Warum Putin wirklich nach Berlin reiste

Wladimir Putin, sein persönlicher Berater Wladislaw Surkow, Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel während der Gespräche in Berlin.

Wladimir Putin, sein persönlicher Berater Wladislaw Surkow, Frank-Walter Steinmeier und Angela Merkel während der Gespräche in Berlin.

Reuters
Das Treffen des Normandie-Quartetts in Berlin, das am Mittwoch stattfand, brachte erwartungsgemäß keine großen Fortschritte in der Lösung des Konflikts im Osten der Ukraine. Russische Experten glauben, dass das Normandie-Format ungeeignet sei, wahre Veränderungen zu bewirken. Putin sei nicht nach Berlin gekommen, um mit Poroschenko, sondern mit den europäischen Staats- und Regierungschefs zu sprechen.

Vielversprechend war das Berliner Treffen zwischen Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine von Anfang an nicht. Russland und die Ukraine hatten sich vorab gegenseitig der Nichtumsetzung der Minsker Abkommen beschuldigt und der Kreml hatte die Teilnahme Wladimir Putins erst kurz vor den Gesprächen angekündigt. Zuvor hatte der russische Präsident seine Zweifel an der Produktivität der Treffen geäußert.   

Kiew zeigte sich ebenfalls skeptisch. Vor den Gesprächen sagte Konstantin Jelissejew, stellvertretender Leiter der ukrainischen Präsidialverwaltung, dass ein Fortschritt unwahrscheinlich sei. „Man sollte nicht an Wunder glauben“, so Jelissejew.

Sackgasse im Donbass

Wunder gab es dann auch keine, denn nach fünfstündigen Gesprächen war kein einziges Dokument unterzeichnet worden. Im Laufe des Monats werde ein neuer „Fahrplan“ für die Lösung der Lage im Donbass entwickelt, hieß es stattdessen.

Unabhängig von den vorsichtig-positiven Äußerungen über die Ergebnisse des Treffens glauben Experten, dass die grundlegenden Widersprüche zwischen Moskau und Kiew bestehen blieben. Putin sprach von der allgemeinen Loyalität gegenüber den Minsker Abkommen, während der ukrainische Präsident Petro Poroschenko zugab, dass es für das Normandie-Format keine Alternativen gebe.

„Russlands Beziehungen mit der Ukraine sind nach wie vor angespannt. Ginge es lediglich um einen Dialog mit Kiew, hätte Moskau wahrscheinlich abgesagt“, glaubt Sergej Karaganow, Dekan der Fakultät für Weltpolitik und Wirtschaft an der Higher School of Economics. Karaganow ist überzeugt, dass Poroschenko einen Teil der Minsker Abkommen bezüglich der Wahlen im Donbass und der Begnadigung für Separatisten nicht einhalten könne und wolle.

Timofej Bordatschow, Programmdirektor des internationalen Diskussionsklubs „Waldai“, stimmt Karaganow zu und glaubt, dass die Ukraine nicht bereit sei, einen Dialog zu führen. „Die ukrainische Seite erklärt offen, dass sie auf den neuen US-Präsidenten warte, und hofft dabei auf Hillary Clinton. Das wird ein Szenario der Konfrontation befördern“, sagte Bordatschow gegenüber RBTH.

Unterstützung für Merkel, Frieden mit Hollande

Experten sind sich sicher, dass Putin nicht nach Berlin gekommen sei, um mit Poroschenko zu sprechen: „Bei diesem Treffen ging es nicht um Poroschenko, sondern um den Dialog mit Europa. Das betrifft nicht nur die Ukraine-Krise, sondern auch andere Fragen, wie die Beziehungen zwischen Russland, Europa und Syrien“, so der Politologe Sergej Michejew.

Der ukrainische Politologe Michail Pogrebinski sagte bei „Kommersant FM“, dass Putin nach Berlin gereist sei, um Merkel zu unterstützen, die das Treffen organisiert hatte: „Er wollte nicht, dass Merkel als Organisator scheitert. Er erwartet wohl etwas von ihr.“

Michejew glaubt, dass Putins Teilnahme auf die Bedeutung Deutschlands für sein Land zurückzuführen sei. „Deutschland ist die stärkste Wirtschaft in der EU, der Handelsverkehr zwischen Russland und Deutschland ist sehr groß. Deshalb ist es wichtig, die Beziehungen zu pflegen und sie nicht grundlos zu belasten", gab Michejew zu Protokoll.

Zudem sei es für Putin wichtig gewesen, Francois Hollande zu treffen. Ein geplantes Treffen sagte der russische Präsident letzte Woche ab. „Das Treffen des Normandie-Quartetts ist eine gute Gelegenheit für Putin, sich mit Hollande zu treffen und die Missverständnisse zwischen ihnen zu beseitigen", glaubt Michejew.

Auch Syrien war ein Thema

Nach dem Treffen mit Poroschenko verurteilten Merkel und Hollande die Angriffe auf Aleppo seitens der russischen und syrischen Luftwaffe. Neue Sanktionen gegen Russland seien deshalb nicht ausgeschlossen. Russland kündigte die Verlängerung der humanitären Pause in Aleppo an und forderte, zwischen den Terroristen und der gemäßigten Opposition zu unterscheiden.

Karaganow sagte, dass er skeptisch auf den Syrien-Dialog schaue. Dass es ihn gebe, sei jedoch ein gutes Zeichen: „Frankreich und Deutschland haben keinen großen Einfluss auf die Lage in Syrien. Die Schlüsselrolle im Westen spielen die USA. Eine Diskussion ist aber erlaubt. Warum auch nicht? Man sollte sich die Chance auf einen Dialog nicht entgehen lassen“, so der Experte gegenüber RBTH.

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