Investitionsstopp und zur Reduzierung der Erdölförderung führen, warnte der Konzernchef.

Alexander Djukow, Präsident von Gazprom Neft, erklärte Ende Dezember in einem Interview mit dem russischen Fernsehsender Rossija 24, dass die Erdölförderung im Schelf auf dem Vorkommen Priraslomnoje in der arktischen Petschorasee bis zu einem Preis von 25 US-Dollar lukrativ sei. Sein Unternehmen werde auch bei einem Preis von 18 bis 20 US-Dollar pro Barrel weiterhin fördern, betonte Djukow. Dabei setzte der Chef von Gazprom Neft die unternehmerische Gewinnmarge von bereits erschlossenen Erdölvorkommen mit zwölf bis 15 US-Dollar pro Barrel höher an als sein Kollege von Rosneft. Jedoch präzisierte Djukow nicht, ob bei der Gewinnkalkulation Steuern und Transportkosten mit berücksichtigt wurden.

Steuererhöhung möglich

Analysten der Bank of America Merrill Lynch sind unterdessen der Meinung, dass russische Ölgesellschaften stabil genug sind, um den Einbruch des Ölpreises zu überstehen. Einerseits hilft ihnen der nachlassende Rubelkurs, der an den Erdölpreis gebunden ist, andererseits die flexible Besteuerung. Dennoch werden die russischen Staatseinnahmen bei einem Einbruch der Ölpreise bis auf 15 US-Dollar pro Barrel heftig in Mitleidenschaft gezogen: Mit einem solchen Preis fallen die Einnahmen aus der Mineralölsteuer als auch aus den Gewinnen von Ölexporten weg.

Dadurch würden die Rubeleinnahmen des russischen Staatshaushalts um die Hälfte schrumpfen. Der Staat wird dann sicher Gegenmaßnahmen ergreifen: Ab einem Ölpreis unter 15 US-Dollar pro Barrel ist mit einer höheren Besteuerung der Ölkonzerne zu rechnen – über eine Erhöhung der Mineralölsteuer für alle Verbraucher wird noch nicht spekuliert. Dies würde einigen Konzernen nicht nur die Gewinne kosten – sie könnten dann auch in die roten Zahlen rutschen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RBC Daily

Russland startet Handel mit neuer Ölsorte

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