Russlands Minister für wirtschaftliche Entwicklung Alexej Uljukajew.
Alexander Korolkov/RGAlexej Uljukajew: Natürlich nicht. Es war der Preisverfall auf Energieressourcen, der zu grundlegenden Veränderungen in der Einnahmestruktur des Staats-, Wirtschafts- und Privatsektors geführt hat. Die Sanktionen haben in erster Linie Unternehmen tangiert, die auf den globalen Finanzmärkten präsent gewesen sind. Heute hat sich die Wirtschaft jedoch gänzlich an die Sanktionen angepasst und in gewissem Sinne sogar einen Nutzen daraus gezogen.
Zunächst haben die Sanktionen dazu geführt, dass der Kapitalabfluss aus Russland zugenommen hat und russische Unternehmen gezwungen waren, ihre Schulden schnell zu begleichen. Kurzfristig bedeutete das eine Abwertung des Rubels, langfristig aber zieht das eine Kostenreduktion für russische Unternehmen nach sich.
Die Verschuldung russischer Firmen und folglich auch ihre Anfälligkeit für externe Risiken sind stark zurückgegangen. Dies war der Anstoß für den größeren Übergang zu internen Finanzierungsquellen. Die Schere zwischen der Sparquote im Inland – 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts – und der Investitionsquote – 20 Prozent des BIP – wurde früher größtenteils durch Kapitalzufluss aus dem Ausland geschlossen. Es tut weh, aber so gehen wir zu einem neuen Modell der wirtschaftlichen Entwicklung über – einem weniger riskanten.
Ich treffe mich häufig mit Vertretern internationaler Unternehmen und weiß daher, dass Firmen, die in Russland bereits aktiv sind, niemals pauschal von einer Verschlechterung des Investitionsklimas sprechen würden. Auf den Sitzungen des Rats für Auslandsinvestitionen befassen wir uns daher vielmehr mit konkreten Problemen, auf die hingewiesen wird, und versuchen, sie zu lösen. Von einem negativen Klima in Russland sprechen meiner Meinung nach vor allem die Unternehmen, die bei uns gar nicht präsent sind.
Beides. In erster Linie liefern wir unzureichende Informationen und dazu kommt ein Überfluss an Negativinformation aus dem Ausland. Das genügt. Dahingehend müssen wir unseren Mechanismus der Entscheidungsfindung transparenter gestalten. Wenn auch in mäßigem Tempo: das Investitionsklima im Land verbessert sich. Im Rahmen der Nationalen Unternehmerinitiative versuchen wir, Barrieren für die Wirtschaft aufzuheben. Übrigens hat sich Russlands Position im Doing-Business-Rating der Weltbank verbessert. (Im vergangenen Jahr ist Russland um elf Punkte von Rang 62 auf 51 von insgesamt 183 Ländern aufgestiegen, Anm. d. Red.).
Natürlich. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen haben großes Potenzial. Davon zeugt das enorme Interesse russischer und deutscher Wirtschaftsvertreter an dieser jährlichen Veranstaltung. Im Augenblick bauen wir die Arbeit des Russischen Exportzentrums auf, gemeinsam mit Vertretern der Agentur für KMU-Förderung. Viele russische Unternehmen können im Export aktiv werden. Unsere Aufgabe besteht darin, aus potenziellen Exporteuren real exportierende Unternehmen zu machen. Wir unterstützen sie beim Marketing, bei der Logistik und der Verringerung der Transportkosten, beim Patentschutz, der Zertifizierung und so weiter. Bislang ist es für russische Unternehmen schwer, auf westliche Märkte zu gelangen, doch wir haben die Kraft, das zu ändern.
Der Begriff Strukturreformen ist im Grunde ein Allgemeinplatz. Unter Reformen verstehen wir meist eine schlagartige Kursänderung oder ständige Novellierung der bestehenden Rechtslage. Dies ist jedoch weniger notwendig als systematische Kleinarbeit. Das Ziel sind keine radikalen Transformationen. Vielmehr müssen die Möglichkeiten des bereits Bestehenden genutzt werden, anstatt zu versuchen, exotische Gewächse auf unseren Boden zu verpflanzen. In Russland laufen Strukturreformen bereits auf vollen Touren – in Branchen wie der Landwirtschaft und Petrochemie – und unsere Aufgabe ist es, sie zu unterstützen.
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