Der Neubau des historischen Kirow-Stadions auf der Krestowskij-Insel in Sankt Petersburg. Foto: RIa Novosti/Igor Russak
Nach den jüngsten Ereignissen rund um den Fußball-Weltverband Fifa wurden erneut kritische Stimmen zur WM-Vergabe an Russland, das 2018 Austragungsort sein wird, laut. Gleichzeitig leidet das Land unter der Wirtschaftskrise. Die Vorbereitungen für die Fußball-Weltmeisterschaft sind zwar im Gange, doch es läuft nicht alles nach Plan. Die Erfahrung vorangegangener Fußball-Weltmeisterschaften in Brasilien und Südafrika hat gezeigt, dass die größte Herausforderung die rechtzeitige Fertigstellung der Spielstätten ist. Das gilt auch für Russland, wo der Termin für die Abnahme der WM-Stadien allmählich bedrohlich nahe rückt: Im Mai 2017 muss alles fertig sein.
Erst drei Stadien sind fertig
In Russland sollen die Spiele laut Plan in zwölf Stadien und elf Städten stattfinden. Drei sind fertig gestellt, wobei nur in einem tatsächlich bereits gespielt werden könnte: Die Otkrytije-Arena von Spartak Moskau bietet Platz für bis zu 45 000 Zuschauer. So viel fasst auch die Kasan-Arena, in der 2014 schon einige Spiele stattfanden. Sie wird jedoch für die Schwimm- und Wassersportmeisterschaften, die in diesem Sommer in Kasan ausgetragen werden, benötigt. Statt eines Fußballfeldes wird es dort also erst einmal zwei Schwimmbecken geben. Das Fisht-Stadion in Sotschi mit bis zu 40 000 Plätzen befindet sich gerade erst im Umbau. Der Rückbau von Teilen, die für Olympia eingesetzt wurden, wird voraussichtlich noch bis 2016 dauern.
Zwei weitere Stadien befinden sich ebenfalls noch in der Umbauphase. Die bedeutendste russische Spielstätte, das Luschniki-Stadion in Moskau, wo das Finale der WM 2018 ausgetragen werden soll, wurde im Herbst 2013 geschlossen und soll Ende 2016 wieder öffnen. Die Kapazität soll auf 81 000 Zuschauerplätze vergrößert werden, indem man den Neigungswinkel der Tribünen ändert und die vordersten Reihen näher ans Feld versetzt. Das Stadion Zentralnyj in Jekaterinburg soll auf 35 000 Zuschauerplätze aufgestockt werden. In beiden Fällen werden die Stadien ihren architektonischen Charakter der 1950er-Jahre behalten.
Mit dem Bau weiterer Spielstätten für bis zu 45 000 Zuschauer wurde auch in Nischnij Nowgorod, Samara, Wolgograd, Rostow am Don und Saransk begonnen. Große Fortschritte gab es bislang jedoch nicht: Über die Tiefbau- und Betonarbeiten ist man bisher nicht hinausgekommen. In Kaliningrad haben die Bauarbeiten noch gar nicht angefangen.
Kostenexplosion in Sankt Petersburg
Am heftigsten wird der Stadionbau in Sankt Petersburg kritisiert. Dort sind die Arbeiten immerhin schon seit 2006 im Gange. Der Neubau soll das historische Kirow-Stadion auf der Krestowskij-Insel ersetzen und die neue Heimat des Petersburger Traditionsklubs Zenit werden. Technische Neuerungen wie ein 7 800 Tonnen schweres ausziehbares Feld und ein 71 000-Quadratmeter-Schiebedach mit einem Gewicht von 22 000 Tonnen sind geplant.
Der Entwurf des japanischen Architekten Kishō Kurokawa für das Zenit-Stadion wurde seit Baubeginn immer wieder überarbeitet, Fristen konnten nicht eingehalten werden. Die Kosten sind mittlerweile ins Astronomische gestiegen, sie liegen derzeit bei etwa 544 Millionen Euro – mindestens. Doch der Kostenanstieg sei berechtigt, verteidigen sich die Verantwortlichen.
„Es stimmt nicht, dass das Stadion das teuerste der Welt sein wird“, sagte Witalij Lasutkin, Leiter des Bauunternehmens "Inschstrojinvest", die sich mit dem Bau des Stadions beschäftigt sich, in einem Interview mit der Agentur Tass. „Wenn man es mit ähnlich großen und komplexen Stadien vergleicht, das heißt Stadien der Luxusklasse, dann liegen wir auf dem siebten Platz hinsichtlich der Kosten pro Quadratmeter. In Russland gibt es nichts Vergleichbares.“ Weltweit spiele es in der Liga des britischen Wembley- oder des deutschen Schalke-Stadions, betonte Lasutkin.
Weniger Geld für die WM
Doch Russland muss beim Budget für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 wegen der Wirtschaftskrise im Land sparen. Im Juni beschloss die russische Regierung Kürzungen von etwa 471 Millionen Euro. Der russische Sportminister Witalij Mutko sagte, es solle vor allem beim Ausbau der Hotels gespart werden. „Wir haben davon abgesehen, in den Regionen Hotels zu bauen, die später nicht mehr gebraucht werden“, zitiert die russische Zeitung "Kommersant" den Minister.
Offizielle Informationen zu den genauen Ausgaben für die Weltmeisterschaft gibt es nicht. Im Jahr 2013 nannte Vizepremier Igor Schuwalow einen geschätzten Betrag von mindestens vier Milliarden Euro. Im Januar dieses Jahres wurden Kürzungen der Gesamtausgaben um zehn Prozent angekündigt.
Die Olympischen Spiele von Sotschi haben Russland nach offiziellen Angaben rund 3,4 Milliarden Euro gekostet. Alternative Studien, insbesondere die der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny und des ermordeten Boris Nemzow, nennen weitaus höhere Zahlen – darin ist von umgerechnet rund 21 Milliarden Euro die Rede.
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