Russische Technologie soll Bohrinseln vor Eisbergen schützen

Russische Technik soll Bohrinseln vor Treibeis schützen.

Russische Technik soll Bohrinseln vor Treibeis schützen.

Shutter Stock/Legion Media
Bei der Erschließung von Ölquellen und Gasvorkommen in der Arktis droht eine besondere Gefahr: Die Bohrplattformen könnten mit Treibeis kollidieren. Russische Forscher haben daher ein Warnsystem entwickelt, um die eisige Bedrohung rechtzeitig abzuwenden. Im nächsten Jahr soll es erprobt werden.

Unvorhersehbare Situationen gehören für Unternehmen, die Öl- und Gasvorkommen erschließen, zum Alltag. Das Risiko, dass dabei die Umgebung verunreinigt wird, auch. Die Folgen einer Ölkatastrophe zu beseitigen, stellt selbst in warmen Gewässern wie dem Golf von Mexiko eine große Herausforderung dar.  

In der Arktis droht den Öl- und Gasplattformen die größte Gefahr durch Treibeis. Tausende von Eisbrocken brechen jährlich von den Gletschern auf dem Franz-Josef-Land, den Spitzbergen oder der Insel Nowaja Semlja ab und treiben als Eistrümmer, Eisfelder und Eisberge im Ozean. Mehrere Millionen Tonnen können die schwimmenden Eisriesen auf die Waage bringen. Würde solch ein Koloss mit einer schwer manövrierbaren Öl- oder Gasplattform zusammenstoßen, würde er sie völlig zerstören.

Doch mithilfe modernster Technik, die eigens für arktische Bedingungen entwickelt wurde, kann die Bewegungsbahn der Eisblöcke vorausberechnet und gesteuert werden. Kanada verfügt bereits über solches Know-how. Eine Forschungsgruppe vom Sankt Petersburger Institut für Arktis- und Antarktisforschung arbeitet derzeit daran, diese Technologie auch in Russland zur Einsatzreife zu bringen.

Frühzeitig soll die sogenannte Eisschutzflotte alarmiert werden können, um das herumtreibende Eis unschädlich zu machen, bevor es zu einer Kollision kommt. „Eine solche Bedrohungslage tritt überwiegend auf Öl- und Gasfeldern in hohen Breiten auf, etwa in der Barents- oder Karasee“, sagt der Projektleiter und stellvertretende Direktor des Instituts Alexander Danilow. „Unsere Aufgabe besteht darin, die Schiffe der Eisschutzflotte, die auf dem Schelfmeer ihren Dienst verrichten, zu koordinieren und ans Ziel heranzuführen“, erklärt er.

Eisberge auf Distanz halten

Um die Schäden rechtzeitig abzuwenden, muss die Bewegungsbahn der Eisberge für mehrere Tage im Voraus berechnet werden. Zunächst spüren Satelliten, Drohnen oder Flugzeuge Eisbrocken auf. Danach wird mittels eines Algorithmus ihre Bahn berechnet. Außer den Parametern des Eisbergs werden dabei Veränderungen der Atmosphäre sowie die Wasser- und Eisdynamik berücksichtigt.

Sobald sich abzeichnet, dass das Eis sich einer Such- oder Förderplattform gefährlich nähert, erhalten Eisschutzschiffe das Signal, „die Situation zu entspannen“. Mit speziellen Netzen und Drahtseilen schleppen sie den Eindringling auf eine Distanz, aus welcher er den Arbeitsbereich der Bohrinsel nicht mehr erreichen kann.

Die Technologie soll als Komplettlösung aus Hard- und Software angeboten werden. „Eines unserer Hauptziele ist auch die Bedienerfreundlichkeit“, erklärt Danilow. „Die ganze Steuerung kann von einer Leitstelle in der Hauptstadt oder einem anderen Ort aus erfolgen.  Eine Anwesenheit in der Arktis ist nicht erforderlich. Informationen werden unverzüglich an den Ort des Geschehens übermittelt.“ Diese Technologie werde es Russland ermöglichen, Aufgaben in der Arktis völlig autark zu lösen, fügt Danilow hinzu.

Wertvolle Erfahrungen bei der Steuerung von Eisbergen konnten russische Wissenschaftler im Sommer vergangenen Jahres sammeln. Damals intervenierten sie in der Karasee, um die Suchbohrungen des russischen Ölproduzenten Rosneft vor Eis zu schützen. Dadurch wurde die Entdeckung des gigantischen Ölfelds „Pobeda“ (zu Deutsch: „der Sieg“) möglich.

Erstmalig veröffentlicht bei S&T RF (in russischer Sprache).

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