Bier und Fleisch aus Russland: Die Ukraine steigt zum Top-Importeur auf

Alexey Malgavko/RIA Novosti
Laut russischen Medienberichten werden trotz des offiziellen Importverbots Lebensmittel aus Russland über die aufständischen Regionen Donezk und Lugansk in die Ukraine geliefert. Experten sind überzeugt, dass es sich dabei um humanitäre Hilfslieferungen handelt.

Kein Land importiert so viel Bier und Fleisch aus Russland wie die Ukraine. Das berichtete die russische Wirtschaftszeitung „Wedomosti“ nach Angaben des Föderalen Zolldienstes in der vergangenen Woche.

Demnach entfielen 2016 fast 30 Prozent aller russischen Bier- und Fleischexporte auf die Ukraine. Die Lieferungen, so schreibt die Zeitung unter Berufung auf russische Produktions- und Handelsfirmen, seien in die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk im Osten des Landes gegangen.

Offiziell kauft die Ukraine weder Fleisch noch Bier aus Russland ein. Kiew hatte Ende 2015 ein Einfuhrverbot auf die meisten Lebensmittel aus Russland, darunter auch auf Bier und Fleisch, verhängt. Damit reagierte die ukrainische Regierung auf das russische Lebensmittelembargo. Dem ukrainischen Statistikamt zufolge gingen die Fleischimporte aus Russland zwischen Januar und November 2016 um mehr als das 40-Fache zurück, auf schätzungsweise 14 500 Euro. Präzise Zahlen nannte das Statistikamt nicht.

Die Volksrepubliken sind schlecht versorgt

Russische Experten halten Lebensmittellieferungen aus Russland in die aufständischen Volksrepubliken Donezk und Lugansk für realistisch. „In den anderen Regionen der Ukraine ist keine Zunahme der Lieferumfänge zu vermerken, ganz im Gegenteil, dort sind sie drastisch gesunken“, kommentiert Iwan Rubanow, Leiter der Arbeitsgruppe für Analysen im Agrarausschuss der russischen Regierung, auf Anfrage von RBTH. Laut Rubanow kosten Fleisch, Bier, Milch sowie andere Agrarerzeugnisse in der Ukraine weniger als in Russland.

„Da handelt es sich wahrscheinlich um humanitäre Lieferungen in die Volksrepubliken“, vermutet Muscheg Mamikonjan, Vorsitzende des Fleischrats der Eurasischen Wirtschaftsunion, dem gemeinsamen Handelsmarkt von Russland, Belarus und Kasachstan. Mamikonjan hält die Zunahme der Lieferungen aber für eine vorübergehende Situation. Sobald die Blockade der Volksrepubliken aufgehoben sei, würden die Kämpfe eingestellt und freie Reisen zwischen den aufständischen Regionen und der restlichen Ukraine wieder möglich. Dann werde sich auch die Lebensmittelsituation wieder ändern.

Die Importe würden hauptsächlich für den eigenen Verbrauch benötigt, erklärt Rubanow, denn aufgrund des ukrainischen Embargos mangle es an Lebensmitteln für die Bewohner der umkämpften Gebiete. „Man darf nicht vergessen, dass es in den Regionen zwei große Ballungsräume gibt, darunter die Millionenstadt Donezk. Und nur ein kleiner Teil der Donezker und Lugansker Gebiete sind landwirtschaftlich nutzbar“, sagte der Experte.

Die Situation erfordere es, zwischen den Handelsbeziehungen mit den selbst ernannten Volksrepubliken und der restlichen Ukraine zu unterscheiden, findet Rubanow. „Derzeit gelten die russischen Sanktionen nicht nur für die Ukraine, sondern auch für die Volksrepubliken, was natürlich absurd ist, wenn man ihre Politik und Einstellung gegenüber Russland in Betracht zieht“, betonte der Abgeordnete.

Die anderen Regionen der Ukraine sind hingegen offenbar gut versorgt. „2016 verzeichnete die Ukraine dank guten Witterungsbedingungen relativ hohe Getreideernten. Außerdem verfügt das Land über große Kapazitäten für die Fleisch- und insbesondere Geflügelproduktion“, bemerkte Dmitri Sokolow, Leiter des Zentrums für internationale Agrarwirtschaft und Produktionssicherheit an der Russischen Akademie für Volkswirtschaft und Öffentlichen Dienst in Moskau.

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