Ratingagentur Moody’s verlässt Russland

Reuters
Nach einer Gesetzesänderung zieht sich die Ratingagentur Moody’s vom russischen Markt zurück. Die anderen beiden großen internationalen Agenturen Fitch und Standard & Poor’s erwägen ähnliche Schritte.

Moody’s, eine der drei großen internationalen Ratingagenturen, löst ihre russische Tochtergesellschaft auf. Rund 150 bereits erteilte Bonitätsnoten für russische Debitoren werden zurückgezogen. Die Entscheidung, so ein Sprecher der Agentur, sei auf eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015 zurückzuführen.

Konkret ist das im vergangenen Juli in Kraft getretene Gesetz zur Regulierung der Ratingagenturen gemeint. Die neuen Auflagen sehen vor, dass ausschließlich russische Unternehmen Bonitätsurteile im Land treffen dürfen – nicht die Vertretungen ausländischer Agenturen.

Moody’s war bislang die einzige internationale Ratingagentur mit einer Tochtergesellschaft in Russland. Moody’s Interfax war ein Joint-Venture mit 51-prozentiger Beteiligung der Ratingagentur und 49-prozentigem Anteil der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Dem russischen Markt gänzlich den Rücken zu kehren, beabsichtigt Moody’s jedoch nicht: Die Agentur bleibt mit einer Filiale in Russland präsent und will weiterhin globale Bonitätseinschätzungen des Landes vergeben.

Ziehen Fitch und S&P nach?

„Moody’s Rückzug aus Russland bedeutet nicht, dass es keine Unternehmenseinschätzungen mehr geben wird. Nur die laufenden lokalen Ratings werden eingestellt“, bestätigt Sergej Koslowskij, leitender Analyst bei Grand Capital. Für internationale Investoren, ergänzt Artem Swjagilskij von MFX Broker, ändere diese Entscheidung also nichts. Sie orientierten sich ohnehin an den globalen Ratings, die nationalen Bonitätseinschätzungen seien vor allem für inländische Investoren wichtig.

Nach Einschätzung von Koslowskij könnten auch Fitch und Standard & Poor’s einen solchen Schritt erwägen. In diesem Fall würden lokale Ratings nur noch von inländischen Anbietern vergeben werden. Russische Unternehmen mit internationaler Ausrichtung müssten dann mit zwei statt nur mit einer Agentur zusammenarbeiten. Fitch hat bereits angekündigt, auf die Gründung einer Tochtergesellschaft in Russland zu verzichten. Auf dem russischen Markt bleibe das Unternehmen aber weiter mit einer Filiale präsent. 

Standard & Poor’s hingegen sorgte erst kürzlich für Verunsicherung: Im Januar trat der Chef der russischen S&P-Vertretung, Sergej Nasarow, von seinem Posten zurück. An seine Stelle trat ein dreiköpfiges Manager-Team, das die Unternehmensleitung übernahm. Dies wurde von Experten als möglicher Schritt hin zu einer Statusabwertung der russischen S&P-Filiale gewertet, wie die russische Wirtschaftszeitung „Kommersant“ berichtete. 

Hemmschuh für Investitionen

Experten warnen bereits vor den Folgen, die der Rückzug von Moody’s unweigerlich nach sich ziehen wird. „Ausländische Investoren müssen damit rechnen, dass die Zahl der Emittenten, in die sie investieren können, zurückgeht“, sagt etwa Bogdan Swaritsch, Analyst bei der Investmentholding Finam.

Dmitrij Bedenkow, leitender Analyst bei Russ-Invest, weist darauf hin, dass einige Investmentfonds nationale Ratings für Anleihen vorschreiben. Fehlten solche Bonitätsurteile, dürften sie die Wertpapiere nicht kaufen. Daher könnten russische Unternehmen beim Absatz ihrer Obligationen vor neuen Hürden stehen: „Sollte das eintreten, würde sich das negativ auf die Stimulierung ausländischer Investitionen auswirken“, warnt der Experte. 

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