Machtwechsel in Venezuela: Ein Problem für Russland?

Wie steht das neue Parlament in Venezuela zu Russland?

Wie steht das neue Parlament in Venezuela zu Russland?

Reuters
Nach dem Erdrutschsieg der konservativen Opposition in Venezuela steht das Land vor einem Umbruch. Der politische Kurswechsel könnte Russland wichtige Verträge zur Ölförderung und einen wichtigen Rüstungsmarkt kosten.

Bei den Parlamentswahlen am vergangenen Sonntag errang das oppositionelle Mitte-Rechts-Bündnis MUD den Wahlsieg. Noch bleibt der Sozialist und Russlandfreund Nicolás Maduro im Amt des Präsidenten, doch der Einfluss seiner Partei auf die Entscheidungsfindung schwindet erheblich.

Gemessen am Handelsvolumen ist Venezuela heute nach Brasilien der zweitgrößte Handelspartner Russlands in Lateinamerika. Die Geschäftsbeziehungen konzentrieren sich auf Kooperationen im Ölsektor und Rüstungslieferungen.

Milliardengeschäfte mit Öl und Waffen  

In Venezuela ist der russische Ölkonzern Rosneft an fünf Gemeinschaftsunternehmen zur Ölförderung beteiligt: Carabobo-2, Hunin-6, Petromonagas, Bokerón und Petroperiha. Im Mai dieses Jahres wurden bei einer Arbeitsvisite des Rosneft-Chefs Igor Setschin in Caracas Verträge zur Lagerstättenerschließung im Tal des Orinoco geschlossen – diese Vorkommen werden als die weltweit größten eingeschätzt. Zudem wurden weitere Joint-Venture-Gründungen vereinbart, wie der venezolanische Ölproduzent PDVSA mitteilte.

Venezuela ist zudem ein großer Abnehmer russischer Waffen. Nach offiziellen Angaben des russischen Föderalen Dienstes für rüstungstechnische Zusammenarbeit betrug Venezuelas Anteil am russischen Waffenexport 2014 rund sechs Prozent. Damit ist das Land Russlands fünftgrößter Abnehmer und der wichtigste Käufer in Lateinamerika. Im Dienste der venezolanischen Armee stehen T-72-Panzer, Truppentransporter vom Typ BTR-80A, Grad-Raketensysteme, Su-30-Jagdflugzeuge und weitere Technik aus russischer Herstellung. Meldungen der Nachrichtenagentur Tass zufolge schlossen beide Länder bis Mitte 2013 Waffenverträge im Wert von rund zehn Milliarden Euro. Die Streitkräfte Venezuelas sind mit Ausnahme des Lufttransports und der Marine nahezu ausschließlich mit russischer Waffentechnik ausgerüstet.

Wie sind die Aussichten?

Angesichts dieser Lage bedroht der Wahlsieg der Opposition die russischen Interessen in Venezuela nicht direkt, stellt aber die geknüpften Handelsbeziehungen zur Disposition. Mit ihrer Mehrheit im Parlament wird die MUD Korrekturen am Haushalt vornehmen und parlamentarische Untersuchungen gegen einzelne Staatsdiener initiieren können. Das mehrheitlich von der Opposition dominierte Parlament kann zudem Amnestien für politische Gefangene per Gesetz beschließen.

Da die MUD insgesamt 112 der 167 Sitze im Parlament gewinnen konnte, sind auch weitreichendere politische Konsequenzen nicht auszuschließen. Die errungene Zwei-Drittel-Mehrheit ermöglicht es, Verfassungsänderungen vorzunehmen und die Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs wie auch des zentralen Wahlkomitees zu ändern – vorausgesetzt, die Exekutivorgane stimmen zu.

Beobachter glauben, dass das neue Parlament die Auflösung des Vertrags zwischen der PDVSA und Rosneft zur Exploration schwer zu erschließender Ölvorkommen anstreben wird. Dafür könnte die getroffene Vereinbarung als unlauter deklariert und aufgehoben werden. Zudem betonte die Opposition im Wahlkampf stets, Venezuela sei keiner militärischen Bedrohung ausgesetzt. Kürzungen des Militäretats und der Aufbau engerer Beziehungen zu den USA sind daher für die Zukunft nicht auszuschließen.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RBC.

 

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