Meldonium in aller Munde: Wirkstoff wird zum Kassenschlager

Bereits ein Jahr vor Verbot wurde Meldonium von den russischen Antidopingexperten getestet und als Pharmazeutikum eingestuft.

Bereits ein Jahr vor Verbot wurde Meldonium von den russischen Antidopingexperten getestet und als Pharmazeutikum eingestuft.

Donat Sorokin/TASS
Nach Doping-Enthüllungen setzte ein wahrer Ansturm auf die Substanz ein.

Seit den Enthüllungen der russischen Tennis-Spielerin Maria Scharapowa ist Meldonium der Renner bei russischen Apotheken: Um rund 50 Prozent schnellten die Verkäufe von Präparaten mit dem Wirkstoff hoch. Mit als erste wurden Mitarbeiter der Apotheke im Gebäude der russischen Duma von dem Ansturm überrannt: „Früher bestellten wir eine Packung des Medikaments. Heute kommen wir mit den Bestellungen kaum noch nach“, sagt eine Mitarbeiterin der Apotheke der Nachrichtenagentur „Interfax“. Nach dem Ausbruch des Doping-Skandals sei das Präparat besonders häufig nachgefragt worden.

Andere Apotheker bestätigen den Trend. So seien die Mildronate-Absätze bei der russischen Apotheken-Kette „ASNA“ Anfang dieses Monats auf Durchschnittsniveau gewesen. Am 9. März seien die Verkäufe jedoch um das Fünffache angesprungen, sagte der Direktor der Kette, Alexander Schischkin, im Gespräch mit der russischen Wirtschaftszeitung „RBC“.

Schlange stehen für Substanz

Laut dem Handelsportal „Medlux.ru“ kostet eine Packung Mildronate in der russischen Hauptstadt und Umgebung rund 300 Rubel, umgerechnet 3,75 Euro. Das Medikament ist nur auf Rezept zu haben. Die Neurologin Irina Wostrikowa gibt jedoch zu bedenken, dass das Meldonium bis vor kurzem rezeptfrei war und bislang nicht berichtspflichtig ist. Daher sei es nicht ausgeschlossen, dass das Medikament auch ohne Rezept über die Ladentheke gehe. „Dieser Wirkstoff wird häufig bei Übermüdung, Kreislaufstörungen im Gehirn, Herz- und Gefäßerkrankungen verschrieben. Dabei hat die Einnahme des Meldoniums keinerlei narkotisierende Wirkung“, erklärt die Neurologin.

„Nach dem Beginn des Doping-Skandals stieg die Nachfrage nach Meldonium um das Fünf- bis Siebenfache“, sagt der Entwicklungsdirektor der Apotheken-Kette „Gorsdraw“, Dmitrij Orechow. „War das Medikament früher nur für Spezialisten interessant, wollen jetzt Menschen das Präparat wegen seiner pharmazeutischen Wirkung kaufen – also entweder Menschen, die zu Herzerkrankungen neigen, oder aktiv Sport treiben“, erklärt der Experte und fügt hinzu: „Ich glaube, der Run wird nicht so schnell nachlassen.“

„So wie es bei meinen Freunden in den sozialen Netzwerken aussieht, interessieren sich Hobby-Sportler und… Liebhaber von Spirituosen für das Präparat. Nach den Nachrichten über die Tennisspielerin haben viele sich kurz informiert und entschlossen, es auszuprobieren“, sagte der Unternehmer Dmitrij Stepanow im Gespräch mit RBTH. Irina Wostrikowa, die Neurologin gibt ihm recht: „Bei einem Kater wirkt Meldonium wie eine Glukose-Lösung: Es normalisiert den Stoffwechsel des Organismus“, sagt sie.

RBTH-Check:

Meldonium wurde in den siebziger Jahren in Lettland entwickelt. Ursprünglich war es dazu bestimmt, Nutzpflanzen- und Tierwachstum zu stimulieren. Nach klinischen Tests wurde es Anfang dieses Jahrhunderts zur Vorbeugung der ischämischen Herzkrankheit, zur Verbesserung des Blutkreislaufs im Gehirn und zur Linderung von Entzugserscheinungen bei Alkoholismus als wirksam eingestuft. Das Präparat ist ausschließlich in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion registriert, wo es frei käuflich ist.

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