Wahlsieger Trump: Wie Russland den neuen US-Präsidenten begrüßt

Russische Matrjoschkas mit den Bildnissen des frisch gewählten kommenden US-Präsidenten Donald Trump und des russischen Staatschefs Wladimir Putin kann man nun auch in den Moskauer Souvenirläden kaufen.

Russische Matrjoschkas mit den Bildnissen des frisch gewählten kommenden US-Präsidenten Donald Trump und des russischen Staatschefs Wladimir Putin kann man nun auch in den Moskauer Souvenirläden kaufen.

Mikhail Pochuyev/TASS
Viele Russen haben die Wahlen in den USA nicht weniger aufmerksam verfolgt als die eigene Präsidentschaftswahl. Die meisten zeigen sich zufrieden mit dem Sieg Trumps. Aber auch kritische Stimmen sind zu vernehmen.

Amerika hat gewählt. Der skandalumwitterte Kandidat der Republikaner Donald Trump hat seine Widersacherin Hillary Clinton geschlagen – ein Schock nicht nur für Experten, sondern auch die globalen Aktienmärkte und die kanadische Einwanderungsbehörde: Die Website der Behörde hat dem Ansturm von Anfragen nicht standgehalten.

Das Verhältnis zu Russland war einer der größten Unterschiede zwischen beiden Präsidentschaftskandidaten. Moskau setzte offensichtlich auf Trump als den für die Beziehungen beider Länder vielversprechenderen Kandidaten.

Am Wahltag klebte ganz Russland an den Bildschirmen. Die wichtigste Show der USA wurde auch für Russland zu einer der wichtigsten Shows: Liveschaltungen aus den Wahllokalen, runde Tische, Kommentare auf allen Ebenen und Kanälen.

Präsident Wladimir Putin war zudem der erste Staatschef, der Donald Trump gratulierte.

Lustiger Typ, aber was kommt nun?

„Sind Sie glücklich oder schockiert?“, ist wohl die meistverbreitete Frage in den sozialen Netzwerken am heutigen Tag. Für gemischte Gefühle gibt es in der Tat gute Gründe. Der Mann, der versprach, im Fall seines Sieges Hillary Clinton ins Gefängnis zu bringen und die USA durch einen acht Milliarden Dollar teuren Zaun von Mexiko abzuschirmen, erschien vielen Russen als lustiger Typ. Nun aber hat dieser Mann die Wahlen gewonnen und aus Spaß wird Ernst.

Liberale Bürger Russlands waren verwirrt: „Ich verstehe nicht, warum der Kreml für Trump ist. Haben sie sein Wahlprogramm nicht gelesen? Der Typ wird die Ölpreise durch die Liberalisierung der Ölförderung in den USA in den Keller stürzen lassen“, schrieb der Oppositionelle Alexej Nawalny. „Ich verstehe die Amerikaner, die gleichzeitig mit der Wahl Trumps auch für die Drogenlegalisierung stimmen. Es bleibt nur: sich einen Schuss setzen und alles vergessen“, schrieb Wladimir Warfolomeew, Korrespondent des Radiosenders „Echo Moskwy“. Einige US-Bundesstaaten stellten am gestrigen Tag auch die Legalisierung von Marihuana zur Abstimmung.

Natürlich erinnerten sich viele im Zusammenhang mit dem Wahlsieg Trumps auch an die Verschwörungstheorie, der neue Präsident sei ein Agent Putins. Putin hätte Trump am Wahltag per Erlass zum neuen Vertreter des russischen Staatschefs im nordamerikanischen Föderationsbezirk ernennen sollen, scherzte ein Facebook-User. Und der ehemalige US-Botschafter Michael McFaul twitterte: „Putin hat in unseren Wahlkampf eingegriffen und gesiegt. Gut gemacht!“ Später löschte er diesen Tweet wieder.

Am Morgen nach der Wahl ist bei Twitter zudem ein neues Fake-Profil unter Donald Trumps Namen aufgetaucht. Bei @DonaldTrumpRF gibt es beispielsweise solche Witze: „Viele in Russland glauben, dass sie nach meinem Sieg neue Straßen, saubere Treppenhäuser und das Ende der Aids-Epidemie bekommen. Ich lasse das nicht zu!“ Damit spielen die Betreiber des Accounts auf die in Russland ironisch gemeinte Haltung an, dass die USA für alle Übel des Landes verantwortlich seien.

US-Wahlen wichtiger als die eigene Politik?

„Über die US-Wahlen wurde bei uns ausführlicher berichtet als jüngst über die eigene Parlamentswahl“, sagt Stanislaw Kutscher, Korrespondent bei „Kommersant FM“. Die Berichterstattung habe so ausgesehen als hätten die US-Amerikaner, wenn nicht ganz Russland, so doch zumindest die russischen Medien kolonisiert. Es sei derart intensiv berichtet worden, dass der Verdacht nahe läge, man wolle kompensieren, dass man über die heimische Politik nicht ebenso „freizügig und selbstvergessen“ berichten könne, so Kutscher. Das sei ein Ausdruck des eigenen Minderwertigkeitskomplexes: „Erst wenn die Amerikaner in der Primetime mit Schaum vor dem Mund die Details der Präsidentschaftswahl in Russland kommentieren, werden wir sagen können, dass wir wirklich eine Großmacht geworden sind“, bringt es der Journalist auf den Punkt.

Margarita Sminojan, Chefredakteurin von „Russia Today“ und „Rossija Segodnja“, scherzte bei Twitter: „Ich unterstreiche heute demonstrativ die Freundschaft unserer Völker. Im Voraus sozusagen.“

"Lasst uns um neun Uhr abends auf dem Manege-Platz treffen!", steht auf diesem gefälschten Bild eines Tweets, der angeblich vom Account Hillary Clintons gesendet wurde. Der Manege-Platz gilt in Russland neben dem Bolotnaja-Platz als einer der Orte für Massenproteste. Bild aus den freien Quellen"Lasst uns um neun Uhr abends auf dem Manege-Platz treffen!", steht auf diesem gefälschten Bild eines Tweets, der angeblich vom Account Hillary Clintons gesendet wurde. Der Manege-Platz gilt in Russland neben dem Bolotnaja-Platz als einer der Orte für Massenproteste. Bild aus den freien Quellen

Die Staatsduma quittierte die Nachricht über Trumps Wahlsieg mit lautem Beifall. Wladimir Schirinowski von der Liberal-Demokratischen Partei versprach einen Sektempfang zu Ehren des neuen US-Präsidenten. Und die Senatorin der Krim, Olga Kowitidi, gab zu verstehne, dass sie von Trump die Anerkennung der Halbinsel als russisches Gebiet erwarte. 

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