Treffen in Istanbul: Worauf sich Putin und Erdoğan geeinigt haben

Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan.

Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan.

Reuters
Wladimir Putin und sein türkischer Amtskollege Recep Tayyip Erdoğan kamen am Montag auf dem Welt-Energie-Kongress in Istanbul zusammen – bereits zum dritten Mal, seit sich Erdoğan bei Putin für den Abschuss des russischen Kampfjets entschuldigt hatte. Drei wichtige Vereinbarungen wurden bei den jetzigen Gesprächen erzielt.

1. Turkish Stream wird gebaut

Die Türkei und Russland haben eine Zwischenregierungsvereinbarung über den Bau der Gaspipeline Turkish Stream unterzeichnet. Der Bau der Gasleitung war bereits im Dezember 2014 vereinbart worden und ist als Alternative zum South Stream gedacht. Die Umsetzung des Projektes wurde jedoch immer wieder verschoben: Erst konnten sich beide Seiten nicht auf Rabatte und die Anzahl der Pipelinestränge einigen, dann folgte die diplomatische Eiszeit in den Beziehungen beider Länder nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets über der Türkei. Begleitend wurde immer wieder über die Reaktivierung des South Stream und die Einstellung des Turkish Stream spekuliert.

Beim jetzigen Treffen in Istanbul ist das Vorhaben nun durch die Vereinbarung besiegelt worden. Zudem haben sich Russland und die Türkei auf Preisnachlässe im Rahmen des Projektes einigen können.

Zum Abschluss des Treffens betonte Wladimir Putin, dass sich beide Seiten „auf die Umsetzung der Pläne des türkischen Präsidenten zum Aufbau eines großen Energiehubs in der Türkei hinbewegen“.

2. Türkisches Obst kehrt nach Russland zurück

Eine weitere wichtige Frage der bilateralen Zusammenarbeit ist die Aufhebung des russischen Embargos auf türkisches Obst und Gemüse, das Moskau letztes Jahr gleich nach dem Abschuss des russischen Jets gegen die Türkei verhängt hatte. Präsident Putin erklärte auf dem Welt-Energie-Kongress, dass Moskau sich dazu entschlossen habe, türkische Lebensmittel wieder nach Russland zu lassen. Diese Entscheidung ist laut russischem Staatschef zu beidseitigem Vorteil. Es gehe dabei um Zitrusfrüchte und Kernobst. „Die russische Landwirtschaft kann diese nicht produzieren. Die Lieferung türkischer Früchte sollte – damit rechnen wir – zu einem Sinken der Preise dieser Produkte führen“, sagte der russische Präsident. Im vergangenen Jahr sei türkisches Obst und Gemüse im Wert von 500 Millionen US-Dollar, mehr als 450 Millionen Euro, auf dem russischen Markt verkauft worden, betonte Putin.

3. In Syrien kommt man sich nicht in die Quere

Neben der Kooperation im Energiesektor stand auch Syrien auf der Agenda. Wie für Russland bleibt das syrische Problem auch für die Türkei eine vordringliche Frage der Außenpolitik. Beide Länder sind direkt am Konflikt beteiligt. Russland fliegt Luftangriffe gegen die Terrormiliz Islamischer Staat; die Türkei schützt seine Grenzgebiete durch die Operation Euphrat-Schild im Norden Syriens gegen dieselbe Organisation – und zugleich auch gegen syrische Kurden, die laut Ankara mit der in den USA, der EU und der Türkei verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden seien. Dennoch unterscheiden sich die Positionen Moskaus und Ankaras in einem Punkt wesentlich: Moskau unterstützt den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und bombardiert Anti-Regierungs-Truppen, die sich gegen eine friedliche Lösung stellen und deshalb von Russland als terroristisch eingestuft werden. Die Türkei hingegen unterstützt Anti-Regierungs-Gruppen und hat das Assad-Regime als terroristisch bezeichnet.

„Russland und die Türkei haben sich bezüglich der Operation Euphrat-Schild bereits im August, beim ersten Besuch Erdoğans in Russland, geeinigt. Moskau hat den Beginn der Operation im Norden Syriens nahezu unkommentiert hingenommen“, erklärt Juri Mawaschew, Politologe am Zentrum für Türkei-Studien. Zwischen Moskau und Ankara gelte wohl eine stillschweigende Vereinbarung, glaubt der Experte: einander nicht in die Quere zu kommen. Und nun, während des Besuchs Wladimir Putins in Istanbul, sei diese bekräftigt und besiegelt worden. „Türkische Beamte und Medien schweigen zur russischen Beteiligung in Aleppo. Sie haben einen Befehl: Wir kümmern uns nicht um Aleppo, weil Russland uns den Norden überlassen hat“, so Mawaschew.

Und Kerim Khas, Experte für eurasische Politik der „International Strategic Research Organization“ in Ankara, meint: „Das Wichtigste, worauf sich Erdoğan und Putin zur Syrien-Krise geeinigt haben, ist die Fortsetzung der positiven Herangehensweise. Sie wollen weiterhin im Rahmen des hochrangigen Formates verhandeln, das von den Außenministerien, Generalstäben und Nachrichtendiensten eingerichtet wurde. Die Lage in Aleppo, die humanitäre Krise und die Unterscheidung oppositioneller Gruppen von Terroristen wird im Rahmen dieses Formates erörtert werden.“

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