Kochen trotz Importverbots: Luxusrestaurants in Moskau haben es schwer

Spitzengastronome reagieren mit kreativen Lösungen auf die Sanktionspolitik.

Spitzengastronome reagieren mit kreativen Lösungen auf die Sanktionspolitik.

Lori/Legion Media
Das russische Importverbot für Lebensmittel aus Europa trifft die Spitzengastronomie in Russland hart. Insbesondere italienische und französische Restaurants müssen immer öfter bestimmte traditionelle Gerichte aus ihren Menüs streichen. RBTH sprach mit einigen Chefköchen bekannter Moskauer Restaurants.

Asis Saffar, Chefkoch im französischen Le Restaurant

„Natürlich haben sich die Sanktionen auf meine Arbeit ausgewirkt – c’est la vie. Ich kann jedoch nicht behaupten, dass ich deswegen bestimmte Gerichte in meiner Karte zur Gänze umändern oder gar streichen musste. Ich konnte für all jene Lebensmittel, die ich früher für meine Gerichte verwendet habe, einen vollwertigen Ersatz finden. Ich habe mich auf regionalen Märkten umgesehen und dabei – erstaunlicherweise – auch viele neue und interessante Lebensmittel entdeckt: Rind- und Kalbfleisch, Lammfleisch aus Brjansk und Woronesch, Gans- und Entenfleisch, Wachteln, aber auch gewöhnliche und schwarze Pfifferlinge aus Pilzfarmen rund um Moskau. Zu meinen Entdeckungen gehören auch Krabben aus Kamtschatka, Heilbutt aus Murmansk, Früchte und saisonales Gemüse sowie Kräuter aus Krasnodar.

Asis Saffar. Foto: Pressebild

Das Fundstück, das mich jedoch persönlich am meisten freut, sind die Trüffeln von der Krim, die den französischen Trüffeln in nichts nachstehen.“

Sergej Eroschenko, Chefkoch im Tschestnaja kuchnja (russische Küche) und Fjedja, ditsch! (Fusionsküche)

Sergej Eroschenko. Foto: Pressebild

„Meine Projekte beruhten von Anfang an ausschließlich auf der Verwendung von Lebensmitteln aus der Region. So nutze ich Wild und Fisch aus dem Norden Russlands, Fleisch wie Rind und Schwein sowie auch Geflügel von Bauern aus der Region, und saisonale Gemüse, Beeren und andere Früchte. Natürlich ist die Nachfrage nach russischen Lebensmitteln gestiegen. Ich merke auch, dass sich viele Chefköche umstellen, indem sie neue Lebensmittel einkaufen und die Gerichte auf ihren Speisekarten den Umständen entsprechend anpassen. Für manche Projekte war es dabei zweifellos sehr schwer, unter den Lebensmittelsanktionen weiterhin arbeiten zu können: Vor allem Luxus-Restaurants mit italienischer, mediterraner oder französischer Küche müssen derzeit viel hinnehmen, da sie früher ihre hohen Preise meist mit exklusiven Lebensmitteln rechtfertigen konnten. Diese sind aufgrund der Sanktionen heute natürlich kaum noch zu bekommen.“

Christian Lorenzini, Chefkoch in den Restaurants Christian (kreative Küche) und Buono (italienische Küche)

Christian Lorenzini. Foto: Pressebild

„Ich glaube, dass die Lage derzeit noch völlig unklar ist und man noch keine weitreichenden Rückschlüsse ziehen kann. Als Chefkoch kann ich allerdings auch sagen, dass mir die derzeitige Situation nicht wirklich gefällt. Mir fehlen oft viele Käse- und Wurstsorten, importierte Milchprodukte, qualitativ hochwertige Sahne, Fleischsorten, einige Arten Fisch und Muscheln. So musste ich beispielsweise das Gericht Foie gras (eine Spezialität aus Gänse- oder Entenleber – Anm. d. Red.) aus der Karte streichen. Aber auch andere Lebensmittel sind einfach entweder sehr schnell zu teuer geworden oder gänzlich vom Markt verschwunden.

Die Politik zwingt uns dazu, das Menü zu überdenken und nach einem Ersatz für gewisse Lebensmittel zu suchen. Ein Ausweg aus unserer Lage sieht demnach bisweilen wie folgt aus: Entweder suchen wir für die fehlenden Lebensmittel einen geeigneten Ersatz aus unserer heimischen Lebensmittelproduktion und verwenden diesen für unsere Gerichte, oder wir streichen die Gerichte einfach aus unseren Speisekarten – wenn wir merken, dass es keine Alternativen für gewisse Lebensmittel gibt. Dabei ist es natürlich besonders wichtig, dass die Qualität der angebotenen Speisen auf keinen Fall leidet.“

Aleksandr Katschinskij, Chefkoch im australischen Restaurant Glenuill sowie im italienischen Café Zupperia

Aleksandr Katschinskij. Foto: Pressebild

„Aufgrund der Sanktionen mussten wir unser Speisenangebot stark reduzieren, da wir vieles, für das wir keinen geeigneten Ersatz finden konnten, einfach aus der Karte gestrichen haben. So haben wir früher unser Fleisch in Australien eingekauft, heute müssen wir es aus Brjansk oder Woronesch liefern lassen. Wir sind froh, dass wir qualitativ hochwertiges Fleisch geliefert bekommen, allerdings konnten wir keinen guten Ersatz für den Käse finden. Dazu gehört vor allem Mozzarella, für den es in Russland keine Alternativen gibt. Zudem hatten wir auch Schwierigkeiten mit den Meeresfrüchten: Betroffen waren etwa Tintenfische und Riesengarnelen. Unseren Lachs kaufen wir ebenfalls nicht mehr im Ausland ein, sondern in Murmansk. Was die Königsgarnelen angeht, so verwenden wir stattdessen Tigergarnelen – da die Königsgarnelen, die legal verkauft werden, viel zu teuer sind. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass unser Speisenangebot um etwa 40 Prozent gesunken ist.“

Maksim Gorjatschew, Chefkoch im Fusion-Restaurant Kusotschki (kreative Küche)

Maksim Gorjatschew. Foto: Pressebild

„Die Welle an Sanktionen hat uns sehr schnell gelehrt, anpassungsfähig zu sein. Das gilt übrigens nicht nur für uns, sondern auch die heimischen Lebensmittelproduzenten, die die „Gunst der Stunde“ genutzt haben und die Qualität ihrer Erzeugnisse an die europäischer Produkte angleichen. Im Gegenzug sind aber auch die Preise rasant gestiegen. In einigen Fällen, wie beispielsweise beim Marmorrindfleisch aus Woronesch, auf das viele Köche umgestiegen sind, kann man durchaus behaupten, dass die neuen Produkte vom Geschmack her besser sind, als ihre Pendants aus Europa – oft zu günstigeren Preisen. Als Alternative zu verschiedenen Käsesorten aus Europa verwenden wir Käsespezialitäten aus dem Kaukasus. Diese sind zwar ebenfalls günstiger als der Käse aus dem Ausland, haben allerdings einen anderen Geschmack. Während des Sommers verwenden wir außerdem heimisches Gemüse und Obst aus der Region."

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