USA in russischen Atomanlagen unerwünscht

Russland kontrolliert die Sicherheit seiner Atomanlagen selbstständig. Foto: Michail Mokruschin/RIA Novosti

Russland kontrolliert die Sicherheit seiner Atomanlagen selbstständig. Foto: Michail Mokruschin/RIA Novosti

Russland will sich weiterhin selbstständig um die Sicherheit seiner Atomanlagen kümmern. Ungeachtet dessen ist Moskau jedoch weiterhin dazu bereit, mit Washington auf dem Gebiet der globalen Atomsicherheit zusammenzuarbeiten.

Die US-Zeitung Boston Globe verkündete vergangene Woche Dienstag, dass Moskau Mitte Dezember 2014 beschlossen habe, die Zusammenarbeit mit den USA zur Sicherung der russischen Atomanlagen einzustellen. Eine entsprechende Vereinbarung sei mit der US-Regierung unterzeichnet worden. Dies geschah allerdings erst, nachdem die Amerikaner einen Beschluss zur Beschränkung der Zusammenarbeit mit Russland im Atombereich verabschiedet hatten. Diese Entscheidung verkündete das US-Außenministerium bereits im März 2014 auf seiner Webseite.

Überraschenderweise gab das russische Staatsunternehmen Rosatom am vergangenen Donnerstag jedoch bekannt, dass die globale Zusammenarbeit mit den USA auch in diesem Jahr fortgesetzt werde. „Russland und die Vereinigten Staaten von Amerika tragen eine besondere Verantwortung für die Gewährleistung der Sicherheit von Kernmaterial und dessen zuverlässigen Schutz, damit dieses nicht in die Hände von Terrororganisationen fällt", heißt es in einem Kommentar des Unternehmens.

 

Die Geschichte einer nicht gleichberechtigten Partnerschaft

„In den 1990er-Jahren, als sich Russland in einer sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation befand, war das Problem der Sicherung des Kernmaterials höchst aktuell und rief eine gewisse Besorgnis bei Russlands westlichen Partnern hervor", erklärt Anatolij Djakow, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentrums für Fragen für Rüstungskontrolle, Energiewirtschaft und Ökologie. 1992 wurde aus diesem Grund das Nunn-Lugar-Programm gestartet – ein russisch-amerikanisches Gemeinschaftsprojekt. Eines seiner Schwerpunkte war die Zusammenarbeit zur Stärkung des Bewachungs- und Sicherungssystems für Kernmaterial, von Russen und Amerikanern gemeinschaftlich finanziert. Den USA wurde zudem das Recht eingeräumt, die Ausgabe der von ihnen bereitgestellten Mittel zu überwachen.

 

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Moskau seinerseits hatte keinen vergleichbaren Zugang zu amerikanischen Atomanlagen. Dies führte mittelfristig zu Unzufriedenheit im Kreml und wurde als nicht gleichberechtigte Partnerschaft gewertet. Andrej Baklizkij, Direktor des Programms „Russland und die Nichtverbreitung von Kernmaterial" des PIR-Zentrums für politische Studien, erklärt: „In den 1990er-Jahren lag in Russland das Hauptaugenmerk darauf, zu verhindern, dass Material aus den Atomanlagen der Sowjetunion auf den Schwarzmarkt gelangte. Deshalb war man dazu bereit, Hilfe zu praktisch jeden

Bedingungen anzunehmen." Mittlerweile jedoch verfüge das Land über Technologien und Mittel, um selbstständig die Sicherheit seiner Atomanlagen zu gewährleisten und wolle nicht länger als Bittsteller angesehen werden, führt der Experte weiter aus.

Im Jahr 2013 wurde das Nunn-Lugar-Programm fast vollständig abgeschlossen und durch die „neue bilaterale Vereinbarung zur Verringerung nuklearer Gefahren" ersetzt. Zu diesem Zeitpunkt war Moskau laut Djakow jedoch bereits in der Lage, selbstständig und auf eigene Kosten die Sicherheit seiner Atomanlagen zu gewährleisten. Russland schlug den USA zusätzlich eine Zusammenarbeit im Forschungsbereich vor und war an einem Besuch der US-amerikanischen Atomanlagen interessiert. Laut dem Experten lehnten die USA eine solche Zusammenarbeit allerdings ab.

 

Welche Rolle spielt die Ukraine?

Nach Meinung von Experten sei die Verschlechterung der russisch-amerikanischen Beziehungen durch die Krise in der Ukraine nicht der Hauptgrund für die Einstellung der bilateralen Zusammenarbeit. Die Sanktionen hätten den Beschluss Moskaus lediglich beschleunigt. Bereits auf dem Weltgipfel zur nuklearen Sicherheit 2010 in Den Haag hatte Russland erklärt, dass jedes Land selbstständig die Verantwortung für die Unversehrtheit seines Kernmaterials tragen sollte.

Aufgrund der russischen Verwicklung in den Ukraine-Konflikt stellten die USA die wissenschaftlich-technische Zusammenarbeit mit Russland im vergangenen Jahr teilweise ein. Darunter fiel auch der Nuklearbereich.

Dadurch geriet eine Reihe wichtiger Projekte in Gefahr. Unter ihnen war auch die Umsetzung des gemeinsamen Programms zur Ausfuhr von Kernbrennstoff auf der Basis hochangereicherten Urans aus Forschungsreaktoren aus Drittländern. „Es sollten vom Beginn des Programms und bis zu dessen Abschluss im Jahr 2016 insgesamt 2,5 Tonnen hochangereichertes Uran ausgeführt werden. Diese Menge ist ausreichend für die Produktion von 100 nuklearen Gefechtsköpfen", teilt Anton Chlopkow, Direktor des Zentrums für Energiewirtschaft und Sicherheit Russlands und Mitglied des Wissenschaftsrats beim Sicherheitsrat Russlands auf Anfrage RBTHs mit.

Wie es bei Rosatom heißt, verringere das Programm die weltweit verfügbare Menge des waffenfähigen Kernmaterials in starkem Maße: „Es muss darauf hingewiesen werden, dass diese sowie andere Partnerschaftsprogramme durch die Arbeitsgruppe für Kernenergie und Sicherheit im Rahmen der russisch-amerikanischen Präsidentenkommission beaufsichtigt wurden. Im März 2014 informierte das US-Außenministerium uns über seine Webseite darüber, dass die die Arbeiten an diesem Projekt, das wir als sehr effizient einschätzen, eingestellt werden."

 

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