Die russische Wirtschaft scheint sich in letzter Zeit wieder erholt zu haben. Die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes hat sich verbessert – im Jahr 2016 fiel es lediglich um 0,2 Prozent, im Jahr 2015 noch um 2,8 Prozent – und die Inflation erreichte ein Rekordtief von drei Prozent. Diese Nachrichten dürften nicht nur die Regierung zufriedengestimmt sondern auch viele europäische Unternehmen darin bestärkt haben, sich geschäftlich in Russland anzusiedeln.
Deutsche Firmen zum Beispiel machen sich das momentane wirtschaftliche Wachstum des Landes zunutze. So haben sie in der ersten Hälfte des Jahres 2017 bereits über zwei Milliarden Euro investiert und planen laut Matthias Schepp, dem Vorsitzenden der Deutsch-Russischen Außenhandelskammer, weitere Investitionen von 301 Millionen Euro bis Ende des Jahres.
Auch wenn einige Firmen während der Wirtschaftskrise Russland verlassen hätten, habe sich der Anteil deutscher Firmen auf dem russischen Markt nicht verkleinert, sagt Schepp. Vielmehr hätte die neue Situation zu einer Verbesserung ihrer Position geführt.
„Eigentlich haben nur die kleinen Firmen und Einzelunternehmer ihre Geschäftstätigkeit in Russland reduziert. Die Hauptakteure und wohlbekannte kleine und mittlere Unternehmen haben ihre Arbeit dort weiterhin fortgesetzt und beginnen mittlerweile sogar, wieder in die russische Wirtschaft zu investieren, um dem Wirtschaftswachstum zu folgen“, merkt Schepp an.
Auch die russischen Behörden haben ihrerseits Anstrengungen unternommen, um die Ausgangslage für ausländische Firmen einfacher zu machen, damit diese auf dem Markt mithalten können. 2015 stellte die Regierung einen besonderen Invesitionsvertrag vor, in dem sie zusagt, jene ausländischen Unternehmen, die an einer Produktion in Russland interessiert sind, zu unterstützen – mit dem Ergebnis, dass bereits zwölf solcher Verträge unterschrieben wurden.
Neben Deutschland, das in Europa stets ein wichtiger Geschäftspartner für Russland war, scheinen auch andere Länder ein gewisses Interesse am russischen Markt behalten zu haben.
So investierte Deutschland laut der Russischen Zentralbank im vergangenen Jahr 192 Millionen Euro, das Vereinigte Königreich 411 Millionen und Frankreich sogar 1,6 Milliarden Euro. Chinas Investitionen in Russland lagen zum Vergleich beispielsweise bei nur 297 Millionen Euro.
Die ökonomischen Interessen scheinen also über den politischen Spannungen und Sanktionen zu stehen: Das belegt auch unsere Übersicht von zehn ausländischen Unternehmen, die in diesem Jahr nach Russland zurückgekehrt sind oder sich ganz neu angesiedelt haben.
- Viessmann
Die deutsche Boiler- und Heizgesellschaft Viessmann eröffnete dieses Jahr offiziell ihre 15 Millionen Euro teure Produktionsstätte in Russland. An der Eröffnungszeremonie in Lipetsk, einer 400 Kilometer südlich von Moskau gelegenen Stadt, nahmen der deutsche Botschafter und andere ranghohe Gäste teil. Die Entscheidung, sich in Russland niederzulassen, wurde im Jahr 2015 getroffen. Im Januar dieses Jahres erhielt Viessmann dann die Erlaubnis, mit der Produktion zu beginnen.
- Bionorica
Im Juli begann der deutsche Pharmakonzern Bionorica mit dem Bau ihres zukünftigen Firmensitzes in der russischen Stadt Woronesch, 500 Kilometer südlich von Moskau. Der Pharmakonzern versprach, 40 Millionen Euro in die Lokalisierung zu investieren und in drei Jahren mit der Medikamentenproduktion in Russland zu beginnen.
- Auchan
Der französische Lebensmittelkonzern Auchan eröffnete im August seine erste Produktionsstätte für Fleisch in der Nähe der russischen Stadt Tambow. Geplant sind die Schaffung von mehr als 1 000 Stellen und die Unterstützung der russischen einheimischen Fleischproduktion.
