Orbitreiniger bis Mondstation: Sieben Pläne der russischen Raumfahrt

Bild: Alamy/Legion Media

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Die Geschichte der Raumfahrt wurde maßgeblich von der russischen Weltraumforschung mitbestimmt. Und auch heute noch hat die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos Großes vor – RBTH stellt sieben Projekte vor, die die Raumfahrt revolutionieren könnten.

Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos kündigte diesen Sommer eine Reihe an neuen Großprojekten der russischen Raumfahrtindustrie an. RBTH nahm dies zum Anlass und stellt die teuersten und ambitioniertesten Raumfahrtprogramme vor. Es steht zwar bereits fest, dass nicht alle Projekte zur Gänze umgesetzt werden können, doch sie haben das Potenzial, die Raumfahrt von Grund auf zu revolutionieren.

 

1. Projekt „Liquidator": Reinigungsdienst für die Umlaufbahn

Die Menschheit hat es noch nicht geschafft, den Weltraum für die breite Öffentlichkeit zugänglich zu machen, doch sie war bereits dazu imstande, diesen zu verschmutzen. Laut Angaben des US-amerikanischen Weltraumüberwachungssystems Space Surveillance Network umkreisen derzeit 16 200 lose Objekte die Erde. Jedes dieser Objekte hätte dabei das Potenzial, moderne Spaceshuttles zu zerstören.

Der Film „Gravity", in dem zwei Astronauten (gespielt von Sandra Bullock

und George Clooney) ins Weltall geschleudert werden, nachdem ihr Raumschiff von Weltraumschrott zerstört wurde, ist also durchaus realistisch.

Im August 2014 gab Roskosmos bekannt, ein Raumschiff bauen zu wollen, welches dazu dienen soll, den geostationären Orbit von ausgedienten Satelliten und LV-Raketenstufen zu bereinigen. Das Projekt mit dem beschreibenden Namen „Liquidator" soll von 2018 bis 2025 mit einem Budget von knapp 10,8 Milliarden Rubel (rund 225 Millionen Euro) umgesetzt werden.

 

2. Neue Raketenstartplätze

Ein weiteres Projekt von Roskosmos ist der Infrastrukturausbau bei russischen Weltraumbahnhöfen. Mit einem Budget von 900 Milliarden Rubel (18,8 Milliarden Euro) plant die russische Raumfahrtbehörde, den Raketenstartplatz Plessezk zu erweitern, den Bau des Raketenstartplatzes Wostotschnij abzuschließen und den Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan finanziell zu unterstützen.

Roskosmos hegt jedoch Hoffnung auf einen günstigeren Investitionsplan. Denn sollte der Disput mit Kasachstan bis 2020 gelöst werden, so würde die russische Raumfahrtbehörde nur 800 Milliarden Rubel (16,7 Milliarden Euro) an Investitionen in die Hand nehmen müssen. Zudem wäre es Russland möglich, neben den russischen Raketenstartplätzen auch den Weltraumbahnhof Baikonur zu nutzen. Die übrigen 100 Milliarden Rubel (2,1 Milliarden Euro) könnten eingefroren und für den Ausbau des Raketenstartplatzes Wostotschnij verwendet werden.

 

3. Fernerkundung der Erde

Im Bereich der Fernerkundung der Erde hat die russische Raumfahrtindustrie großen Aufholbedarf. Denn russische Wissenschaftler müssen sich bis heute auf Daten internationaler Satelliten verlassen, da Russland über keine nationalen Fernerkundungsprogramme verfügt. Aus diesem Grund soll nun in den Jahren 2016 bis 2025 das Föderale Raumfahrtprogramm umgesetzt werden, das von äußerst optimistischen Wissenschaftlern lanciert wurde. Im Rahmen des Programms soll so die Anzahl russischer Hightech-Satelliten im Orbit mit einem Budget von 358,6 Milliarden Rubel (rund 7,5 Milliarden Euro) auf 26 erhöht werden.

