Erschließung des arktischen Festlandsockels liegt auf Eis

Bereits 2014 verboten die USA und die Europäische Union Lieferungen von notwendigen Technologien nach Russland. Die eigenen fehlen noch.

Bereits 2014 verboten die USA und die Europäische Union Lieferungen von notwendigen Technologien nach Russland. Die eigenen fehlen noch.

Ria Novosti/Alexey Danitschew
Russland braucht mehr Zeit, um Importersatz für Technologien zur Erschließung von Erdölfeldern auf dem arktischen Festlandsockel zu schaffen. Doch lohnt sich die teure Erschließung neuer Vorkommen angesichts des anhaltend niedrigen Ölpreises überhaupt?

Bei der Erschließung von arktischen Ölfeldern ist Russland weiterhin auf ausländische  Kooperationspartner angewiesen. Um den russischen Festlandsockel in der Arktis zu erforschen und zu erschließen, muss in über 150 Metern Tiefe gearbeitet werden. Der russische Vize-Ministerpräsident Alexander Chloponin räumte laut Berichten der Nachrichtenagentur „Interfax“ nun ein, dass es bisher nicht gelungen sei, die entsprechenden technischen Voraussetzungen in Russland zu schaffen.

Bislang kooperierte Russland auf dem Gebiet der Erdölförderung vor allem mit den USA und EU-Staaten, doch wegen der Sanktionen ist diese Zusammenarbeit nicht mehr möglich.  Chloponin zufolge gebe es jedoch viele andere Länder, die über Erfahrung in der Arbeit auf dem Festlandsockel verfügten und keine Sanktionen gegen Russland eingeführt hätten.  

Das russische Energieministerium kündigte an, bis zum Jahr 2035 rund 50 Millionen Tonnen Erdöl fördern zu wollen, was rund 9,5 Prozent der Gesamtfördermenge ausmache. Experten sehen indes nicht nur technische Probleme bei der Erschließung der arktischen Ölvorkommen: „Die Erschließung von Vorkommen auf dem Festlandsockel wurde nicht nur durch die Sanktionen verzögert, sondern auch aufgrund des steilen Preisverfalls für Erdöl. Bei der aktuellen Lage auf dem Energiemarkt sind die teuren Arbeiten in der Arktis schlicht unrentabel“, meint Ilja Buturlin, Exekutivdirektor von Hedge.pro.

Sinkende Ölpreise vermiesen das Geschäft

Schon im vergangenen Jahr zeichneten sich Probleme ab, geeignete Gerätschaften für die Arbeiten am Festlandsockel zu bekommen. Die USA und die Europäische Union verboten Lieferungen von Technologien nach Russland, die für Arbeiten auf dem arktischen Festlandsockel eingesetzt werden können. Der russische Erdölkonzern Rosneft und das US-amerikanische Unternehmen Exxon Mobil hatten bei Probebohrungen das Vorkommen Pobeda in der Karasee entdeckt. Nach der Einführung der Sanktionen mussten sich die ausländischen Partner jedoch aus dem Projekt zurückziehen. Damit fehlen nun die Technik und das Knowhow. „Geräte für Arbeiten auf dem Festlandsockel wurden in Russland nie hergestellt, noch nicht einmal projektiert. Damit sich die inländische Produktion rechnet, müsste im großen Stil produziert werden, auch für den Export“, sagt der Leiter des Russland-Geschäfts bei der Investmentgesellschaft Freedom Finance Georgij Waschtschenko. Derzeit könnten lediglich drei russische Unternehmen die Nachfrage nach entsprechenden Geräten decken, nämlich die staatlichen Unternehmen Rosneft und Gazprom sowie das Privatunternehmen Lukoil, das Erdöl auf dem kaspischen Festlandsockel fördert.

Dem UFS IC-Analysten Pjotr Daschkewitsch zufolge sind die Auswirkungen der Sanktionen auf die Erschließung der Erdölvorkommen auf dem Festlandsockel weniger gravierend als der Effekt der sinkenden Erdölpreise. „Viele angekündigte Projekte waren vor dem Hintergrund teurer Preise für Energieträger attraktiv“, so Daschkewitsch. Die Verträge mit den westlichen Partnern seien noch vor Einführung der Sanktionen unterzeichnet worden und folglich nicht betroffen. Dennoch seien fast alle Projekte verschoben oder reduziert worden.

Neue Partner gesucht

Am Importersatz wird weiter gearbeitet, doch ganz ohne ausländische Produkte geht es nicht. Anfang 2015 wurde vom Ministerium für Industrie und Handel ein Plan für den Importersatz in der Erdöl- und Erdgasbranche entwickelt. Darin wird empfohlen, den Anteil importierter Geräte bis 2020 auf 60 bis 70 Prozent zu verringern. „Bis zum Inkrafttreten der Sanktionen hatten russische Unternehmen mit US-amerikanischen, norwegischen und italienischen Lieferanten kooperiert, nennen heute aber als potentielle Partner China und Südkorea“, erklärt Buturlin. Zudem seien Unternehmen wie GE bereit, bestimmte Geräte für russische Schiffe für Arbeiten auf dem Festlandsockel anzupassen.

Daschkewitsch hingegen glaubt, dass europäische und US-amerikanische Unternehmen weiterhin wichtige Kooperationspartner bleiben würden. Sie verfügten über die größten Erfahrungen mit Arbeiten am Festlandsockel, insbesondere unter arktischen Bedingungen. Asiatische Unternehmen könnten aber die Geräte liefern und Wartungsarbeiten übernehmen. 

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