Petr Fradkow: „Russlands Export besteht zum Großteil aus Nicht-Rohstoffen“

Petr Fradkow.

Petr Fradkow.

Denis Vyshinsky/TASS
Kann Russland seine Abhängigkeit vom Ölexport reduzieren? Was wird unternommen, um Russlands Exporte zu diversifizieren? RBTH sprach darüber mit dem Generaldirektor des Russian Export Centers, Petr Fradkow.

RBTH: Herr Fradkow, inwieweit kann die Abhängigkeit der russischen Wirtschaft vom Export der Energieträger reduziert werden?

Petr Fradkow: Allgemein heißt es, Russlands Export bestehe überwiegend aus Rohstoffen. Dabei zeigt die Statistik ein ganz anderes Bild: Im vergangenen Jahr hatte der Export von Nicht-Rohstoffen einen Anteil an den Gesamtausfuhren von über 50 Prozent. Es trifft auch nicht zu, dass bestimmte Sektoren über Exportpotenzial verfügen, andere aber angeblich nicht. Objektiv betrachtet weist jedes Produkt Exportpotenzial auf, wenn es auf den Außenmärkten dafür eine Nachfrage gibt. In bestimmten Ländern gibt es einen Bedarf an Agrarprodukten, in anderen sind Maschinen oder Software aus Russland gefragt. Und die meisten Kunden des Russian Export Centers (REC) kommen eben aus diesen Branchen – Landwirtschaft, Maschinenbau und IT.

Das Russian Export Center ist vor knapp einem Jahr gegründet worden – mithilfe der staatlichen Entwicklungsbank VEB. Welche Absicht steckt dahinter?

Das Zentrum bündelt alle Instrumente der Exportförderung, die der Staat in den letzten zwei, drei Jahren geschaffen hat. Auch vor der Gründung des REC konnten Exporteure Unterstützung bekommen, mussten sich aber an mehrere Stellen wenden. Das Export Center bietet alle Leistungen aus einer Hand: Es führt Bedarfsanalysen durch, erstellt Roadmaps, recherchiert notwendige Informationen, sucht passende Absatzmärkte und potenzielle Partner aus. Viele erfolgreiche Volkswirtschaften haben vergleichbare Institutionen.

Welche Unternehmen kommen überwiegend zu Ihnen? Womit helfen Sie?

Uns liegen Anfragen von über 800 exportierenden Unternehmen vor. Inzwischen haben wir bei 75 Projekten maßgeschneiderte Förderpläne fest vereinbart. Die Zielregionen sind dabei Asien, Afrika, Südamerika und die GUS. Das Verfahren funktioniert so: Der Exporteur kommt zu uns, wir analysieren seine Möglichkeiten und bestimmen einen Kundenmanager für das Unternehmen. Dieser unterstützt die Firma dabei, wichtige Exportbereiche zu definieren und passende Förderinstrumente zusammenzustellen.

Welche Förderung brauchen russische Unternehmen größtenteils?

Die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) benötigen vorrangig nicht-finanzielle Unterstützung – zum Beispiel bei der Zertifizierung im Zielland. Großunternehmen hingegen haben meist Finanzierungsbedarf. Die Klein- und Mittelständler benötigen hauptsächlich Informationen über die Absatzmärkte und Unterstützung bei der Suche nach ausländischen Partnern, bei der Zertifizierung und Lokalisierung ihrer Produkte. Wir helfen Firmen etwa bei der Erstattung ihrer Ausgaben für die Registrierung geistigen Eigentums auf den Außenmärkten.

Aus welchen Branchen kommen die russischen Firmen, die ein Interesse am Zugang zu den Außenmärkten haben?

Die Struktur des russischen Nicht-Rohstoff-Exports wird allmählich komplexer, diversifizierter. Russland exportiert vor allem Technik und Maschinen, Agrarprodukte, mineralischen Dünger, Schmuck und Software. Das REC hat einige sehr interessante Kunden. Der Schienenfahrzeugbauer Metrovagonmash etwa modernisiert die U-Bahn-Züge der ungarischen Hauptstadt. Der Stahlproduzent Evraz liefert Metallerzeugnisse nach Bulgarien.

Welcher Stellenwert kommt dem Online-Handel beim Vertrieb russischer Produkte im Ausland zu?

Die Entwicklung des Online-Handels ist ein fester Bestandteil unserer Arbeit. Wir haben bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen: Im März dieses Jahres haben wir eine Vereinbarung mit der chinesischen Online-Plattform JD.com unterzeichnet. In diesem Portal entsteht eine Sektion des Russian Export Centers, wo russische Produkte angeboten werden. Künftig werden wir mit einer russischen Onlineplattform zusammenarbeiten.

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