Ukrainischer Raketentest führt zu neuen Spannungen

Experten vermuten, dass die Manöver einem größeren Zweck dienen.

Experten vermuten, dass die Manöver einem größeren Zweck dienen.

PhotoXpress
In diesen Tagen führt die Ukraine Raketentests über dem Schwarzen Meer durch. Der Kreml hatte die Übungen in der Nähe des russischen Staatsgebietes zuvor scharf kritisiert. Experten spekulieren nun, warum Kiew ein so provozierendes Manöver durchführen lasse. Drei Theorien stehen im Raum.

Als die Ukraine in der vergangenen Woche offiziell für Anfang Dezember Raketentests über dem Schwarzen Meer angekündigt hatte, reagierte das russische Verteidigungsministerium scharf. Manteilte der Ukraine mit, dass die Raketen abgeschossen würden, sollten diese eine Gefahr für russische Objekte darstellen. Russland brachte mehrere mit Luftabwehrsystemen ausgestattete Schiffe der Schwarzmeerflotte in Stellung.

Kiew ist überzeugt, dass es sich bei den Gewässern, in denen die Tests durchgeführt werden, um ukrainisches Staatsgebiet handele. Die Raketenstarts sollten ursprünglich in unmittelbarer Nähe der Halbinsel Krim stattfinden, die beide Länder für sich beanspruchen, de facto jedoch von Russland kontrolliert wird. Kurz vor den Tests verschob die Ukraine das Manöver in ein Gebiet außerhalb der Hoheitsgewässer der Krim. Warum die Ukraine eine weitere Eskalation in den Beziehungen mit Russland riskiert, wirft viele Fragen auf. Experten haben drei verschiedene Erklärungen:

1. Den Westen auf sich aufmerksam machen

Eine neue Verschärfung der Lage rund um die Krim sei vorteilhaft für die Ukraine, da man die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft auf sich ziehen könne, sagt der russische Politologe Sergej Michejew. Zuletzt sei der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine vor allem aufgrund der Krise in Syrien in den Hintergrund geraten. Die Ukraine sehe sich gezwungen, ein Zeichen zu setzen.

„In Kiew hat man Angst, dass sich die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen wieder verbessern könnten", gibt Michejew gegenüber RBTH zu verstehen. Der Sieg von Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen wiederum würde die Beziehungen zwischen dem Westen und der Ukraine bedrohen. Nun versuche Kiew, dem russisch-ukrainischen Konflikt neue Impulse zu verleihen, indem man sich als „Vorposten“ gegen den russischen Aggressor präsentiere.

„Die Unterstützung durch den Westen, sowohl politisch als auch wirtschaftlich, ist eine der Bedingungen für die Existenz der heutigen Regierung in Kiew. Sollte sich der Westen weniger um die Lage in der Ukraine kümmern, dann hätte dies verheerende Folgen für die ukrainische Führung", sagt Michejew.

2. Betonen, dass die Krim ukrainisch sei und damit Russland provozieren

Die ukrainischen Streitkräfte betonen, dass sie völkerrechtlich korrekt handelten. Die Tests würden ausschließlich im Luftraum der Ukraine stattfinden. So stellt Kiew klar, dass man die Krim als ukrainisches Staatsgebiet betrachte.

Juri Butussow, ukrainischer Militärexperte und Journalist, schreibt auf seiner Facebookseite: „Die Ukraine zeigt, dass sie die Grenzen der Krim nicht anerkennt und an jedem Punkt der Halbinsel schießen kann“. Er hoffe, dass die Manöver zu einem alltäglichen Phänomen würden und den „Besatzern“ zeigten, dass man den erhobenen Anspruch auf die Krim weltweit nicht teile.

Michejew glaubt, dass es sich um eine ernsthafte Provokation handele. Die Ukraine hoffe auf eine radikale Antwort aus Moskau. „Vielleicht reagiert Russland irgendwie hart und wendet Gewalt an. Dann wird man sagen können, dass Russland ein Aggressor sei", so Michejew über den möglichen Gedankengang der ukrainischen Regierung.

3. Das Volk vereinen und von innenpolitischen Problemen ablenken

Ein Teil der ukrainischen Bevölkerung zeigt sich unzufrieden mit der Lage im Land. Laut einer Umfrage des soziologischen Instituts Rating seien 46 Prozent der Ukrainer für einen Rücktritt des Präsidenten Petro Poroschenko. Der Präsident räumte ein, dass es der Ukraine in den letzten drei Jahren nicht gelungen sei, die Lebensqualität an europäische Standards anzupassen.

Wadim Karasjow, Direktor des ukrainischen Instituts für globale Strategien, glaubt, dass das Ziel einer Eskalation mit Russland als Ablenkung von innenpolitischen Problemen zu verstehen sei. „Die jüngsten Aktivitäten Kiews mobilisieren die Massen vor der Bedrohung von außen und hemmen interne Proteste", sagte Karasjow in einem Gespräch mit der Zeitung „Kommersant“.

Ähnlich sieht es auch Maria Sacharowa, offizielle Sprecherin des russischen Außenministeriums: „Mithilfe der erneuten Eskalation versucht Kiew, von der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise im eigenen Land abzulenken".

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