Der russische Energie-„Nobelpreis“ für Praktiker

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Der Energiepreis GEIP fördert Pionierarbeit in Sachen Energieforschung. Vor allem die praktische Anwendung soll so unterstützt werden.

Auch Russland leistet seinen Beitrag, unseren Planeten sauberer zu machen. So haben russische Spitzenforscher 2002 den Global Energy International Prize (GEIP) ins Leben gerufen. Mit der Auszeichnung werden weltweit Wissenschaftler für die Entwicklung effizienter Energietechnik geehrt. In diesem Jahr ging der Preis, der mit 520 000 Euro dotiert ist, an den RussenWalentin Parmon.

Der GEIP ist freilich weniger bekannt als etwa der Nobelpreis. Doch die Köpfe hinter der Ehrung haben sich das hohe Ziel gesetzt, aus dem Schatten der renommierten schwedischen Auszeichnung herauszutreten.
So werden für den GEIP Wissenschaftler nominiert, deren Forschung über die Theorie der Energiegewinnung hinausgeht und in konkreten Engineering-Projekten und -Lösungen umgesetzt wird. In diesem Sinne ehrt die Auszeichnung Forschungsprojekte, die außerhalb der Interessen des Nobelpreiskomitees liegen. Durch die Ehrung herausragender ingenieur-
technischer Leistungen ergänzt der russische Preis also vielmehr die schwedische Auszeichnung.

Die Preisstifter sehen den GEIP als Fördermöglichkeit für Wissenschaftler und Entwickler, die auf dem Gebiet der Energietechnik 
Pionierarbeit leisten. Seit 2003 ist der Preis bis heute an 34 Wissenschaftler aus zehn Ländern – Großbritannien, Deutschland, Island, Kanada, Russland, den Vereinigten Staaten, der Ukraine, Frankreich, Schweden und Japan – verliehen worden.

Die Gewinner werden von einer 20-köpfigen, internationalen Jury bestimmt. Der Brite Rodney John Allam steht den prominenten Wissenschaftlern aus 13 Ländern vor. Sowohl der Nominierungs- als auch der Auswahlprozess sind so gestaltet, dass politische Interessen bei der Entscheidung des Preiskomitees keine Rolle spielen – selbst auf dem Tiefpunkt der Beziehungen zwischen Russland und dem Westen 2015 ging das Preisgeld an zwei Forscher aus den USA.

Chemische Energie aus Solarpower

Der Preis ging dieses Jahr an den Russen Walentin Parmon. Foto: PressebildDer Preis ging dieses Jahr an den Russen Walentin Parmon. Foto: Pressebild

Der diesjährige Gewinner, der russische Wissenschaftler Walentin Parmon, hat eine Lösung entwickelt, Sonnenlicht in chemische Energie umzuwandeln – mit einem weltweit einmaligen Wirkungsgrad von 43 Prozent. Parmon leitet das Institut für Katalyse der Russischen Akademie der Wissenschaften im sibirischen Nowosibirsk, eine Einrichung, die mit der globalen Forschergemeinschaft bestens vernetzt ist.

So kooperierte das Institut in den letzten drei Jahren beispielsweise mit dem Londoner Imperial College. Die Forscher haben das Ziel, Wärmeverluste bei der Erdölverarbeitung um bis zu 15 Prozent zu reduzieren. Das britische Team arbeitete an der Verbesserung der Wärmetauschausrüstung, die Russen haben die Katalysatoren optimiert. Das Institut von Parmon forscht unter anderem, wie Reishülsen unter Einsatz von Katalysatoren zu Biodiesel verarbeitet werden können. Eine Lösung für die Luftfahrt.

Weltgrößter Fachmann für Gasturbinen

Die Auszeichnung hat oft einen nachhaltigen Effekt, wie das Beispiel des Österreichers Klaus Riedle zeigt. Der Professor erhielt den GEIP 2005 für die Entwicklung hocheffizienter Gasturbinen. Die letzte, unter seiner Leitung entstandene Kraftmaschine war die größte und effizienteste Turbine der Welt. Jahrzehntelang galt, dass die Effizienzgrenze von Gasturbinen bei einem Wirkungsgrad von 60 Prozent im kombinierten Zyklus erreicht war. Doch ein Kraftwerk, das auf Basis dieser Turbine entwickelt wurde, konnte diese Grenze knacken – und ist bis heute erfolgreich im Einsatz.

Der Österreicher Klaus Riedle wurde 2005 ausgezeichnet. Foto: PhotoxpressDer Österreicher Klaus Riedle wurde 2005 ausgezeichnet. Foto: Photoxpress

Die Auszeichnung sei für ihn nicht nur eine Ehre, sagt Riedle, sondern habe auch die finanzielle 
Basis für die Gründung einer Stiftung an der Universität Erlangen-Nürnberg gelegt. Die Stiftung fördert den Austausch russischer und deutscher Studierender und Doktoranden aus den Fachgebieten Energietechnik und Energiewirtschaft. Zudem ist Riedle Mitglied der internationalen Preisjury von „Global Energy“.

Klaus Riedle fing seine Karriere als Wissenschaftler an: Nach dem Abschluss an der TU München arbeitete er am dortigen Institut für Thermodynamik. Nach einem Lehr- und Forschungsauftrag in den USA trat Riedle in den Siemens-Konzern ein. Dort war er jahrelang unter anderem für die Sicherheitskonzepte, etwa den Bau und Betrieb von Versuchsanlagen zurThermohydraulik von Leichtwasserreaktoren, zuständig, später für die gesamte Reaktortechnik. Bei Siemens arbeitete Riedle an verschiedenen Kraftwerkstypen – vom Kern-, Kohle- und Gaskraftwerk bis zu Solarzellen und Windgeneratoren. Das breite Tätigkeitsspektrum habe die Lösung interessanter ingenieurtechnischer Aufgaben erfordert, sagt Riedle.

Höchste Anerkennung in Fachkreisen erlangte der Österreicher 
jedoch als Spezialist für Gasturbinen. Zuletzt entwickelte er 
Hochtemperatur-Gasturbinen bei Siemens. Sein größter Verdienst 
besteht wohl darin, dass er Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Praxis des Turbinen
baus für die stationäre Energieerzeugung transferieren konnte.

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