Davos: Russland erwartet eine Zeitenwende

Reuters
Die russische Delegation hat das Weltwirtschaftsforum in Davos genutzt, um den Boden für künftige Investitionen nach einer möglichen Abschaffung der Sanktionen zu bereiten. Wie hoch das Interesse an einer neuen Annäherung zur USA ist, wurde auf dem Forum deutlich.

Investitionen in Russland waren auf dem diesjährigen Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos ein deutlich relevanteres Thema als noch im Vorjahr. Zwar besuchten diesmal weniger Unternehmer aus Russland das Forum, jedoch waren der Wirtschaftsflügel der russischen Regierung und die Staatskonzerne des Landes stärker vertreten.

Angeführt wurde die russische Delegation von Russlands erstem Vizepremier Igor Schuwalow. Begleitet wurde er von Vize-Premierministerin Olga Golodez, dem Minister für Wirtschaftsentwicklung Maxim Oreschkin und dem Präsidenten der russischen Teilrepublik Tatarstan Rustam Minnichanow.

Von wirtschaftlicher Seite waren in Davos der Chef der russischen Staatsbank VEB Sergej Gorkow, der Leiter des Russischen Fonds für Direktinvestitionen Kirill Dmitrijew, die Vorstandsvorsitzenden der größten russischen Banken Sberbank und VTB German Gref und Andrej Kostin sowie der Chef des russischen Technologiekonzerns Rosnano Anatolij Tschubais. Die Verhandlungen mit internationalen Partnern und potenziellen Investoren fanden traditionell im Russlandhaus statt.

Volles Haus im Russlandhaus

Führende Vertreter des Technologiesektors diskutierten zu Beginn des Forums bei einem Businessfrühstück die Gestaltungsmöglichkeiten großer Konzerne in der digitalen Wirtschaft und den damit einhergehenden Wandel. Anschließend fand die Paneldiskussion „Russland-USA: Dialog nach den Wahlen“ statt – die Veranstaltung verzeichnete die größte Teilnehmerzahl in der Geschichte des Russlandhauses.

Die Erwartungen an die neue US-Administration und ihre künftige Politik seien nicht von Optimismus getrieben, sondern von der Erwartung eines Dialogs, erklärte Kirill Dmitrijew, Chef des Russischen Fonds für Direktinvestitionen: „Wir müssen eine Kooperation aufbauen, nicht nur um gegen äußere Bedrohungen gemeinsam vorzugehen, sondern auch um wirtschaftliche Brücken zu bauen und den Unternehmern beider Länder die Möglichkeiten zu geben, Gemeinsamkeiten zu finden“, sagte der Fondsdirektor.

Der russische Wirtschaftsminister Maxim Oreschkin traf sich derweil mit der Chefin des Internationalen Währungsfonds Christine Lagarde, um die Pläne zur Beschleunigung des russischen Wirtschaftswachstums zu diskutieren. Außerdem traf sich der Minister mit dem Expertenrat für Auslandsinvestitionen, einer gemeinsamen Plattform für russische und internationale Unternehmer.

Am letzten Tag des Forums fand die für Davos traditionelle Paneldiskussion über die Rolle Russlands in der modernen Welt statt. Russlands erster Vizepremier Igor Schuwalow versicherte den Investoren, dass die konsolidierende Haushaltspolitik des Landes stabil bleiben werde. Zudem bereite Russland einen Plan zur Reduktion der langfristigen Volatilität des Rubels vor. „Wir haben einen realen Bedarf an einer aktiven Kooperationsagenda gesehen“, resümierte der Vizepremier. Das Interesse habe alle Erwartungen der Regierung übertroffen.

In Erwartung der Trumponomics

Ob Wirtschaftswachstum oder die Zukunft der Elektromobilität – nahezu jede Diskussion auf dem Wirtschaftsforum mündete letztlich in der künftigen Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten. Die mögliche Einführung protektionistischer Maßnahmen erfüllt die Wirtschaftsexperten mit größter Sorge: Der neue US-Präsident Trump erklärte bereits mehrmals, Handelsabkommen prüfen und China für Währungsspekulationen bestrafen zu wollen.

Roberto Azevêdo, Chef der Welthandelsorganisation, warnte indes davor, dass bloße Spekulationen über Handelskriege eine Krise auslösen könnten. Alleinmärsche in der Handelspolitik würden ohnehin einen Dominoeffekt auslösen und Arbeitsplätze vernichten, statt welche zu schaffen. In den 1930er-Jahren seien die Handelsumsätze wegen einer Anhebung der Handelszölle um zwei Drittel eingebrochen.

Als größter Verfechter der Globalisierung tat sich in Davos überraschend der chinesische Staatschef Xi Jinping hervor, der das Wirtschaftsforum zum ersten Mal besuchte. Er rief die Investoren dazu auf, neue, für ausländische Investoren bislang geschlossene Wirtschaftsbereiche zu erschließen. „Wir müssen uns an die Grundsätze des freien Waren- und Finanzverkehrs halten und dem Protektionismus eine Absage erteilen“, appellierte der chinesische Staatschef. „Protektionismus ist, als würde man sich in einem dunklen Zimmer einschließen: Es schützt vor Wind und Wetter, lässt aber kein Licht und keine Frischluft durch. Niemand wird von Handelskriegen profitieren“, erklärte Jinping.

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