Gipfel in Ufa: SOZ nimmt Indien und Pakistan auf

Foto: RIA Novosti

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Auf dem Gipfeltreffen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) wurden Indien und Pakistan als neue Mitglieder aufgenommen. Beobachter sind sicher, dass das der Vereinigung einen neuen Charakter verleiht, weil sie sich dadurch in die zweitwichtigste globale Organisation nach der Europäischen Union und zum Zentrum Eurasiens verwandeln wird.

Das in Ufa zu Ende gegangene Gipfeltreffen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) eröffne eine neue Etappe in der Geschichte der SOZ, erklärte der russische Präsident Wladimir Putin. Experten widersprechen dieser Aussage zwar nicht, rufen jedoch dazu auf, abzuwarten und sich in der Praxis anzuschauen, wie sich die Arbeit der erweiterten Organisation gestalten werde.

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Die Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) wurde 2001 von Russland, China, Kasachstan, Tadschikistan, Kirgisistan und Usbekistan gegründet. Die Organisation ging aus der „Shanghai Five-Gruppe“ hervor (die SOZ-Mitglieder ohne Usbekistan), deren Mitglieder 1996/97 ein Abkommen über die Vertiefung des militärischen Vertrauens in Grenzregionen unterzeichneten. Auf dem Gipfeltreffen in Ufa schlossen sich Aserbaidschan, Armenien, Kambodscha und Nepal der SOZ als Dialogpartner an. Belarus erhielt einen Beobachterstatus bei der Vereinigung.

Analysten sind sich einig, dass das wichtigste Ergebnis des SOZ-Gipfels die Aufnahme Indiens und Pakistans als neue Mitglieder in die Organisation ist. Das geschieht zum ersten Mal in der Geschichte der Organisation. Wie Leonid Gusjew, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentrums Ostasien und SOZ-Forschung am Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen, im Gespräch mit RBTH herausstellte, verleihen Indien und Pakistan mit ihrem gewaltigen demografischen und ökonomischen Potenzial der Organisation eine vollkommen neue Qualität. Das lasse die SOZ zu einem noch einflussreicheren globalen Player werden, zum „zweiten, nicht-westlichen Pol Eurasiens“, wie diese Entwicklung der Leiter des Zentrums Alexander Lukin in einem Vortrag für den Waldaj-Club charakterisierte.

Von Bedeutung sei auch, dass beide Länder über Atomwaffen verfügen, was der Vereinigung zusätzliches Gewicht verleihe. „Der Beitritt Delhis und Islamabads zur SOZ hat eine große geopolitische Bedeutung, da dadurch eine neuartige Verbindung zwischen Zentral-, Ost- und Südasien geschaffen wird, die diese Regionen vereinigt“, erklärte Watanjar Jagja, Leiter des Lehrstuhls für Weltpolitik an der Fakultät für Internationale Beziehungen der Staatlichen Universität Sankt Petersburg, gegenüber RBTH.

Moskaus veränderte Beziehungen  

Wie Leonid Gusjew unterstrich, werde die SOZ auch eine Plattform für die Gespräche zwischen Delhi und Islamabad sein, deren Beziehungen durch das Problem strittiger Territorien in der Grenzregion Kaschmir getrübt sind. Das könnte sich positiv auf die Sicherheit in der Region auswirken. Viel hängt nach Meinung der Experten aber davon ab, wie sich die interne Entwicklung der Organisation im Weiteren gestalten wird – kann sie diesen Impuls, den sie durch diese Erweiterung erhalten hat, nutzen und sich zu einer vollwertigen und arbeitsfähigen Struktur entwickeln, die die bisherige „blutleere“ Etappe ihrer Entwicklung hinter sich lässt?

Der Impuls, den die SOZ nunmehr verliehen bekommen hat, sei im Wesentlichen der veränderten Einstellung Moskaus gegenüber der Organisation zu verdanken, die im Ergebnis der durch die Ukraine-Krise getrübten Beziehungen zwischen Russland und dem Westen erwachsen sei, glaubt Gusjew. Als eines der Anzeichen des veränderten Kurses Russlands erachten Beobachter die neuen Beziehungen Moskaus zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit im Rahmen der SOZ.

In der Vergangenheit, so legte Alexander Lukin in seinem Vortrag dar, habe Moskau die wirtschaftliche Dominanz Pekings befürchtet und deshalb Vorschläge zur ökonomischen Integration blockiert, darunter auch das Projekt einer eigenen Entwicklungsbank der SOZ. Auf dem diesjährigen Gipfeltreffen in Ufa bezeichnete Wladimir Putin dann jedoch die Zusammenarbeit im Finanzsektor als eine der vorrangigen Aufgaben der Organisation.

 

Neben der Entwicklungsbank erwähnte der russische Präsident zudem die Idee eines internationalen Zentrums für Projektfinanzierung. Putin sprach auch von einer gemeinsamen Zusammenarbeit in Energiefragen sowie von der Schaffung eines SOZ-weiten Transportsystems auf der Grundlage der Transsibirischen Eisenbahn und der Baikal-Amur-Magistrale. Eine wichtige Aufgabe ist in den Augen Putins ebenso die Verknüpfung zweier ökonomischer Integrationsprojekte – der Eurasischen Wirtschaftsunion und des chinesischen Wirtschafsgürtels der Seidenstraße.

„Alptraum US-amerikanischer Geopolitiker“

Wie der Direktor des Internationalen Instituts für politische Expertisen Jewgenij Mintschenko gegenüber RBTH erklärte, werde innerhalb der SOZ auch die Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen zunehmen: „Gemeinsame Militärübungen werden wesentlich häufiger abgehalten, verschiedene Formen des Zusammenwirkens im Falle von Krisen in zentralasiatischen Ländern getestet werden.“ Und tatsächlich teilte Putin in Ufa mit, dass die Staatsführer der SOZ-Länder sich darüber verständigt haben, die Koordinierung zwischen den Verteidigungsministerien auszubauen und die jährlichen Anti-Terror-Übungen fortzuführen.

Das SOZ- und das am Vortag in Ufa zu Ende gegangene Brics-Gipfeltreffen resümierend sagte Mintschenko, diese Treffen seien Symbol für die Umorientierung Russlands nach Osten: „Der Alptraum US-amerikanischer Geopolitiker ist wahr geworden“, erklärte er, die Vereinigten Staaten haben „Putin in die Arme Chinas getrieben“.

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