Nato-Gipfel in Brüssel: Doppelstrategie gegen die „russische Bedrohung“

Werden sich die Beziehungen zwischen der Allianz und Moskau verbessern?

Werden sich die Beziehungen zwischen der Allianz und Moskau verbessern?

AP
Im Rahmen des Nato-Gipfels in Brüssel war insbesondere die sogenannte „russische Bedrohung“ ein Schlüsselthema. Die Allianz habe nicht die Absicht, Moskau zu isolieren, versicherte Generalsekretär Jens Stoltenberg. Doch ernsthafte Versuche, die Beziehungen zu verbessern, bleiben bislang aus.

Im Rahmen des Nato-Gipfels am vergangenen Mittwoch in Brüssel unterzeichneten die Mitglieder des Militärbündnisses ein ganzes Paket an Dokumenten, darunter zur Zusammenarbeit im Bereich der Cybersicherheit oder zum Schutz vor hybriden Gefahren. Doch im eigentlichen Fokus des Gipfels stand Russland.   

Nato-Doppelstrategie: Kontrolle und Dialog

Die Nordatlantische Allianz werde bezüglich Russland die Politik des „Dialogs und der Verteidigung“ anwenden, kündigte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg an. „Wir dürfen nicht versuchen, Russland zu isolieren. Stattdessen müssen wir versuchen, zusammenzuarbeiten. Und das in allen Bereichen, sowohl auf Ebene der gesamten Allianz als auch auf Ebene der einzelnen Nato-Staaten“, sagte er.

Die Sanktionen gegen Russland müssten aber weiterhin aufrechterhalten werden, betonte Stoltenberg. Zudem sollten in Polen und den baltischen Ländern vier zusätzliche Bataillone mit jeweils 800 bis 1 200 Soldaten zum Schutz von Europa und den Nato-Ländern mobilisiert werden. Auch Washington habe sich entschieden, die Mittel für seine militärische Präsenz in Europa zu vervierfachen.

Der Zeitung „Kommersant“ versicherte Stoltenberg, die Nato sehe in Russland kein Sicherheitsrisiko. Er sei jedoch über die Zunahme der russischen Streitkräfte in westlicher Richtung besorgt. „Wir wollen keine Konfrontation, wir wollen das Konfliktpotenzial verringern“, sagte der Generalsekretär.

Misstrauen in Moskau

Dem entgegnete Alexander Gluschko, ständiger Vertreter Russlands in der Nato, Moskau sehe bislang keinerlei Anzeichen oder Bestreben seitens des Bündnisses, die Beziehungen mit Russland verbessern zu wollen. Er warnt, dass die Doppelstrategie des Dialogs und der gleichzeitigen Politik der Mäßigung Russland in einen neuen Kalten Krieg treiben könnte.

„Die Nato begründet ihre künftige Existenz offenbar mit der Verteidigung vor einem großen Feind. Deshalb spricht sie von einer russischen Bedrohung. Und das, obwohl Russland offensichtlich keine aggressiven Pläne gegenüber der Nato hegt. Das übersteigt den gesunden Menschenverstand“, sagte Gluschko.

Beide Seiten wünschen sich eine Annäherung

Nach der Wahl Donald Trumps zum künftigen US-Präsidenten hält die russische Öffentlichkeit eine Annäherung an den Westen allerdings für möglich. Diese Erwartungshaltung finden viele Experten jedoch verfrüht. „Russland muss sich hüten. Wir neigen dazu, von großer Verzweiflung in völlige Euphorie zu verfallen, die sich mit der Wahl Trumps und den Wahlen in Europa eingestellt hat. Wir dürfen uns nichts vormachen“, mahnt Wiktor Misin, stellvertretender Direktor des Instituts für strategische Bewertungen.

Russland und die Nato hätten jedoch die Möglichkeit, Zwischenfälle auf See und in der Luft mithilfe von Transpondern zu verhindern. Dabei handelt es sich um ein Flugzeugsystem zur Feststellung von Feinden und Verbündeten. Die Verhandlungen zwischen den beiden Seiten laufen bereits.

Waleri Garbusow, Direktor des kanadischen und US-amerikanischen Instituts an der Russischen Akademie der Wissenschaften, glaubt, dass die Richtung der weiteren Zusammenarbeit zwischen der Nato und Russland sich bis Februar kommenden Jahres zeigen wird. „Nicht nur Russland, sondern auch einzelne Nato-Staaten wünschen sich bessere Beziehungen. Deshalb kann man eine konstruktivere Arbeit auf beiden Seiten erwarten. Vor allem, da am Ende des Jahres die Russland-Nato-Tagung stattfindet, bei der die nächsten Arbeitsschritte ausgearbeitet werden“, sagte der Experte.

Dossier: Russland-Nato-Beziehungen

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