Der russische Kosmonaut Oleg Artemjew packt die Ergebnisse des "Test"-Experimentes ein. Foto: Artemjew.ru
Im August gab es Berichte von einer erstaunlichen Entdeckung, die russische Wissenschaftler gemacht haben: In Staubproben, die von der Außenwand der Internationalen Raumstation ISS genommenen worden waren, haben sich Spuren von Meeresplankton gefunden. Die entsprechenden Tests hätten bereits im vergangenen Jahr stattgefunden, weitere Ergebnisse sollen im Herbst vorliegen. Die Proben wurden im Rahmen des Experimentes „Test" gemacht, welches die russischen Kosmonauten Oleg Artemjew und Alexander Skworzow durchführten.
Auch in diesem Jahr nahmen die Kosmonauten wieder Proben, wie Artemjew auf seiner persönlichen Webseite zeigte. Das Experiment soll die Bedingungen für die Überlebensfähigkeit von Mikroorganismen sowie deren Bedrohung für menschliches Leben untersuchen. Offenbar trotzten die gefundenen Mikroorganismen den widrigen Bedingungen wie kosmischer Strahlungen, unwirtlichen Temperaturen, mangelndem Sauerstoff und der fehlenden Schwerkraft und haben dabei nicht nur überlebt, sondern sich auch vermehrt.
Es gibt noch keine Erklärung dafür, wie das Plankton in den Weltraum gelangte. Die ISS befindet sich auf einer Umlaufbahn etwa 400 Kilometer von der Erde entfernt. Eine Theorie lautet, dass die Mikroorganismen durch Shuttleflüge, die regelmäßig Material transportieren, zur ISS gelangten. Diese Raketen starten vom russischen Weltraumflugzentrum Baikonur in Kasachstan. Allerdings kommen die mithilfe von Präzisionsequipment untersuchten Mikroorganismen der ISS in Kasachstan nicht vor, wie der Leiter der russischen ISS-Orbital-Mission Wladimir Solowjow erklärte. „Plankton ist auf dem Boden der Ozeane zu finden", sagte Solowjow, und weiter: „Das ist nicht typisch für Baikonur." Eine weitere mögliche Erklärung sei daher, dass das Plankton an der ISS über Luftverwirbelungen von der Erde aus ins Weltraum geweht worden sei, fügte Solowjow hinzu.
Unsichtbare Gefahr aus dem Weltall?
Weltraumforscher stellt sich nun die Frage, ob die Mikroorganismen aus dem Weltall schädliche Einflüsse auf die Gesundheit der Weltraumfahrer und das Material haben. Die Befürchtungen gelten vor allem den zukünftigen bemannten Raumfahrtmissionen zum Mars, die gegenwärtig von den USA und Russland aktiv vorbereitet werden. Wenn diese Bakterien nicht nur im offenen Weltraum existieren, sondern auch mutieren können, würden die Raumfahrer laut einer Hypothese von NASA-Wissenschaftlern infolge des langen Flugs und der so geschwächten Immunität wahrscheinlich über nicht genügend Abwehrkräfte verfügen.
Zudem stellt sich die Frage, ob Mikroorganismen, die von Astronauten zurück auf die Erde gebracht werden, für die Menschheit gefährlich sein könnten. Iwan Marin, Biologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut
für Probleme der Ökologie und Evolution „A. N. Sewerzow" bei der Russischen Akademie der Wissenschaften, bezweifelt das und erklärt gegenüber RBTH, dass gefährliche Mutationen von Mikroben aus dem Weltraum bisher nicht bekannt seien.
Immer wieder entdecken Forscher Mikroorganismen im Weltall. Der Biologe Alexander Slobodkin verweist auf ähnliche Funde in der Vergangenheit. „Der erste bekannte Fall geht auf die erste Mond-Expedition 1969 zurück", berichtet er. „Als die Amerikaner die Ausrüstungsgegenstände ihrer Mond-Expedition, die sie teilweise schon lange vorher dorthin gebracht hatten, zusammen mit den bei der Mondlandung gesammelten Gesteinsproben wieder mit zur Erde nahmen und untersuchten, machten sie eine interessante Entdeckung. Am Mondgestein wurden keinerlei Spuren von Mikroorganismen gefunden. An einer Kamera hingegen, die zwei Jahre auf dem Mond war, fanden die Wissenschaftler das auf der Erde sehr verbreitete Bakterium Streptococcus mitis." Das Bakterium wurde von der Erde in den Weltraum gebracht und konnte dort offensichtlich trotz der lebensfeindlichen Bedingungen überleben.
Im Mai 2005 wurden Experimente mit Flechten durchgeführt. Mehr als zwei Wochen wurden sie außerhalb der Erdatmosphäre beobachtet. Sie behielten
ihre Fähigkeit zur Fotosynthese bei und trugen keinerlei Schäden davon. Im Sommer vergangenen Jahres wurden Ergebnisse mehrere wissenschaftliche Experimente zur Überlebensfähigkeit der Bärtierchen im Weltraum veröffentlicht. Diese mikroskopisch kleinen Gewebetiere überlebten immerhin zehn Tage.
Auch von anderen Mikroorganismen unbekannter Herkunft weiß man, dass sie sich durch eine erstaunliche Überlebensfähigkeit auszeichnen. An Bord des Spaceshuttles „Columbia" wurden unter Weltraumbedingungen verschiedene Testreihen mit Mikrobenstämmen durchgeführt. Beim Absturz des Shuttles im Jahr 2003 wurden alle Stämme vernichtet. In den Trümmern fand sich aber ein vollkommen fremder Mikroorganismus, der einzige Fremdkörper an Bord der Raumfähre. Er überlebte den Absturz in 61 Kilometer Höhe ebenso wie die folgende Explosion.
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