Minsker Gespräche: Beachtliche Erwartungen, bescheidene Ergebnisse

Deputy Chairman of the DNR Denis Pushilin and Representative of the LNR Vladislav Deinego are interviewed by journalists after a meeting of the Contact Group on settlement of the situation in the east of Ukraine held in Minsk, Aug. 26. Source: RIA Novosti / Vitaly Zalessky

Deputy Chairman of the DNR Denis Pushilin and Representative of the LNR Vladislav Deinego are interviewed by journalists after a meeting of the Contact Group on settlement of the situation in the east of Ukraine held in Minsk, Aug. 26. Source: RIA Novosti / Vitaly Zalessky

Dem ersten Treffen der trilateralen Kontaktgruppe zur Regulierung der Ukraine-Krise im neuen Jahr gingen große Erwartungen voraus. Zumal Ende Dezember Boris Gryslow – ein politisches Schwergewicht – zum russischen Chefvermittler ernannt wurde.

Am Mittwoch fand in Minsk ein weiteres Treffen der Donbass-Kontaktgruppe statt. An den Verhandlungen nahmen neben den Delegationen Russlands und der Ukraine auch OSZE-Vermittler und Vertreter der selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk teil. Das Ergebnis des Treffens fiel bescheiden aus. Der Vorschlag des russischen Gesandten einer sofortigen Feuerpause entlang der Trennlinie im Donbass fand bei allen Teilnehmern regen Zuspruch. Auch wurde der Austausch von Gefangenen beschlossen. Allerdings war diese Entscheidung ohnehin bereits Ende vergangenen Jahres getroffen worden.

Diese scheinbar moderaten Ergebnisse, so betonen russische Beobachter, täuschten aber lediglich darüber hinweg, dass es bei der Umsetzung der Minsker Abkommen in der Tat eine Bewegung gebe. So sei die Ernennung Boris Gryslows zum Chefvermittler als Zeichen der Entschlossenheit Russlands und seines Vertrauens auf das Potenzial der Minsker Abkommen zu werten. „Diese Ernennung bedeutet, dass Moskau die Regulierung der Ukraine-Krise weiterhin als eine grundlegende und prioritäre Frage seiner Außenpolitik ansieht“, sagt Dmitrij Danilow, leitender Experte für europäische Sicherheit am Europäischen Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften.

Timofej Bordatschew, Leiter des Zentrums für komplexe europäische und globale Studien an der Moskauer Higher School of Economics, stimmt dem zu: Die Ernennung eines politischen Schwergewichts zum Vorsitzenden der russischen Donbass-Delegation verdeutliche den Wunsch des Kremls, „die politischen Einsätze zu erhöhen, dem Posten einen höheren politischen Wert beizumessen.“

Gegenstand der Verhandlungen

Ein Zeichen dafür ist auch der unerwartete Besuch Gryslows in Kiew, der für große Aufregung in der ukrainischen Hauptstadt sorgte. Wie die ukrainische Zeitung „Serkalo nedeli“ (zu Deutsch: „Der Wochenspiegel“) vermeldet, traf sich Gryslow dort mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko. Die ukrainische Präsidialverwaltung bestätigte das Treffen indes nicht.

Der neue Chefvermittler aus Moskau, Boris Gryslow, war 2001 bis 2003 Innenminister Russlands und bis Dezember 2011 Vorsitzender der russischen Staatsduma. Foto: Dmitrij Astachow / Ria Nowosti 

Nach Einschätzung des ukrainischen Politologen Andrej Solotarew könnten die von den Minsker Abkommen vorgesehenen Änderungen der ukrainischen Verfassung im Mittelpunkt des Gesprächs gestanden haben. Die Änderungen betreffen unter anderem den Status der aufständischen Donbass-Gebiete.

Dmitrij Danilow meint, die beiden Politiker hätten ein Problem diskutiert, das den Friedensprozess im Donbass bedrohen könnte: die Lokalwahlen, die für Ende Februar in den beiden Volksrepubliken Donezk und Lugansk angesetzt sind. Eine von Kiew unabhängige Abstimmung hätte schon im letzten Jahr stattfinden sollen, wurde aber auf Drängen Moskaus und der europäischen Hauptstädte von den Verantwortlichen in Donezk und Lugansk verschoben. Damit sollte Zeit zur Klärung der Frage über das Abstimmungsformat eingeräumt werden.

Obama zu den Wahlen im Donbass

Die Wahlen im Donbass waren bereits im Vorfeld der Minsker Gespräche Thema auf höchster Ebene: In einem Telefonat mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch betonte US-Präsident Barack Obama die Notwendigkeit einer Einigung in dieser Frage.

Das nächste Treffen der Kontaktgruppe ist für den 20. Januar geplant.

Unterdessen hält Kiew – ein Schlüsselkontrahent in der Kontaktgruppe – an seiner Position hinsichtlich der Wahlen fest. Den selbst ernannten Volksrepubliken entgegenkommen will die ukrainische Hauptstadt nicht: „Wahlen? Nur nach ukrainischem Gesetz, unter Beobachtung der OSZE und nach der Entwaffnung“, erklärte Irina Geraschtschenko, eine Vertreterin der ukrainischen Delegation in der Kontaktgruppe. Im Donbass wird dies kategorisch abgelehnt. Die Wahlen sollen nach einem Sondergesetz abgehalten werden, heißt es in Donezk und Lugansk mit Verweis auf die Minsker Abkommen. An der Ausarbeitung eines solchen Gesetzes müssen die Vertreter der selbst ernannten Volksrepubliken beteiligt werden.

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