Das Föderale Raumfahrtprogramm besteht dabei aus mehreren Teilprojekten (die Kosten werden in Klammern angeführt):

Das Projekt „Meteo-SSO" stellt ein weltweites hydrometeorologisches und heliophysikales System dar, das aus vier Hightech-Satelliten besteht. Diese sollen in einer sonnensynchronen Umlaufbahn die Erde umkreisen (66

Milliarden Rubel/ 1,39 Milliarden Euro).Das Projekt „Meteo-Glob" ist ein meteorologisches Beobachtungssystem, das Aufnahmen im visuellen und Infrarot-Bereich ermöglichen soll (86,9 Milliarden Rubel/ 1,77 Milliarden Euro). Im Zuge des Programms „Resurs" sollen drei Satelliten hochauflösende Aufnahmen von der Erde machen (55 Milliarden Rubel/ 1,16 Milliarden Euro). Das Programm „ES-SSO" umfasst ein Überwachungssystem im All, welches lokale Katastrophen beobachten soll. Dazu werden zehn Satelliten in sonnensynchronen Umlaufbahnen stationiert (106,3 Milliarden Rubel/ 2,24 Milliarden Euro).

Ein weiteres Programm zur Überwachung der Erde aus dem All ist das „ES-GSO". Dieses dient dazu, große Naturkatastrophen mittels optischer und Radarsysteme aus der Erdumlaufbahn zu beobachten.

 

4. Die Errichtung einer Mondstation

Russland schrieb mit dem ersten Überflug über die dunkle Seite des Mondes Raumfahrtgeschichte. Damals entnahm man Bodenproben von der Kehrseite des Mondes, schaffte es aber bis heute nicht, dass ein russischer Kosmonaut dessen Oberfläche betritt.

Aus diesem Grund steht für Roskosmos die Erforschung des Mondes derzeit an oberster Stelle. Die Raumfahrtbehörde plant, in den Jahren 2018 bis 2025 über 216 Millionen Euro in die Entwicklung einer Mondstation, den Bau eines mobilen Manipulatorkrans, einer Planiermaschine, eines Baggers und einer Kabellegemaschine sowie in die Konstruktion eines mobilen Roboters, der die Mondoberfläche erforschen soll, zu investieren. Aus diesem Bauvorhaben erschließt sich, dass Roskosmos nicht nur ein Gast am Mond sein möchte, sondern einen dauerhaften Aufenthalt dort plant.

 

5. Mondmobil

Was wäre eine Mondstation ohne ein Mondmobil? Aus diesem Grund plant Roskosmos die Entwicklung eines neuartigen Gefährts, das am Mond nach Bodenschätzen suchen soll. Diese sollen dort in großen Mengen vorkommen, vor allem die seltenen Erdmetalle Titan und Uran, die auf der Erde nur in geringen Mengen zur Verfügung stehen. Der Mond ist auch reich an Helium-3, ein Isotop, das in der Kernfusion Verwendung finden könnte. Das Gefährt mit dem Namen „Moon-Mobile" soll bis 2021 fertig gebaut werden, wobei weitere vier Jahre Testverfahren gewidmet sind.

 

6. Ultraschwere Marsrakete

Russlands Präsident Wladimir Putin erteilte im September 2014 eine vorläufige Genehmigung für die Umsetzung eines Projekts zum Bau einer

ultraschweren Rakete mit einer Kapazität von 120 bis 150 Tonnen. Wenn der Bau der Rakete abgeschlossen ist, soll diese auf den Mars entsandt werden. Die Konstruktion der Marsrakete ist derzeit eines der kostspieligsten Ideen der russischen Raumfahrtbehörde, da das benötigte Budget jenes der Trägerrakete Angara, die sich momentan im Weltraum befindet, um das Zweifache übersteigt. Auch die Nasa arbeitet an einer ähnlichen Rakete. Bei dem russischen Projekt ist es wegen seines enormen Budgets jedoch fraglich, ob es wirklich umgesetzt wird.

 

7. Weltraumobservatorium zur Erforschung Schwarzer Löcher

2013 war das russisch-deutsche Hochleistungsweltraumobservatorium Spektr-RG bereit, seinen Betrieb in der Erforschung von Galaxienhaufen und Schwarzen Löchern mit dem Röntgenteleskop eRosita aufzunehmen.

Obwohl die Idee zu diesem Weltraumobservatorium bereits seit den späten 1980er-Jahren besteht, konnte es erst 2005 mit einem Budget von 104,3 Millionen Euro gestartet werden. Das Projekt musste allerdings mehrmals aufgrund von Verzögerungen bei der Herstellung des Teleskops in Deutschland unterbrochen werden. Laut derzeitigen Angaben soll das Observatorium 2017 fertiggestellt werden.

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