„Kampferprobter Klassiker“ ist eine informelle Gemeinschaft von Liebhabern der Blechschüssel (wie die Russen die Fahrzeuge von AvtoVAZ aus Spaß nennen und sich über deren Qualität lustig machen).
Die Besitzer eines Ladas, vom „Einser“ bis zum „Siebener“, tauschen ihre Erfahrungen in der gleichnamigen Internet-Community aus und treffen sich einmal im Jahr an einem anderen Ort, um unter sich zu sein. Am 29. Juni 2019 kamen die Liebhaber der Blechschüsseln in der Nähe von Moskau zusammen.
Auf der Rennstrecke im Moskauer Gebiet schlängelt sich das Publikum hinter der Kasse durch die engen Gänge hinaus auf den riesigen Parcours, der mit diesen Vintage-Autos vollgestellt ist.
Von der fast auseinanderfallenden Rostlaube bis hin zu aufwendig gepimpten Exemplaren mit hochpolierter Karosse stehen alle möglichen Varianten des russischen „kampferprobten Klassikers“ hier Reihe an Reihe.
„Ein Opa fuhr diesen Wagen 13 Jahre lang und starb dann. Das Auto stand nach seinem Tod drei Jahre lang in der Garage. Als es zum Verkauf angeboten wurde, kaufte ich es für 60.000 Rubel (umgerechnet ca. 850 Euro). Ich war damals 18 Jahre alt“, erzählt der 21-jährige Jewgeni Garkow.
Jewgeni Garkow
Nikolaj SchewtschenkoJewgeni kam zum Treffen der „kampferprobten Klassiker“ aus Nowaja Moskwa. Nach dem Kauf investierte er ordentlich in seinen „Siebener“.
„Ich habe die Vorderradaufhängung komplett erneuert, habe Stoßdämpfer und Federn ausgetauscht, den Motor von einem Niva eingebaut und ihm den Look eines 82er Baujahrs verpasst: Stoßstangen, Scheinwerfer, Scheibenwischer - alles, was ich vom 82er Baujahr finden konnte, habe ich eingebaut“, erzählt der Besitzer stolz.
Nach seinen Berechnungen hat er mehr als den ursprünglichen Wert des Wagens in seine Blechschüssel gesteckt.
In der Regel liegt das Alter der meisten hier anwesenden Lada-Liebhaber unter zwanzig Jahren. Das Schöne an den „kampferprobten Klassikern“ ist, dass sich selbst ein Schüler einen solchen Wagen leisten kann. Oft sind die Teenager bereit, zu extremen Mitteln zu greifen, um die begehrte Blechschüssel zu erwerben.
Sergej Jakuschin aus Rjasan kaufte im Alter von 13 Jahren seinen ersten „Fünfer“. „Ich hatte eine Playstation, die verkaufte ich für 30.000 Rubel, und mein Vater bot mir an, für das Geld ein Auto zu kaufen, mit dem ich im Winter herumdriften konnte“, sagt Sergej, der vor kurzem 17 Jahre alt geworden ist.
Sergej Jakuschin
Nikolaj SchewtschenkoWährend dieser Zeit gelang es ihm, seinen ersten „Fünfer“ zu verkaufen und einen „Siebener“ für 35.000 Rubel zu kaufen. Wie immer war der „kampferprobte Klassiker“ nicht ohne Investitionen zu haben.
„Wir haben alles bis zum blanken Metall auseinandergenommen, wieder zusammengeschweißt und lackiert - zwei Jahre lang haben wir an dem Wagen gearbeitet. Wir bauten ein neues Fahrgestell ein, einen neuen 150 PS starken Priora-Motor, erneuerten Kolben, Wellen, Auspuff und bauten den Wagen in eine Sportversion um. Am 30. Dezember 2018 war dann die 'Jungfernfahrt'“, berichtet Sergej stolz über die geleistete Arbeit.
Der Schüler hat bereits mehr als 300.000 Rubel in seine Blechschüssel investiert. Aber das sieht man dem Auto auch an.
Woran liegt es, dass junge Menschen bereit sind, so viel Geld für das Pimpen ihres Autos auszugeben? Die Antwort lautet: Für viele ist der „kampferprobte Klassiker“ ein Lebensstil.
Jewgeni Slawew
Nikolaj Schewtschenko„Als ich ihn sah, wusste ich sofort, dass wird meiner werden!“, sagt der 26-jährige Jewgeni Slawew aus Iwanovo über seinen „Kopejka“, wie der „Einser“ liebevoll genannt wird.
Aber während die Millenium-Generation mit dem Pimpen einer Blechschüssel sich einen Wunschtraum erfüllt, machen ihre älteren und wohlhabenderen Kameraden ihr Hobby zum Geschäft.
Alexej
Nikolaj SchewtschenkoAlexej, 33, ist einer dieser Unternehmer. Er modifiziert Autos in seiner eigenen Garage auf Kundenwunsch und baut gleichzeitig seine Sammlung von Blechschüsseln aus. Alexej kam mit einem für Linksverkehr ausgelegten „Vierer“ zu dem Treffen der „kampferprobten Klassiker“. Zu Hause hat er eine Kollektion mit sieben weiteren Blechschüsseln.
Für den Unternehmer ist der Lada in erster Linie von nostalgischem Wert: Er wuchs damit auf und kurvte früher mit ihnen durch die Stadt. „Aber sonst fahre ich einen Toyota“, lacht er.
Das teuerste Auto in seiner Sammlung ist ein Lada 2102, Baujahr 74, dessen Wert Alexej auf eine halbe Million Rubel taxiert.
Aber nicht wegen seines Wertes schätzen die Blechschüsselliebhaber ihren „kampferprobten Klassiker“.
„Ich werde in der Stadt oft von Range-Rover- und SUV-Fahrern angesprochen und gefragt, ob ich ihnen meinen Lada nicht für eine enorme Summe verkaufen wolle. Denen sage ich dann immer: „Alter, wenn du so einen Wagen willst, dann pimpt dir selbst einen!“
Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung ausschließlich unter Angabe der Quelle und aktiven Hyperlinks auf das Ausgangsmaterial gestattet.
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!