RBTH: Der Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und Kasan ist verschoben worden, obwohl Siemens und die Deutsche Bahn festes Interesse daran bekundet und chinesische Investoren bereits Zusagen gemacht haben. Gibt es denn inzwischen Klarheit, wann mit der Umsetzung des Projekts begonnen wird? Welche weiteren Projekte zum Anschluss anderer russischer Regionen an das Hochgeschwindigkeitsnetz werden derzeit geprüft?
Maxim Sokolow: Mit den chinesischen, deutschen und anderen Partnern wird auch gegenwärtig verhandelt. Das Projekt selbst ist schon in der praktischen Umsetzungsphase. RZD (der russische Bahnkonzern, Anm. d. Red.) plant, bis spätestens Juni dieses Jahres die Projektierung der neuen Schnellstrecke Moskau-Kasan fertigzustellen. Die Projektunterlagen bestimmter Abschnitte (Schelesnodoroschnyj-Wladimir) sind von den Behörden bereits geprüft worden. Zudem hat die Unternehmensberatung EY die Machbarkeits- und Preisstudie für den Bahnabschnitt Moskau-Nischnij Nowgorod positiv bewertet.
Das sind nicht einfach neue Bahntrassen. Das sind technologische Innovationen und neue Lösungen, an denen über 50 russische Forschungs- und Entwicklungsinstitute arbeiten. Das ist eine echte Herausforderung für die russischen Ingenieure, die sie meisterhaft bewältigen.
In den Medien wird derzeit Chinas neue Seidenstraße diskutiert. Auf dieser Route fahren Züge aus China über Russland nach Europa. Allein im letzten Jahr stieg der Schienengütertransit über Russland um 36 Prozent. Soll der Transit ausgeweitet werden? Und lassen unsere Transportkapazitäten das zu?
Wir rechnen damit, dass der künftige Transportkorridor „Seidenstraße“ dafür genutzt wird, schnelle Warenlieferungen sicherzustellen. Der Onlinehandel zwischen Asien und Europa, einschließlich Russlands, wächst jährlich mit zweistelligen Raten und ist ein zentraler Treiber für die Nachfrage nach Hochgeschwindigkeits-Güterverkehr. Russland hat alles, was notwendig ist, um einen Teil der See- und Luftfracht aus dem Onlinehandel auf die eurasischen Landwege zu verlagern.Um dieses Ziel zu erreichen, muss unter anderem der eurasische Hochgeschwindigkeits-Transportkorridor Moskau-Peking geschaffen werden – und dessen Pilotabschnitt Moskau-Kasan. Derzeit prüfen wir die Finanzierungs- und Investitionsmodelle für das Projekt, auch die rechtlichen Grundlagen und die Techniklieferungen. Inzwischen sind wichtige Einigungen über die Lokalisierung der Produktion von Bahntechnik erzielt worden.
Warum wird die gebührenpflichtige Autobahn M11 von Moskau nach Sankt Petersburg bis zur Fußball-WM 2018 nicht fertig? Und warum kostet eine Fahrt auf der Schnellstraße mehr als eine Fahrt mit dem Sapsan (dem russischen ICE, Anm. d. Red.)?
Zunächst einmal ist die M11 für den Transfer während der Fußball-Weltmeisterschaft gar nicht vorgesehen. Deshalb zählt der Bau dieser Autobahn auch gar nicht zu den Infrastrukturprojekten, die zum Beginn der Spiele fertiggestellt sein müssen. Die Schnellstraße ist für eine breite Nutzerschicht bestimmt, unter anderem auch für den Gütertransit. Die Kapazitäten der derzeit bestehenden M10 sind längst ausgeschöpft, zumal diese hochfrequentierte Strecke durch mehrere Ortschaften verläuft. Die M11 soll die M10 entlasten.
Und zum Preisvergleich mit dem Sapsan: Der Preis eines Tickets ist in diesem Fall nicht aussagekräftig. Denn mit dem Auto fahren in der Regel mindestens zwei Personen. Das ist schon günstiger als eine Zugfahrt. Und wenn eine Familie fährt, dann wird die Reisekasse auf der gebührenpflichtigen Autobahn deutlich weniger belastet als bei einer Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug.
Wann soll die Nordostpassage ihre volle Kapazität erreichen? Wo steht das Projekt momentan?
Im Rahmen dieses Projekts werden derzeit aktiv die Seehäfen modernisiert. 2016 wurden rund 7,5 Millionen Tonnen Güter auf dieser Strecke transportiert. Das ist ein Wachstum von 40 Prozent. Größtenteils dient diese Passage dazu, Bodenschätze zu exportieren, die in der Arktis-Region gefördert werden, und Russlands nördliche Gebiete zu versorgen.
Beispielsweise sollen bis 2020 aus dem Obbusen 16,5 Millionen Tonnen Flüssigerdgas und zwei Millionen Tonnen Gaskondensat transportiert werden – dank der Fertigstellung des dritten Teils des Flüssiggasprojekts Jamal SPG. Zudem kommen bei dem Projekt von Gazpromneft zur Erschließung der Lagerstätte Nowoportowskoje jährlich 8,5 Millionen Tonnen Rohöl hinzu. Das wird dazu führen, dass das Transportaufkommen auf der Nordostpassage 2017 deutlich zunimmt.
In den letzten Jahren haben wir vieles unternommen, um die Sicherheit des Schiffsverkehrs auf der Nordostpassage zu gewährleisten und möglichen Ölhavarien vorzubeugen. Das wird durch das Polar-Gesetzbuch geregelt, das seit 1. Januar in Kraft ist, und durch neue Anforderungen an die Schiffe, die auf der neuen Passage verkehren dürfen.
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