Syrien steht in den Startlöchern, um türkische Marktanteile zu erobern.
Getty ImagesAb 1. Januar 2016 gilt in Russland ein Importverbot für bestimmte Produkte aus der Türkei. Auf der Sanktionsliste stehen vor allem Gemüsesorten wie Tomaten, Gurken, Blumenkohl, Brokkoli und Zwiebeln sowie Obst, darunter Trauben, Orangen, Mandarinen, Äpfel, Birnen, Aprikosen, Pfirsiche, Nektarinen, Pflaumen und Erdbeeren. Zudem wird die Einfuhr von gefrorenen Waren und Nebenschlachterzeugnissen von Pute und Hausgeflügel verboten. Ebenso dürfen keine frischen Nelken und Salz mehr aus der Türkei nach Russland eingeführt werden.
„Die Substitution türkischer Ware wird aktiv vorangetrieben“, versichert der Vorsitzende des Nationalen Verbands der Nahrungsmittelexporteure Dmitrij Bulatow. „Der russische Einzelhandel versucht, die entstehenden Lücken durch neue Lieferanten zu schließen. Zugleich zeigen sich immer mehr Staaten interessiert, die Marktanteile der Türkei zu übernehmen“, sagt Bulatow weiter.
Wie der russische Industrie- und Handelsminister Denis Manturow erklärte, hätten sich bereits mehrere Staaten als alternatives Lieferland angeboten, unter anderem Ägypten. Dort werde bereits eine Liste möglicher Warenlieferungen nach Russland zusammengestellt, sagt Bulatow: „Unter anderem geht es dabei um Tomaten, die zuvor nur in geringem Umfang von Ägypten nach Russland exportiert wurden.“ Tomaten und Zitrusfrüchte sind bislang auch aus China und Marokko eingeführt worden. Trauben kommen aus Chile, Peru, Indien, Iran und Ägypten. „Gerade diese Lieferanten sind bereit, das Exportvolumen zu vergrößern“, erklärt Bulatow. Rund ein Dutzend alternative Lieferländer gebe es zur Türkei.
Auch Syrien wäre bereit, bis zu 700 000 Tonnen Zitrusfrüchte, hauptsächlich Orangen, nach Russland zu liefern, um die türkischen Ausfälle zu kompensieren. Eine erste Lieferung ist nach Angaben des Vorsitzenden der syrischen Industrie- und Handelskammer Faris Shalabi bereits erfolgt. Syrien plant zudem, zukünftig Textilprodukte und weitere Erzeugnisse nach Russland zu exportieren.
„Die Sanktionen gegen die Türkei eröffnen eine Marktlücke, die für Syrien konkrete Exportmöglichkeiten bietet“, sagt Samir Dibis, der Vorsitzende der Industrie- und Handelskammer in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Eine Delegation syrischer Wirtschaftsvertreter will in Kürze nach Russland reisen. Als problematisch stellt sich allerdings noch die Zuverlässigkeit der Lieferungen dar. Vor dem Hintergrund des Krieges in Syrien ist kaum anzunehmen, dass es gelingt, hier Kontinuität zu garantieren.
Drei Wochen sind es nur noch bis zum Inkrafttreten des Embargos gegen die Türkei. Es ist fraglich, ob es Russland in diesem Zeitraum tatsächlich gelingen wird, die türkischen Warenlieferungen vollumfänglich zu substituieren. Verhandlungen müssen geführt und Verträge ausgearbeitet werden. Das alles braucht Zeit. Russland hat jedoch bereits Erfahrung in der Importsubstitution europäischer Ware. Nach der Einführung des Embargos gegen bestimmte westliche Staaten blieb mehr Zeit, doch die Lage war komplizierter. Es mussten ganz neue Lieferanten identifiziert werden. Nun muss lediglich der Lieferumfang auf bestehenden Kanälen aufgestockt werden. Die Substitution türkischer Erzeugnisse wird daher zügiger vonstattengehen können.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei "Wzgljad".
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