Putin und Erdoğan kündigen Gespräche an

Reuters
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Russlands Präsident Wladimir Putin wollen bald zu Gesprächen zusammentreffen. Dies bestätigten beide Seiten. Laut Experten werden dabei drei wichtige Themen im Vordergrund stehen. RBTH hat sich diese näher angeschaut.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat bestätigt, dass in naher Zukunft ein Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin stattfinden soll. Ende dieses Monats könnte es soweit sein. Alternativ kommt aber wohl auch ein Gespräch im Vorlauf des G20-Gipfels im August infrage.

Es wäre das erste Treffen der beiden Staatschefs seit Beginn der siebenmonatigen Krise in den bilateralen Beziehungen, die am 24. November 2015 mit dem Abschuss eines russischen Fugzeugs des Typs Su-24 durch die Türkei begann. Experten vermuten, dass bei einem Treffen der Präsidenten drei besonders drängende Themen im Mittelpunkt stehen werden.

Syrien und Sicherheit

„Das Hauptthema ist die Zusammenarbeit in Bezug auf Syrien und der gemeinsame Kampf gegen den Terrorismus“, betont Alexander Sotnitschenko, Experte für internationale Beziehungen an der Staatlichen Universität Sankt Petersburg. Für Prognosen über mögliche Lösungsansätze sei es noch zu früh: „Alles hängt von Russlands Vorschlag zu einem Kooperationsprogramm ab“, meint Sotnitschenko.

Die Syrien-Krise ist der Hauptgrund für die Verstimmungen zwischen Russland und der Türkei. Ankara schlug sich gleich zu Beginn des Konfliktes auf die Seite der Opposition und nahm aktiv an Treffen der Freunde Syriens teil. Selbst radikale Gruppierungen soll die Türkei in ihrem Kampf gegen Assad gefördert haben. Moskau hingegen unterstützt die offizielle Regierung in Damaskus und hatte im vergangenen Herbst einen Militäreinsatz in Syrien an der Seite der Regierungstruppen begonnen.

Kerim Has, Eurasien-Experte der unabhängigen Internationalen Organisation für strategische Studien in Ankara, betont, dass die Türkei ihre Außenpolitik neuerdings überdenkt – auch hinsichtlich Syrien. „Ein Dialog zwischen Moskau und Ankara zur Syrien-Frage ist durchaus realistisch. Mehr noch: Er ist notwendig. Die diplomatische Krise beider Länder hat schließlich mit Syrien begonnen“, sagt Has. „Und durch eine Kooperation in der Syrien-Krise kann sie auch wieder überwunden werden.“

Aufhebung der Sanktionen und Visafreiheit

Ebenfalls wird wohl die Aufhebung der russischen Sanktionen gegen die Türkei Gegenstand des Treffens sein. Putin hat die russische Regierung bereits angewiesen, den Prozess zur Aufhebung der Sanktionen zu beginnen. Auch die Abschaffung der Visapflicht für türkische Staatsbürger, die am 1. Januar dieses Jahres eingeführt wurde, wird sicherlich diskutiert werden.

Juri Mawaschew, Orient-Experte des Kaukasischen Geopolitischen Clubs, ist überzeugt, dass „diese Prozesse unmittelbar mit den Erfolgen Ankaras bei der Erfüllung aller restlichen Forderungen Moskaus zusammenhängen – also der Bestrafung der Verantwortlichen und der Zahlung von Schadensersatz für das zerstörte Flugzeug.“ Deshalb glaubt der Experte: „Russland ist beim bevorstehenden Treffen in der stärkeren Position.“ Die Ankündigung des russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew, die Maßnahmen der russischen Regierung zur Stabilisierung des Verhältnisses schrittweise erfolgen zu lassen, sei kein Zufall. „Sie sind ein Zeichen an die Türkei, ein Aufruf an Ankara zu weiteren entgegenkommenden Schritten“, erklärt der Experte.

Turkish Stream

Die geplante Gaspipeline „Turkish Stream“ ist ein weiteres wichtiges Thema. Putin hatte bei einem offiziellen Besuch der Türkei im Dezember 2014 den Verzicht auf die Pipeline „South Stream“ zugunsten des „Turkish Stream“ angekündigt. Geplant war, eine Leitung für russisches Gas über den Grund des Schwarzen Meeres und weiter über türkisches Territorium bis zur türkisch-griechischen Grenze zu verlegen. Das russische Unternehmen Gazprom und sein türkisches Pendant Botas unterzeichneten am 1. Dezember 2014 ein entsprechendes Memorandum. Ein entsprechendes Regierungsabkommen wurde jedoch immer wieder verschoben, da sich beide Seiten nicht über Kosten und Umfang der Gaslieferungen sowie mögliche Rabatte einigen konnten. Die Regierungskrise in der Türkei kam erschwerend hinzu. Seit dem Abschuss des russischen Flugzeugs über der Türkei sind die Verhandlungen vollständig zum Erliegen gekommen. In Russland verzichtete man bislang jedoch darauf, das Projekt vollständig aufzugeben.

„Die Wiederaufnahme des Projekts wird als einer der zentralen Punkte der bilateralen Zusammenarbeit angesprochen werden“, glaubt Has. „Es ist durchaus möglich, dass sich beide Seiten bei dem Treffen auf den Bau der Pipeline zu gegenseitig günstigen Konditionen verständigen werden“, mutmaßt der Experte. 

Kommen sich Ankara und Moskau wieder näher?

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