- Atos
Das europäische IT-Dienstleistungsunternehmen Atos, dessen Hauptsitz in der Pariser Kommune Bezons liegt, unterschrieb mit dem Russischen Innovationszentrum Majak im September eine Vereinbarung, seine Serverproduktion nach Russland zu verlagern. Nach diesem ersten Schritt plant das Unternehmen Investitionen von zwei Millionen Euro in das Projekt mit Majak.Die gemeinsam produzierten Server mit dem Namen Bullin werden ein bewährtes Softwaremodul beinhalten, das den Ansprüchen russischer Kunden entspricht.
- Wika
Auch Wika, ein deutscher Hersteller von Messgeräten, eröffnete im September seine erste Produktionsstätte in der Nähe von Moskau. Das Unternehmen investierte mehr als eine Milliarde Rubel, rund 15 Millionen Euro, in das Vorhaben und möchte durch die Ansiedlung in Russland Lieferkosten sparen sowie seine Produkte über Russland hinaus auch in dessen Nachbarstaaten Kasachstan und Weißrussland anbieten.
- Backaldrin Kornspitz
Der österreichische Backwaren-Hersteller Backaldrin Kornspitz eröffnete seine erste Fabrik in Russland am 13. Oktober. Mit dem Bau wurde vor rund einem Jahr begonnen. Nun ist das Unternehmen offizieller Bestandteil der Sonderwirtschafszone „Stupino Quadrat“ in Moskau. „Hier, im größten Land der Welt, hat die Tradition des Backens eine noch größere Bedeutung als in Österreich“, sagte Backaldrin-Geschäftsführer Harald Deller.
- Wilo
Der führende deutsche Pumpenhersteller Wilo unterzeichnete am 13. Oktober einen Investitionsvertrag der besonderen Art mit den russischen Behörden. Das Unternehmen erhält den Status eines lokalen Herstellers und hat das Ziel, in den nächsten neun Jahren 85 Prozent seiner Ware in Russland in Russland zu produzieren. Wilo hat bereits 35 Millionen Euro in den eigenen Betrieb in der russischen Stadt Noginsk investiert und wird noch weitere elf Millionen Euro investieren, um das Gesamtprojekt zu realisieren, Forschungsaufträge durchzuführen und mit den einheimischen Partnern zu kooperieren.
- Savencia Fromage & Dairy
Am 17. Oktober kaufte der französische Lebensmittelkonzern, der sich auf die Herstellung von Käse spezialisiert, in der russischen Republik Baschkortostan den Mehrheitsanteil an der russischen Molkerei Belebey. Das Abkommen wurde im Einklang mit der globalen Entwicklungsstrategie von Savencia getroffen und ermöglicht dem Unternehmen, durch die Aneignung eines der landesgrößten Käseherstellers in den russischen Markt der Käseproduktion einzusteigen.
- Kuhn
Der Landmaschinenhersteller Kuhn, dessen Hauptquartier in der französischen Stadt Saverne liegt, spielte bereits in den vergangenen Jahren mit dem Gedanken, sich in Russland anzusiedeln. In diesem Jahr machte das Unternehmen den ersten Schritt. Im Oktober verkündete Kuhn, dass es 19 Hektar Land in der russischen Region um Woronesch erworben habe. Diese Investition ermöglicht es dem Unternehmen, ein eigenes Zentrum zu schaffen, um die Verkaufszahlen, den Vertrieb und die Dienstleistungen in Russland zu verbessern sowie eigene Maschinen herzustellen, um den regionalen Markt zu beliefern.
- Poma
Der französische Seilbahn-Hersteller Poma Group wird in Zukunft mit den russischen Behörden im Nordkaukasus daran arbeiten, Seilbahnen für künftige Skigebiete herzustellen. Das Kooperationsabkommen wurde am 24. Oktober beschlossen und beide Seiten stimmten dem Vorhaben zu, eine gemeinsame Produktionsstätte in Russland zu errichten. „Es freut mich, bald Seilbahnen mit dem Aufdruck „Made in Russia“ zu sehen“, sagte Jean Souchal, der Direktor der Poma Group.