Russland und Luxemburg: Handelsbeziehungen in bewegten Zeiten

Natalia Michajlenko
Die Abwertung des Rubels hat die Investitionen aus Luxemburg in die russische Wirtschaft sicherlich noch attraktiver gemacht, aber andererseits bremst dieser Faktor die Zunahme des Handels zwischen den beiden Ländern.

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In Russland kennt man Luxemburg vor allem als großes Finanz- und Bankenzentrum, doch die Zusammenarbeit der beiden Länder beschränkt sich keinesfalls nur auf diesen Sektor. Enge Kontakte gibt es auch in der Metallurgie und in der chemischen Industrie. Vor dem Hintergrund des Rubelverfalls werden Investitionen in die russische Wirtschaft wieder interessanter, aber dieser Faktor steht der Zunahme des Handelsumsatzes beider Länder im Wege. 

Investitionen gehen zurück

Die Beliebtheit Luxemburgs bei der russischen Geschäftswelt hat ihren Grund im Doppelbesteu­erungsabkommen, das bereits 2011 unterzeichnet wurde. In seiner neuen Fassung ist der Vertrag seit dem 1. Januar 2014 gültig und gestattet es russischen Unternehmen, die Steuersatzuntergrenze auf fünf Prozent zu senken. Zudem gibt es in Luxemburg keine Börsenumsatzsteuer und die Verteilung ­
der Dividenden ist einfach geregelt, wodurch sich russische Unternehmen sehr effektiv finanzieren lassen.

Doch nichtsdestotrotz ist das Investitionsvolumen in den letzten Jahren gesunken: Die Unternehmen scheuen das Risiko. 2014 gingen die Investitionen nach Angaben der Russischen Zentralbank um 693 Mio. US-Dollar zurück. Im Jahr zuvor konnte noch ein Plus von 11,6 Mrd. US-Dollar verzeichnet werden.

„Luxemburg bietet für die Geschäftswelt immer noch sehr interessante Finanzinstrumente, die in Russland leider ihresgleichen suchen“, bemerkt der Leiter der Belgisch-Luxemburgischen Handelskammer in Russland Oleg Prosorow. „Luxemburg ist das einzige internationale Finanzzentrum in der EU mit einem Rating von ААА, deshalb ist das Land für russische Geschäftsleute so attraktiv. Wir glauben, dass für russische Unternehmen mit internationalen Geschäften Luxemburg der ideale Standort im Herzen Europas ist.“

Rubelabwertung drückt die Importe

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In den vergangenen zwei Jahren ist der Import von Waren aus Luxemburg nahezu auf die Hälfte gesunken: Betrug er 2013 noch 204 Mio. US-Dollar, waren es 2015 nur noch 111 Mio. US-Dollar. Der Hauptgrund dafür ist die nahezu halbierte Rubelwährung. Die Abwertung des Rubels beschleunigte sich im vergangenen halben Jahr dramatisch und die Wareneinfuhr nach Russland ging um 37,4 Prozenht zurück. Dieser prozentuale Rückgang ist aber immer noch geringer als der Importrückgang von Waren aus Frankreich (– 44 %) und aus der Europäischen Union im Ganzen (– 41,5 %).

Der Import besteht im Wesentlichen aus Industriewaren: allen vorab Papier und Zellulose (17 %), Autoreifen (13 %), Kunststoffbodenbeläge (11 %) und Maschinen (12 %). Die Lebens­mittel­importe waren aufgrund der Wirtschaftssanktionen gegen Russland und des darauffolgenden russischen Embargos ohne größere Bedeutung: So wurden 2013 aus Luxemburg Milch undMilchprodukte im Wert von gerade einmal 300 Tsd. US-Dollar eingeführt.

Gleichzeitig nimmt der russische Export nach Luxemburg rasant zu: In den beiden vergangenen Jahren stieg er auf das Dreifache, auch wenn das Volumen nicht gerade beeindruckte: Von 13 Mio. US-Dollar 2013 stieg es auf 46 Mio. US-Dollar 2015. Den größten Teil machten die Lieferungen ­fossiler Brennstoffe und Erdölprodukte aus (85 % des Gesamtexports). Um 50 Prozentnahm im vergangenen Jahr die Ausfuhr von Eisenmetallen (7,2 %) und um 70 Prozent die von chemischen Produkten zu. Dafür gingen die Lieferungen russischer Maschinen 2013 um 12,7 Prozent und 2015 um 3,1 Prozent zurück.

Die Geschäftswelt spricht sich gegen die Sanktionen aus

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Sanktionen, Embargo und Rubelverfall haben sich negativ auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und Luxemburg ausgewirkt, aber beide Seiten unterstreichen die Notwendigkeit eines Kurswechsels. Bei seinem Besuch in Moskau im Februar dieses Jahres erklärte der stellvertretende Premier- sowie Wirtschaftsminister Luxemburgs Etienne Schneider, dass „dieSanktionen für die Geschäftswelt beider Länder gleichermaßen schädlich sind“, und rief dazu auf, eine Gesamtlösung zu finden. Sein Gesprächspartner, der stellvertretende Ministerpräsident Russlands Dmitrij Rogosin, rief seinerseits die Luxemburger Geschäftsleute dazu auf, in die russische Wirtschaft zu investieren.

Eine Reihe Luxemburger Großunternehmen ist bereits seit einiger Zeit in Russland tätig, unter anderem der Maschinen- und Anlagenbauer Paul Wurth, der Glas­produzent Guardian Industries, das Bauunternehmen ­Astron Buildings und die Frachtfluggesellschaft Cargolux.

„Wenn man über die Zukunft von ­Investitionen spricht, muss man verstehen, dass Russland unter Berücksichtigung des Kurses der Natio­nalwährung vom Standpunkt eines europäischen Investors, der in ausländischen Währungen investiert, ­gegenwärtig von sehr großem Interesse ist“, bemerkt Oleg Prosorow. „Aber man darf natürlich die durch die geopolitische Situation bedingten momentanen Hürden nicht außer Acht lassen. Da die russische Wirtschaft heute ein Teil der globalen Wirtschaft ist, bin ich davon überzeugt, dass diese Hürden in naher Zukunft überwunden werden können“, gibt sich der Leiter der Belgisch-­Luxemburgischen Handelskammer in Russland optimistisch.

Russland und Luxemburg: Die Wirtschaft im Zeichen der Sanktionen

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