Bekommt Gazprom Konkurrenz auf dem europäischen Markt?

Der Iran dränge mit aller Macht auf den Markt für Erdgas, heißt es.

Der Iran dränge mit aller Macht auf den Markt für Erdgas, heißt es.

Reuters
Laut Aussagen des iranischen Ölministers will das Land seine Fördermenge für Erdgas deutlich erhöhen. Mittelfristig könnte so auf dem europäischen Markt neue Konkurrenz für das russische Unternehmen Gazprom erwachsen. Experten sehen diese Gefahr allerdings momentan nicht.

Der Iran habe vor, seine Kapazitäten zur Gasgewinnung zum 20. März 2017 auf bis zu 900 Millionen Kubikmeter pro Tag auszubauen. So zitiert die Nachrichtenagentur „Shana“ den iranischen Ölminister Bijan Zanganeh. Zum Vergleich: Laut offiziellen Angaben erreichte der größte russische Gasproduzent Gazprom Ende 2015 eine durchschnittliche Fördermenge von 1 146 Millionen Kubikmetern pro Tag.

In absehbarer Zeit werde der Iran kein Konkurrent für Gazprom, glaubt jedoch Michail Krutichin, Teilhaber der Beratungsfirma RusEnergy. Den bisherigen Höhepunkt der Produktion habe Gazprom 2014 mit einer Fördermenge von 444 Milliarden Kubikmeter pro Jahr erreicht. Dafür würde der Iran etwa 15 Jahre brauchen, vermutet der Experte. Zudem habe der Iran schon einmal versucht, Gaslieferungen an die Türkei zu vereinbaren, sei mit diesem Versuch aber gescheitert. Die Türkei wolle kein Käufer- sondern ein Transitland sein, sagt Krutichin.

Alexander Jakimenko, Aktionär des russischen Öl- und Gasunternehmens Tomskneftegas, glaubt, dem Iran fehlten die Kapazitäten für den Bau einer neuen Pipeline. “Man muss erstmal den Syrienkrieg beenden”, sagt er.

In dieser Situation bleibe dem Iran nur eine Möglichkeit: eigene Kapazitäten für den Verkauf von flüssigem Erdgas (LNG) zu schaffen. “Der Iran hat diesen Weg bereits eingeschlagen. Mal schauen, was daraus wird”, sagt Krutichin.

Wird es dem Iran wie Syrien ergehen?

Viele Beobachter glauben, dass der syrische Präsident Baschar al-Assad zur Zuspitzung der politischen Lage in Syrien beigetragen habe, indem er sich weigerte, eine Pipeline von Katar nach Europa zu bauen. Angesichts des eventuellen Wettbewerbs zwischen dem Iran und Gazprom bestehe die Gefahr, dass sich dieses Szenario im Iran wiederholen könnte, glaubt Krutichin. Diese Vermutung beschreibt er im Detail in einem Artikel für das Magazin „Forbes“. 

Leonid Isajew, Mitarbeiter der Abteilung für Politikwissenschaft an der Higher School of Economics in Moskau, hält diese Möglichkeit für eher unwahrscheinlich. “Ich glaube nicht, dass jemand die Absicht hatte, Syrien zu zerstören, nur weil es sich geweigert hat, dieses Abkommen zu unterzeichnen. Genauso wenig glaube ich daran, dass sich dieses Szenario im Iran wiederholen könnte. Das iranische politische System ist sehr stabil und lässt sich von außen kaum zerstören”, kommentiert der Experte.    

Lana Ravandi-Fadai, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Nahoststudien der Russischen Akademie der Wissenschaften, stimmt Isajew zu. Mitteilungen über einen eventuellen Ausbau der iranischen Kapazitäten zur Gasgewinnung kursierten schon lange. “Es ist im Interesse des Irans, dass das Ganze übertrieben wird. So wollen sie den Markt stimulieren”, sagt Ravandi-Fadai.

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